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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Moment, um die Augen wieder zu öffnen. Ich tue es trotzdem: Untermair glüht. «In meinem Haus dulde ich keine Perversionen, Sie Lump, Sie!», schreit er mit sich überschlagender Stimme.
    Am Rand meines eingeschränkten Blickfeldes zieht roter Nebel auf. In mir steigt eine kolossale Wut empor. Volltrunken, wie ich bin, lasse ich alles aus mir herausbrechen und raste aus, wie noch nie in meinem Leben. «Die Hausordnung können Sie sich in den Arsch schieben», schreie ich. «Und wenn Sie damit fertig sind, können Sie mich am Arsch lecken, Sie Spießersau!» Wie Rumpelstilzchen hüpfe ich auf und ab und schleudere Untermair einen Fluch nach dem anderen entgegen. «Blöder Lackaffe», rufe ich. «Verklemmter CSU-Arsch. Leck mich doch! Warum kann deine Katze auch nicht auf ihren vier Pfoten landen? Hah! Weil sie genauso fett und dekadent ist wie eure bayerische Scheißgesellschaft!»
    Untermair tritt ein paar Schritte zurück. «Bringen Sie den Mann zur Vernunft, Knoll, oder ich hole die Polizei», ruft er.
    Knoll geht einen Schritt auf mich zu: «Waschtl, jetzat mochst amoi halblang!»
    «Verdammt, ich heiße nicht Waschtl, ich bin nicht Waschtl und werde nie Waschtl sein!», rase ich.
    «Waschtl, du bist bsuffa. Reiß di amoi zamm!»
    «Ich will mich aber nicht mehr zusammenreißen!», bricht es aus mir heraus, «ich habe habe keine Lust mehr auf eure verlogene, bayerische Scheißmoral.» Ich drehe mich zu Herrn Untermair. «Oh, ich habe den Damenbesuch nicht angemeldet?», höhne ich. «Ja, sind wir hier noch im Mittelalter, Herr Unter-aller-Sau-Mair?»
    «Was ist denn los?» Das ist Ronis Stimme! Sie steht in der Haustür und schaut mich verständnislos an.
    «Ah, geh liaba nei, der is bsuffa!», ruft Knoll. Aber Roni kommt auf mich zu. Mein Zorn verpufft.
    «Aber … was machst du denn hier?», frage ich verdattert.
    «Ich wollte bei Knoll auf dich warten und dich überraschen.»
    Meine Beine geben nach, ich knicke auf dem Bordstein zusammen. Roni streichelt mir über den Kopf. Ihre Hand sucht meine. «Jetzt werd du erst mal wieder nüchtern.» Mein Magen krampft sich zusammen.
    In diesem Moment taucht Theresa im Türrahmen auf. Sie trägt meinen Pullover. «Hey Spatzl, kommst du bald mal wieder rauf?», säuselt sie.
    Roni schaut sie an. Ihr Gesicht versteinert. Knoll dreht sich weg. Roni zittert. Sie stößt meine Hand weg. «Ha … hast du wen kennengelernt?», fragt sie mit brüchiger Stimme.
    «Nein, die …», lüge ich.
    «Wo ist denn dein Herz?»
    «Was fürn Herz?»
    «Das Spatzl-Herz», sagt sie, und Tränen steigen ihr in die Augen. Ich fasse mir vor den Bauch, wo es mal gebaumelt hat. Aber da hängt nichts mehr.
    Eine Träne rinnt Roni über die Wange und kullert zum Kinn. Sie wendet sich ab und läuft zu Knoll, der sie in den Arm nimmt. Er wirft mir einen bitteren Blick zu; dann gehen die beiden zurück ins Haus.
    Ich schließe die Augen. Alles dreht sich.

OIS IS VAGÄNGLICH, NUA DA KUASCHWANZ DEA BLEIBT LÄNGLICH
    E s klopft. Irgendwann werde ich die Augen öffnen müssen. Dabei will ich gar nichts sehen. Erst recht nicht mich! Es macht schon keinen Spaß, mich zu riechen. Ich stinke nach Rauch wie ein Existenzialist. Wie war das noch? Die Erfahrung von Absurdität, Ekel, Angst, Tod und Langeweile bestimmt das Dasein? Hurra! Das Oktoberfest hat mir die Augen für den Existenzialismus geöffnet.
    Meine Haut fühlt sich gelb an, der Kopf wie ein Schwamm, voll gesogen mit Schmerzen. Wenn ich ihn drehe, wird mir schwindelig. Ich liege in meinem Bett, in den Klamotten von gestern. Es klopft erneut. Kurz darauf steht Jochen im Türrahmen.
    «Is echt nicht wahr, du lebst noch! Nach der Show, die du gestern abgezogen hast.»
    «Lass mich, ich will sterben.»
    Jochen schaut kopfschüttelnd auf mich herab. «Du kapierst das nie, Alter. Du musst das Leben in seiner ganzen Absurdität bejahen lernen. Das wusste schon Camus. Außerdem hast du bloß einen Kater.»
    «Nein, ich hatte einen Kater. Ludwig ist tot.»
    «Das war meine Schuld», gesteht Jochen jetzt etwas kleinlaut. «Das Mädchen und ich, wir haben rumgealbert, und sie hat sich ausgezogen wie eine Stripperin. Na ja, und da habe ich mir gedacht, ich zeige ihr meine Zirkusnummer, habe ein bisschen Gas aus dem Feuerzeug in den Mund genommen, angezündet und einen kleinen Feuerball rausgelassen. Die Kleine hat nur gekichert, aber das durchgedrehte Katzenvieh ist aus dem Fenster gesprungen.»
    «Ludwig litt unter einem Feuertrauma.» Ich könnte

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