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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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namens Schlachthofviertel. Dort laufen Studenten in Cordjacketts, Frauen mit Schleier und Betrunkene mit Fahne herum. Ich entdecke ein paar unprätentiöse Kneipen, verwitterte Altbauten und türkische Supermärkte. Das Schlachthofviertel erinnert mich ein wenig an die schöneren Ecken von Kreuzberg.
    Summend öffnet sich die Haustür, ich steige die Treppen hoch. Kurz vor dem dritten Stock erspähe ich durch die Geländerstreben ein Paar schwarze Chucks, bloße Knöchel, Beine in engen Blue Jeans, ein Ramones -T-Shirt, eine blonde Bobfrisur und schließlich ein Lächeln, das ich schon einmal gesehen habe. Ist das nicht die Schöne aus der Muffathalle? Sie streckt mir die Hand entgegen. Tatsache:
    «Ich bin Roni», sagt sie.
    «Hallo», entgegne ich und zähle eins und eins zusammen. «Bist du Veronika? Knoll schickt mich.»
    «Eigentlich nennen mich nur Hubert und meine Mutter so, meine Freunde sagen Roni zu mir.»
    Sie schaut mich von der Seite an und kneift die Augen zusammen: «Hey, sind wir uns nicht neulich in der Muffathalle begegnet?»
    Aus irgendeinem Grund werde ich rot.
    «Äh, ja – bis dein Freund auftauchte.»
    «Mein Ex freund. Wir sind schon lange getrennt. Entschuldige bitte. Der benimmt sich leider fast immer total daneben.»
    «Na ja, deshalb ist er wahrscheinlich auch dein Ex freund», plappert mein Mund drauflos. Sehr originell. Egal. Sie schaut mir in die Augen. Ich bin begeistert.
    «Komm rein», sagt sie und zeigt mir das Zimmer ihres Mitbewohners, in dem ich mein Gepäck ablade.
    «Hast du Hunger?»
    «Bitte keine Umstände», antworte ich.
    «Du redest ja lustig», meint Roni. Das hat mir noch niemand gesagt. «Jetzt machen wir dir erst mal ein Helles auf und bestellen Pizza. Du bist ja total verklemmt.» Auch das war ich bisher eher selten. Aber irgendwie macht mich ihre Gegenwart tatsächlich verlegen.
    Eine Dreiviertelstunde später habe ich meinen Pullover ausgezogen und sitze Roni im T-Shirt beim dritten Bier gegenüber. Sie lacht und scherzt und wirkt dabei gar nicht so bayerisch, wie ich es mir von Knolls Ziehtochter erwartet hätte. Sieht man einmal davon ab, dass sie Brauwesen-und Getränketechnologie an der Technischen Universität Weihenstephan studiert. Essen und trinken müsse schließlich jeder, habe Ziehvater Knoll gesagt, und außerdem würden die meisten bayerischen Braumeister gleich nach dem Studium ins Ausland weggekauft. Und tatsächlich: Roni hat in der bayerischen Lebensmitteltechnologie ihre Berufung gefunden.
    «Da bist du wahrscheinlich die einzige Frau an der ganzen Uni, oder?»
    «Nein, aber in vielen Seminaren schon. Das ist ja manchmal auch nicht schlecht.» Roni grinst.
    Ich lehne mich zurück. Mit ihrer zierlichen Figur wirkt sie nicht, als ob sie in der Lage wäre, mehr als zwei Maßkrüge auf einmal zu tragen. Aber ich habe das Gefühl, dass sie locker mehr als zwei Maßkrüge austrinken und anschließend den ganzen Biergarten unterhalten könnte.
    «Eigentlich möchte ich gar nicht mehr ins Ausland gehen», erzählt sie. «Im Moment schreibe ich meine Doktorarbeit bei einer kleinen Brauerei in der Nähe von Dumbling. Vielleicht bleibe ich auch einfach in München. Ist doch schön hier.»
    «Das sagt Knoll auch immer», stelle ich fest.
    Als ich Roni von meiner Kindheit in Tiefenwalde und meiner Jugend in Berlin berichte, hört sie mir mit einer an Stoizismus grenzenden Ausdauer zu, ohne mich zu unterbrechen. Sie hat die schöne, komische Angewohnheit, dabei ihre Schneidezähne über die Unterlippe zu schieben, sodass sie ein wenig aussieht wie ein Hase. Wenn ich meine Schilderungen ein kleines bisschen übertreibe, rutscht ihr manchmal ein «Ach, Schmarrn» heraus. Sonst spricht sie kaum Bairisch.
    «Warst du jemals in Berlin?», frage ich sie.
    «Ein Semester lang. An der Versuchs-und Lehranstalt für Brauereiwesen der Technischen Uni. Die Stadt hat mir überhaupt nicht gefallen.»
    «Warum? War sie dir zu groß?»
    «Nee, die Leute haben zu viel rumgelabert. Haben immerzu von irgendwelchen Projekten geredet: Filmprojekt, Theaterprojekt, Clubprojekt, Brauereiprojekt. Das ganze Leben in Berlin scheint mir ein Projekt zu sein; und zwar eines, das ständig verschoben wird.»
    «Dafür fehlt hier die Subkultur», wende ich trotzig ein.
    «So ein Schmarrn! Die Subkultur gibt’s hier genau wie da. Aber in Berlin weißt du doch manchmal vor lauter Subkultur gar nicht mehr, wohin. Wenn du hier in München mal einen Monat verschläfst, verpasst du vielleicht zwei

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