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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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gelegt, den anderen Arm um meine Taille geschlungen. Zu dritt hüpfen wir auf der Bank. Gegen Ende von «Marmor, Stein und Eisen bricht» wird der Geschiedene plötzlich blass und setzt sich abrupt hin. Die Band ruft zum «Prosit der Gemütlichkeit», und wir recken unsere Krüge. Mit letzter Kraft führt der Geschiedene seinen Humpen an die Lippen – und übergibt sich.
    Theresa flüchtet sich an meine Brust, wie die Mädchen im Horrorfilm. «Ihhh», schreit sie und schiebt mich von der Bank. Ich springe herunter, sie hinterher. Nun hat die Bank ein Gleichgewichtsproblem, klappt an unserem Ende hoch und unter dem Geschiedenen nach unten. Der sackt auf den Boden. Jochen stellt ihn wieder auf die Beine. «Bringt ihn raus», ordnet er an. Ein Kumpel des Geschiedenen gehorcht sofort. Der Dritte in ihrem Bunde nimmt beim Weggehen den vollgekotzten Krug mit. Ordnung muss sein.
    Beim Hochklappen scheint die Bank eine beleibte Frau hinter uns touchiert zu haben, die nun anfängt, Theresa zu beschimpfen. Ich stelle mich schützend vor sie. Darauf hat ein älterer Rockertyp nur gewartet. Auf seiner Jeanskutte prangt ein Aufnäher mit dem Schriftzug «Heimatboy». Er schiebt die Dicke einfach zur Seite, schimpft auf mich ein und schubst mich vor die Brust. Theresa will mich wegziehen. Ein Blick zu Jochen, meinem Pitbull. Der stürmt auf den Typen zu, wird aber von Theresas Freundin zurückgehalten. Mit einem Mal kommen von überall Security-Leute, packen uns am Schlafittchen, und ehe wir und es versehen, stehen wir draußen vor dem Zelt an der frischen Luft. Jochen lacht. «So ist das mit der Münchener Schickeria: In einer Sekunde biste drin, in der nächsten wieder draußen.»
    Die Mädchen haken sich bei uns unter, und wir starten einen Rundgang über das Festgelände. Schon nach zwanzig Metern kommen wir an einem Schießstand vorbei. «Ihr müsst uns Rosen schießen», bittet Theresa und macht schöne Augen. Ich bezahle zehn Schuss für mich und zehn für Jochen. Wir treffen nichts. Noch einmal zehn Schuss, wieder daneben. Weil ich so wanke, versuche ich, Halt am Pfosten zu finden. Vergeblich. Plötzlich merke ich, dass mich zwei Arme von hinten umschlingen, und spüre ein Kinn auf der Schulter. «So geht es besser», haucht mir Theresa ins Ohr.
    Ich reiße mich zusammen, bringe endlich Kimme und Korn auf eine Linie. Am Ende der Linie verschwimmen die weißen Plastikröhrchen, in denen die Rosen stecken. Theresa drückt sich an mich. «Eine rote, bitte», haucht sie. Ich drücke ab. Es kracht, und eine rote Rose fällt umgeknickt zwischen die anderen. Theresa küsst sachte meinen Hals. Mit einem Mal fühle ich mich unbezwingbar, wie ein Sechzehnjähriger, der glaubt, ihm liege die Welt zu Füßen. Jochen grinst mich an. «Du strahlst ja wie früher!»
    Ich versuche gerade, mir darüber klar zu werden, ob er recht hat, da legt sich eine schwere Hand auf meine Schulter. Hinter mir steht Heimatboy aus dem Bierzelt. «Du!», ruft er mit von Zorn gerötetem Gesicht. «Wos feit dia ei, einfach so abzumhaun, du hosd di ned amoi entschuidigt, du Hosnscheissa.»
    «Schuljung, Heimatboy», lalle ich.
    «Jetz is zu spät, Bürscherl.»
    Es wird Zeit zu zeigen, was ich von Knoll gelernt habe: «Sagglzement!», rufe ich und stampfe mit dem Fuß auf. Der Mann schaut überrascht. «Du kommst hier in deiner Brennsuppe dahergeschwommen und willst dich mit mir anlegen?» Die Frau des Streithahns fängt an zu kichern. Der Typ wirkt verunsichert. «Pass bloß auf», lege ich wütend nach. «Sonst fällt noch der Watschenbaum auf dich drauf.» Die Frau winkt ab. Allmählich muss auch der Typ schmunzeln. Das bringt mich nur noch mehr in Fahrt.
    «Willst du vielleicht eine Fotze?», rufe ich wild gestikulierend und funkele ihn drohend an. Jetzt lacht der Streithahn aus vollem Hals. Mir wird bewusst, dass ich versehentlich mit dem Finger auf Theresa und ihre Freundin gedeutet habe. «Naa», winkt der Typ ab. «Die konnst bhoiten. Nix fia unguat.» Er dreht er sich zu seiner keuchend kichernden Frau um und zieht lachend von dannen. Siegreich wende ich mich zu den Meinen um.
    «Einen Schnaps!», fordert Jochen. Wir ziehen zur nächsten Bude.
    «Kennt ihr Tequila Bavaria ?», fragt Theresas Freundin.
    Wenig später bekommt jeder von uns einen Obstbrand, dazu eine Scheibe Schinkenspeck und ein Tütchen scharfen Senf. Theresas Freundin leckt sich den Senf von der Hand, stürzt den Obstler und beißt in den Schinkenspeck. Jochen funkelt sie lüstern

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