Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
gute Konzerte. Außerdem fehlt hier dieser Selbstzerstörungsstrudel. Die Schreiber fangen einfach mal an zu schreiben, die Sprüher werden Art-Direktoren, die DJs gründen Label, und wer sich noch nicht sicher ist, landet beim Marketing.»
«Na fabelhaft.»
«Wer sich unbedingt kaputtmachen will, kann das in München genau so gut wie in Berlin – schau dir meinen Ex an. Er wollte immer ein T-Shirt Label gründen, aber stattdessen hängt er bloß auf Partys herum. Sah der glücklich aus?»
«Nicht so richtig.»
«Nach unserer Trennung bin ich nach Berlin gezogen. Ge flohen trifft’s wahrscheinlich besser.» Sie stockt. «Die meisten Leute, die nach Berlin gehen, laufen vor irgendwas weg. Die Leute, die nach München ziehen, suchen etwas.»
«Einen Job.»
«Oder ein neues Leben.»
Später am Abend kommt unser Gespräch auf Knoll. Ich will ja nicht indiskret sein, aber warum lebt er eigentlich in Daglfing bei den Untermairs – und nicht in Dumbling bei seiner Regina?
«Das ist eine lange Geschichte.» Roni runzelt die Stirn.
«Ich würde sie gerne hören», sage ich.
Roni fängt an zu erzählen: «Damals war ich sieben und gerade in Dumbling eingeschult worden. Mein Schulweg führte über die Hauptstraße vor unserem Haus. Weil die Autos fast nie angehalten haben, hat Knoll eines Nachts einfach einen Zebrastreifen hingemalt.»
«Aber das muss doch jemandem aufgefallen sein.»
«Ist es auch. Irgendwann stand der Bürgermeister vor der Tür und hat Knoll aufgefordert, die Streifen zu entfernen.»
«Und?»
«Er hat so getan, als wisse er von nichts. Die Leute von der Stadt konnten ihm nichts nachweisen, also hat die Stadt das auf eigene Kosten weggemacht. In der nächsten Nacht hat Knoll ihn wieder neu gemalt. So ging es hin und her, und irgendwann hat der Vermieter, ein Spezl vom Bürgermeister, Knoll auf frischer Tat ertappt und ihm die Wohnung gekündigt.»
«Und dann ist Knoll nach Daglfing gezogen», ergänze ich. «Er hat kapituliert.»
«Nicht ganz. Denn seit seinem Wegzug treiben die Dumblinger Bauern ihre Kühe über die Hauptstraße durch das Dorf von einer Wiese zur andern. Zweimal täglich. Zehn Minuten vor Schulbeginn und nach Schulschluss.»
Ein Happy End wie aus dem Heimatfilm, denke ich. Irgendwie süß. Je mehr ich trinke, umso besser gefällt mir Roni. Gegen zwei Uhr morgens würde ich sie gern mal küssen. Aber irgendwie sendet sie trotz ihrer acht Biere keinerlei Signal, das darauf schließen ließe, dass sie mir bei einem Annäherungsversuch nicht sofort eine scheuern und mich aus der Wohnung werfen würde. Liegt das an ihrem Exfreund oder an meiner Berliner Herkunft?
Ich schlage ihr vor, sie morgen zum Frühstück einzuladen. Roni hört auf zu lachen. «Nein, tut mir leid, ich bin schon verabredet», sagt sie.
Nach diesem Vorstoß ist die Luft raus. Ich verabschiede mich, um ins Bett zu gehen. «Hoffentlich kannst du überhaupt schlafen», sagt sie.
«Keine Sorge, ich habe vorhin ein paar Bier getrunken.»
«Ich meine wegen dem Föhn.»
«Den höre ich gar nicht. Ich habe einen gesunden Schlaf.»
Da lächelt sie doch noch einmal ihr wundervolles breites Lächeln.
Am nächsten Morgen steht die Tür zu ihrem Zimmer sperrangelweit offen, und Roni ist verschwunden. Auf dem Küchentisch liegt ein Zettel:
Wenn Du in drei Wochen noch nicht wieder in Berlin bist, kannst Du mich ja mal anrufen. Roni.
LEKTIONEN IM LEIMSTÜBERL I: UND BERG HAMS DA AA
A m Abend sitze ich wieder mit Knoll im Leimstüberl. Am liebsten würde ich mit ihm über bayerische Frauen sprechen, und warum die so unnahbar sind. Am besten, ich beginne mit einigen unverfänglichen Fragen. Also: «Wohin ging denn deine erste Reise?»
«Nach Amerika, da …»
«Magst du mir davon erzählen?»
«Wennst mi ned oiwei unterbrichst. In Amerika, da …»
«Entschuldige, was heißt oiwei?»
«Ja, genau des moan i.»
«Kommt nicht wieder vor.»
«Zerscht amoi bin i per Autostopp durch die Staaten gfahren.»
«Kann man da gut trampen? Mich hat früher auf dem Dorf nie einer mitgenommen.»
«Naa, i hob mei Lederhosn oghabt, da ham die gwusst: Des is a Guada.»
«A Guada?», rutscht es mir versehentlich heraus.
«Herrgottsakra!» Oh, das hat ihn verärgert. «Sieghst, du hast as scho wieder gmacht.»
«Sixt?»
«Des geht so ned. Wie soi i dia wos verzäin, wennst mi ned vaschtehst. Da müsst i dia ja zerscht amoi boarisch erklean.»
Ich zucke mit den Achseln. Vielleicht ist das gar keine so schlechte
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