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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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mit einem Seitenblick auf Regina, die mit ihrem Sitznachbarn munter von links nach rechts schunkelt. Roni sieht mich betrübt an. «Warte einen Augenblick», sagt sie zu mir und steht auf.
    «Wennts ihr feiern woits, soitst aa do nei gehn», rät uns Knoll.
    «Was immer das heißt», lallt Jochen. Unsere Bierkrüge sind ohnehin fast leer.
    «Wo ist denn meine Tochter?», fragt Regina und packt schon mal ihren Fleischpflanzlteller zurück in die übergroße Handtasche. Kurz darauf kommt Roni wieder. Sie hat ein kleines Lebkuchenherz gekauft, etwa so groß wie ein Frühstücksteller. In dem rosa Zuckerguss-Herzrahmen steht in weißer Schrift «Spatzl». Darunter klebt ein kleiner Gummifrosch. Roni strahlt. «Ich dachte mir, das gefällt dir», sagt sie und hängt mir das Herz um. «Pass gut darauf auf!» Ich verspreche es.
    «Es wird Zeit», fordert Knoll, fast schon im Kasernenton. Die Obrigkeit steht geschlossen auf, um ihm zu folgen. Wir verabschieden uns von allen. Roni gibt mir zum ersten Mal einen Kuss auf den Mund. «Ruf einfach morgen an», flüstert sie und löst ihre Hand so langsam wie möglich aus meiner. Knoll verdreht die Augen. «Lass sie doch!», rüffelt Regina. Ein paar Meter weiter dreht sich Roni noch einmal um und schenkt mir zum Abschied ein Lächeln. Ich seufze.
    «So, mein Guter», resümiert Jochen. «Nun sind wir allein auf dem Oktoberfest, und es sieht verdammt danach aus, als würde das hier dein Junggesellenabschied.»
     
    Ein Kellner stellt etwa zehn Maßkrüge auf den Tisch. Ein Prosit der Gemütlichkeit. Ich ertappe mich dabei, wie ich im Takt zur Musik wippe. Mein neuer Sitznachbar versichert mir, es sei ihm egal, wo ich herkomme. Außerdem habe er vor einem halben Jahr ein Haus gekauft und sei seit zwei Wochen geschieden. Darauf stoßen wir an. Etwas später zieht er mich auf die Bank, und wir singen gemeinsam: «Ich fand sie irgendwo, allein in Mexiko – Aniiiita!» Als die Leute hinter uns auch auf die Bank klettern, drohe ich im Geschubse das Gleichgewicht zu verlieren und stelle einen Fuß auf den Tisch, um nicht umzukippen. Gegenüber tanzt Jochen. Seinen Arm hat er um die Schultern eines Kumpels des Geschiedenen geschlungen. Sie grölen: «Ich nehm dich mit nach Haus und zieh dich nackend aus – Aniiiita!» Beim wilden Tanzen auf der Bank schwappt sein Bier dem Nebenmann aufs Hemd. «Des is die Wiesn-Taufe!», jubelt der Begossene.
    Im Gang, ein paar Meter weiter, tanzen zwei «Hasen», also Frauen, im Dirndl miteinander. Sie halten sich an den Händen und drehen sich unter den Armen durch. Ich will ja gar nicht hinschauen, aber es scheint mir, als ob ich die eine von irgendwoher kenne. Der nächste Hit:
In München steht ein Hofbräuhaus
doch Freudenhäuser müssen raus,
damit in dieser schönen Stadt
das Laster keine Chance hat!
    Als ich von den Toiletten zurückkomme, hält Jochen eines der Mädchen im Arm. Das andere steht ihm gegenüber auf der Bank, neben dem geschiedenen Bayern. Dort ist noch Platz. Das Mädchen im Dirndl zieht mich herauf.
    «Hey Spatzl», sagt sie mit Blick auf das Lebkuchenherz, «schön, dich wiederzusehen.» Sie lächelt anzüglich. Jetzt erkenne ich sie wieder: Es ist Theresa Schlugt, die Pornosekretärin aus dem Flugzeug nach München.
    «Wie läufts bei Louis Wutten?», lalle ich. Doch es bleibt keine Zeit für tiefgründige Gespräche, wir müssen singen und tanzen: «Heyyy Baby!» Alle machen «Uh! Ah!». Und dann: «I wanna knowhowhowhow if you be my girl».
    Dieses Lied habe ich immer gehasst. Egal. Prost! Der Typ auf der anderen Seite greift ohne hinzuschauen an Theresa vorbei an meinen Hintern. Ich haue ihm auf die Flosse, er schaut Theresa irritiert an. Doch die grinst nur und legt seine Hand diesmal korrekt um ihre Taille.
    Ich ertappe mich bei dem Gefühl, dass ich meine Hand auch gern auf Theresas Hintern legen würde. «Heyyy Spatzl!», grölt Jochen. Er hält längst Theresas Freundin im Arm, ihre Hand steckt unter seinem T-Shirt. Das Lebkuchenherz baumelt ständig hin und her und stößt immer wieder beim Tanzen gegen meine Ellbogen. Bevor ich mich noch beim Anstoßen damit stranguliere, nehme ich es ab und hänge es an einen Metallwinkel unter den Biertisch. Die Band singt:
Marmor, Stein und Eisen bricht
aber unsere Liebe nicht
alles, alles geht vorbei
doch wir sind uns treu
    Theresa spitzt die Lippen und zwinkert mir zu. Ihr Dirndl hat einen beachtlichen Ausschnitt. Mittlerweile hat sie einen Arm um die Hüfte des Geschiedenen

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