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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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heulen.
    «Was ist denn mit deinem Arm?», will Jochen wissen.
    Nun muss ich mich doch anschauen. Da ziehen sich eigenartige blaue Adern über meinen Unterarm, die vorher noch nicht da waren. Ich schaue genauer hin. Die Linien verbinden sich zu – ich hoffe, es ist eine Rakete. Jemand muss gestern Abend mit einem Kugelschreiber auf mir herumgekritzelt haben.
    Nun strömen die Erinnerungen in allen Einzelheiten auf mich ein. O nein, Theresa. Ich Trottel! Was habe ich getan? Unter die «Rakete» hat sie ihren Namen geritzt. Mit Kuli. Hoffentlich geht das wieder weg. Hoffentlich geht das alles wieder weg.
    Ich habe keine Ahnung, wie ich ins Bett gekommen bin. «Was ist denn gestern noch so passiert?», frage ich.
    «Bis wohin erinnerst du dich?», fragt Jochen.
    «Roni hat geweint.»
    «Danach kam nicht mehr viel. Du bist einfach so hintenübergefallen. Ich habe dich hochgeschleppt, aber du hast nur noch vor dich hin deliriert. Die Mädchen sind irgendwann abgehauen. Die eine meinte noch, du sollst sie anrufen, und hat mir eine Visitenkarte in die Hand gedrückt. Was für ein Prollweib!»
    Nach zwei Aspirin, einer Magnesiumtablette und einer ausgiebigen Dusche fühle ich mich kein bisschen besser.
    «Meinst du, ich bekomme hier irgendwo einen Bismarckhering?», fragt Jochen. «Mein Magen blubbert.»
    Leise pirschen wir uns an Knolls Tür vorbei. Dahinter ist es mucksmäuschenstill. Wahrscheinlich ist er im Leimstüberl zum Frühschoppen. Da traue ich mich heute auf keinen Fall hinein. Deshalb fahren wir in die Stadt. Jochen kauft sich eine Leberkäs-Semmel, mir ist nicht nach Essen zumute.
    «Hauptsache, du kommst klar», nuschelt mein Freund mit vollem Mund. Langsam schlendern wir an der Isar entlang. Die Blätter an den Bäumen werden schon gelb, die Sonne strahlt nur noch verhalten. Es weht ein schwacher Wind. Immer noch schweigend, trotten wir vorbei an einem verwelkten Rosengarten. Dort sitzen Senioren auf Bänken – und ein junges Pärchen, das hingebungsvoll knutscht, als wäre es allein auf der Welt.
    «Ich weiß, du magst das jetzt nicht hören», beginnt Jochen, «aber eigentlich ist es hier echt ganz schön. Vielleicht ziehe ich irgendwann auch mal nach München, wenn ich groß bin.»
    Mit meinen Gedanken bin ich ganz woanders. Beim gestrigen Abend. Ich habe es versaut. Ich habe einfach alles vermasselt. Wie konnte ich nur so viel saufen? Und zu Bumsmusik auf der Bierbank tanzen? Und mit der Pornosekretärin rumknutschen? Und vor allem: Ronis Herz im Bierzelt vergessen? Ich Vollidiot! Wie soll Roni mir das jemals verzeihen?
    «Was soll ich jetzt bloß machen?», frage ich Jochen.
    «Du musst sie anrufen und dich entschuldigen», rät er mir. Ich setze mich auf eine Bank und wähle ihre Handynummer. Die Mailbox geht ran. Ich lege auf.
    Nach zwei Stunden Fußmarsch an der frischen Luft erholt sich mein Körper allmählich. Aber mein schlechtes Gewissen frisst mich auf. Zurück in Daglfing, finde ich einen Brief auf meiner Fußmatte. Ich überfliege ihn. Kündigungsgrund: Hausfriedensbruch. Auszug: zum Monatsende. Unterzeichnet: Untermair. Das war es also.
    Am nächsten Tag bringe ich Jochen zur S-Bahn. Mein Arbeitsvertrag läuft noch über ein halbes Jahr. Ich werde mir eine neue Wohnung suchen müssen. Und ein neues Leben.
    Auf dem Rückweg wage ich mich ins Leimstüberl. Knoll sitzt nun wieder an der Theke. Ich nehme an unserem alten Stammtisch Platz, bestelle Schweinebraten, die Portion ist winzig. Schließlich halte ich es nicht mehr aus und gehe zu meinem Nachbarn hinüber.
    «Knoll, es tut mir so leid, was ich gesagt habe, ich war so betrunken. Du weißt, dass ich dich unheimlich gern habe und dir dankbar bin für alles.»
    Knoll schaut mich nicht mal an. «I hob denkt, du warsta Guada! Schau, dassd fortkimmst.» Er hat ja recht.
     
    In der kommenden Woche rufe ich jeden Tag bei Roni an, aber sie ist nicht mehr zu erreichen. Nach der zweiten bangen Woche halte ich es nicht länger aus. Ich fahre abends zu ihrer Wohnung.
    Ein stämmiger Typ in Unterhosen öffnet mir die Tür. Hoffentlich ihr Mitbewohner. Ich habe ihn noch nie gesehen. «Was willst du?», fragt er grimmig. Er ist so groß wie ich, aber deutlich breiter. Und behaarter.
    «Ich muss Roni dringend sprechen», sage ich.
    «Die kann grad nicht.» Er mustert mich von oben bis unten. An seinem breiten Kreuz vorbei schiele ich in die Wohnung. Die Tür zu Ronis Zimmer steht offen.
    «RONI!», rufe ich laut. Der Typ schüttelt den Kopf und will die

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