Na endlich Liebling
wieder
aufsteigen? Das Pony hat sich wohl jetzt beruhigt.«
»Ach, der arme Kerl! Der war
nicht schuld... Aber ich möchte doch lieber zu Fuß gehen. Führ du ihn am Zügel.
Das Laufen vertreibt die Steifheit aus den Gliedern.«
Justin ergriff Roberts Zügel.
Welche neuen gräßlichen Extravaganzen würden dem
Biest nun wieder einfallen?
Der Heimweg gestaltete sich
wenig angenehm. Robert schien entschlossen, sich als Buße für seine Missetat
möglichst dicht hinter Justin zu halten, so dicht, daß er ihm dauernd auf die
Fersen trat. Flick begann in der fälschlichen Überzeugung, jetzt sei alles
wieder gut, aufgeregt zu bellen. Dieses Gebell lockte den verhaßten Polly an; er erspähte seine Herrin von einer nahen Anhöhe aus, erhob sich unter
lautem Flügelschlagen in die Luft und landete vor Freude kreischend genau neben
ihnen. Vor Schreck vergaß sich Robert aufs neue und hätte ums Haar Justin den
Arm ausgerenkt.
Von diesem Augenblick an war an
Ruhe nicht mehr zu denken. Zwischen Flick und dem Gänserich entspann sich eine
wilde Jagd, wobei der arme Hund viel mehr rennen mußte als der Vogel. Und
alsbald fand sich von fern und nah die ganze lächerliche Tiergesellschaft
zusammen. So zogen sie nun dahin, Sally leicht hinkend inmitten ihrer Getreuen,
Justin mit dem unruhig tänzelnden Robert auf den Fersen, während Flick und der
Gänserich wie toll hin und her schossen.
Im ganzen ein überwältigendes Gegenstück zu einem dramatischen Nachmittag. Miß McLean
empfing sie gelassen. Sie bemerkte nur, daß Sallys Gesicht ein bißchen
schmutzig und daß ein warmes Bad das beste Mittel gegen Prellungen sei. Sie
holte Jod und ließ die Badewanne einlaufen. Als Sally gestand, bei einem
ungeschickten Sprung gestürzt zu sein, machte sie keine Andeutung, daß ein
weiterer Patient lästig wäre. Sie meinte nur, bei jungen Menschen vergehe
Schmerz erstaunlich schnell. Diese Frau besaß Takt und Ruhe, dachte Justin.
Sobald Sally im Badezimmer verschwunden war, verabschiedete er sich unter dem
Vorwand, daß jetzt für sie Ruhe das beste sei. Er hatte ein verzweifeltes
Bedürfnis nach Alleinsein. Er wollte mit seinem Hund über die stillen Felder
wandern, Percy in seiner sonntäglichen Tracht — Unterhemd und Arbeitsjacke — beim
Graben in dem kleinen Gemüsegarten zusehen. Vor allem wollte er nichts mehr von
dramatischen Verwicklungen und aufregenden Szenen wissen. Er wollte mit Percy
Tee trinken und dann einen einsamen Spaziergang am Flußufer machen.
Leider waren auch andere Leute
auf diesen Gedanken verfallen. Nach einer verdrießlich schweigsamen Teestunde,
bei der Percy ihn ab und zu unsicher musterte, brach er mit dem etwas
erschöpften Flick zum Fluß auf, um mit seinen Kümmernissen fertig zu werden und
die Zukunft zu überdenken. Es war ein ruhiger Abend, er ließ sich auf dem
niedrigen Ast einer Weide nieder und rauchte.
Er stellte sich Sally als Frau
eines aufstrebenden Juristen in der Großstadt vor, als Herrin eines Hauses, in
dem seine Freunde aus und ein gingen; sie redeten eine Sprache, die ihr nicht
geläufig war; Sally auf Cocktailpartys, in anspruchsvollen Konzerten, Sally am
Wochenende an der See im Sommerhaus seines Vaters, wieder mit anderen
Bekannten. Kein Reitpferd, kein Hund, nur der ihm ergebene Flick, nicht einmal
einen Gänserich als Trost in ihrer Einsamkeit — nein, ganz gewiß keinen
Gänserich. Nein, es hatte keinen Sinn. Er konnte sie nicht glücklich machen!
Gegen seinen Willen wanderten
seine Gedanken zu Elaine.
Elaine — eine charmante
Hausherrin, die sich über die neuesten Bücher und Filme zu unterhalten wußte,
die etwas von seiner Arbeit verstand und sich im Kreise geistreicher Menschen
wohl fühlte. Er hielt inne. Elaine, gestand er sich, schien sich allerdings
überall wohl zu fühlen.
Seine Gedanken verweilten bei
dem großen blonden, beherrschten Mädchen, das keine Szenen machte und nie aus
der Fassung geriet; bis vor kurzem war sie ihm als das Ideal einer Ehefrau
erschienen. Er hatte ihr unrecht getan.
Anfangs war sie wohl
schuld gewesen; sie hatte ihn auf diese blödsinnige Entdeckungsreise geschickt.
Aber sie hatte auf seinen gesunden Menschenverstand vertraut, auf seine Treue,
seine Lebenserfahrung. Sie hatte nicht geahnt, daß er, der so viele Mädchen
kannte und mit vielen geflirtet hatte, sich verlieben könnte in ein
entzückendes, süßes kleines Geschöpf, ein Landkind, das kaum seine Sprache
verstand, so wie er nichts von ihrem Leben und ihren Interessen
Weitere Kostenlose Bücher