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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Idee. Deduktiv herangehen. Vom Bairischen zu den bayerischen Frauen im Allgemeinen und zu Roni im Besonderen. Warum nicht?
    Als Erstes eröffnet mir Knoll, dass ich niemals werde sprechen können wie ein gebürtiger Bayer. Da könne er machen, was er «wui». Er sei allerdings bereit, mir die wichtigsten Eigenheiten der bayerischen Sprache beizubringen, damit ich in Konfliktsituationen angemessen einheimisch reagieren könne. Ich bin ganz Ohr.
    Die Grundzüge des Bairischen seien, den Mund zu halten und zuzuhören. Oft genüge ein Schulterzucken oder Kopfnicken. Der Wunsch, sich immer und überall äußern zu wollen, sei ein altes preußisches Problem. Knoll kennt das von seiner Freundin.
    Meine erste Lektion nennt er das «Survival-Kit»: zwei Phrasen, auf die ich mich beschränken soll, wenn ich es nicht schaffe, «de Goschen» zu halten.
    1. Falls mir mal jemand versehentlich auf den Fuß treten, ein Bier über die Jacke schütten oder sich im Skilift vordrängeln sollte, wäre die beste Reaktion darauf: «Des passt scho.» Oder noch bairischer: «Basst scho.»
    2. Auf keinen Fall dürfe ich diese Worte anwenden, wenn jemand nur alkoholfreies Bier oder vegetarisches Essen im Haus hat, beim Schafkopfen betrügt oder anstelle des Münchener Merkur die Süddeutsche Zeitung liest. Beim letzten Beispiel schaut er mich eindringlich an, obwohl ich gar nichts gemacht habe. Wie auch immer. In solchen Situationen soll ich auf die universelle Redewendung Nummer zwei zurückgreifen: «Ja mei.»
    Das bedeutet in etwa: «Da kann man nichts machen.» Steigt Markus Söder in der CSU auf oder der TSV 1860 in die 3. Bundesliga ab: «Ja mei.» Steigt der Hendl-oder der Bierpreis auf dem Oktoberfest: «Ja mei.» Wird man durch einen plötzlich aufkommenden Blizzard in einem bayerischen Dorf von der Außenwelt abgeschnitten: «Ja mei.»
    «Am wichtigsten is des Gfui fia den rechten Moment.» Er hält inne und schaut mich an. «Host mi?»
    «Ja mei», sage ich und nicke. Aber weil mir das nicht genug erscheint, hebe ich zur Bekräftigung mein Bier und proste ihm zu. Dabei schiebe ich das Kinn und die Unterlippe vor, versuche möglichst bayerisch zu schauen und mich auch ein bisschen so zu fühlen. Knoll nickt.
    Für richtig brenzlige Situationen, etwa wenn es sich körperlicher Gewalt zu entziehen gelte, gibt er mir noch eine dritte Phrase mit auf den Weg: «I muaß bieseln.» Er grinst zufrieden.
    Zum Abschluss der Lektion erzählt er mir doch noch die Geschichte seiner Reise. Einmal habe er in Japan ein Bewässerungssystem für Reisfelder aufgebaut und sich bei der Gelegenheit ausführlicher mit dem Buddhismus beschäftigt. «Des is fei a guade Sach, Waschtl. Dea Buddha is a gmiatlicha Mo, dea wo ned vui laufen moag, mit am stattlichn Ranzen. Japan is ned so schlecht. Und Berg hams da aa.»
    «Und warum bist du dann zurückgekommen?»
    «S hoaßt, da Buddhismus zoagt Wege zu Glück und Harmonie. Da hob i mi highockt in so ana Meditation. Und i hob erkannt, dass die Voastufe zum Nirwana nur oans sei ko: Gemütlichkeit. Und die gibt’s do bei uns in Bayern.»
    «Verstehe.»
    Regina stellt zwei neue Biere auf den Tisch. Sie hat den Monolog mitangehört, schaut Knoll von oben herab an und zieht eine Augenbraue hoch: «A geh. Mir hast du erzählt, du bist wegen meinem Schweinsbraten zurückgekommen.»
    Knoll: «I muaß bieseln.»

HÄTT MA LIABA DEN POLT OGSCHAUT!
    E in paar Tage später drückt mir unsere Redaktionssekretärin zwei Pressekarten für die Münchener Staatsoper in die Hand: Mozarts Così fan tutte , inszeniert von einem jungen, wilden Berliner Regisseur. Die Sitzplätze liegen vorn im Parkett. Eine gute Gelegenheit, Roni wiederzusehen. Die drei Wochen sind zwar noch lange nicht um, aber: Passt scho. Ich rufe sie an.
    «Klingt super», findet sie (und ich erst). «Da können wir uns mal so richtig aufbrezeln.»
    «Müsste es nicht aufbrezen heißen?» Ich gebe mich pedantisch.
    Roni lacht: «Ah, so a Schmarrn!»
    Am großen Abend werfe ich mich in meinen einzigen Anzug – einen Flohmarktfund, der erstaunlich gut sitzt, aber leider etwas nach Mottenkugeln riecht. Um kurz vor sieben beziehe ich Posten im pompösen Säulenfoyer. Die Sommernacht ist angenehm lau, und immer mehr Menschen, die aussehen wie Prominente, Manager oder Geldadelige, defilieren an mir vorbei. Aus dem Augenwinkel sehe ich eine cremefarbene Vespa mit lautem Geknatter die Maximilianstraße heraufkurven und direkt vor der Oper halten. Der manipulierte

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