Nach all den Jahrmilliarden
Fundort haben die Archäologen ganz typische Artefakte der Erhabenen freigelegt – komplizierte, seltsame Objekte, die für gewöhnlich gut erhalten sind, deren Zweck aber ein völliges Rätsel darstellt. Die Kunstfertigkeit ist hervorragend. Im allgemeinen verwendeten sie goldfarbene Kunststoffe mit metallartigen Eigenschaften als Ausgangsmaterialien, und manche der Artefakte sehen aus, als seien sie gerade hergestellt worden.
Das sind sie nicht. Sie kommen aus einer Vergangenheit zu uns, die eine Milliarde Jahre zurückliegt.
Wir verfügen über recht zuverlässige Methoden zur Datierung alter Fundstellen, und wir wissen, daß die Erhabenen vor etwa einer Milliarde Jahren auf dem Mars lebten, mit einer möglichen Fehlerquote von zehn Millionen Jahren oder einem Prozent. Die Datierungen der anderen Fundorte liegen an verschiedenen Punkten zwischen 1100000000 und 850000000 Jahren. Eine Tatsache, aus der sich für uns zwei wichtige Schlußfolgerungen ergeben:
1. Die Erhabenen haben bereits zu einer Zeit eine galaktische Zivilisation entwickelt, als die Erde noch keine komplexeren Lebensformen als Krabben und Schnecken hervorgebracht hatte.
2. Über eine Zeitspanne von einer Viertelmilliarde Jahre hinweg wies die Kultur der Erhabenen keine bedeutenden Veränderungen auf. Das deutet auf eine starre, konservative und völlig ausgereifte Zivilisation hin, die eine Zeitspanne überdauerte, bei deren Vorstellung allein mir schwindelig wird. Wir betrachten die alten Ägypter als eine stabile Gemeinschaft, weil sich ihre Kultur über dreitausend Jahre hinweg im großen und ganzen nicht veränderte. Ha! Was sind dreitausend Jahre gegenüber 250 Millionen?
Die Erhabenen haben uns einen ganzen Schwung Rätsel hinterlassen. Wie etwa die Frage nach ihrem Ursprung. Jenseits der Hundert-Lichtjahre-Grenze haben wir bisher keine Außenposten der Erhabenen entdeckt. Allerdings haben wir jenseits dieses Radius auch keine gründlichen Untersuchungen durchgeführt, auch wenn sich einige von unseren Raumschiffen sogar achthundert Lichtjahre von der Erde entfernt befinden. Aber das völlige Fehlen von Spuren der Erhabenen auf allen bisher untersuchten weiter entfernten Welten ist seltsam.
Eine Theorie behauptet, die Erhabenen seien in unserer Galaxis beheimatet gewesen und hätten sich auf einem Planeten innerhalb der Hundert-Lichtjahre-Zone entwickelt. Der Umstand, daß wir bisher auf nichts gestoßen sind, das als eine Art Großstadt der Erhabenen interpretiert werden kann, ist unbedeutend: Früher oder später werden wir den Planeten finden, von dem all ihre Forschungsgruppen gestartet sind. Dr. Horkkk ist der führende Vertreter dieser Theorie. In unserer Gruppe wird er von Leroy Chang unterstützt.
Die andere Vorstellung geht davon aus, daß die Erhabenen von irgendeinem weit entfernten Ort kamen – möglicherweise aus einer Entfernung von hunderttausend Lichtjahren, vom anderen Ende der Galaxis – und die meisten dazwischen liegenden Sterne einfach übersprangen, um unseren kleinen Winkel des Universums gründlich und in aller Ruhe zu erforschen. Vielleicht sind sie sogar von extragalaktischer Herkunft und stammen, sagen wir, von den Magellanschen Wolken, zweihunderttausend Lichtjahre entfernt. Vielleicht kamen sie von dort aus zu uns und verbrachten einige hundert Millionen Jahre mit der Erforschung unserer Galaxis. Dr. Schein ist von der Theorie der extragalaktischen Herkunft überzeugt. Ebenso Saul Shahmoon.
Dr. Schein und Dr. Horkkk kreuzen natürlich niemals in aller Öffentlichkeit die Klingen über ihre Meinungsverschiedenheiten. Das schickt sich einfach nicht. Wenn zwei hochangesehene Wissenschaftler nicht übereinstimmen, dann kommt das in den Seiten der wissenschaftlichen Fachjournale zum Ausdruck, mit Girlanden von Fußnoten und einer sorgfältig abgewogenen antiseptischen Prosa, die auf einen Nenner gebracht und erheblich gekürzt lautet: „Mein geehrter Opponent in dieser Diskussion ist ein blöder Ignorant.“ Wenn der Zufall es will, daß sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, erst recht aber, wenn sie sich beim gleichen Expeditionsunternehmen treffen, dann bleiben sie ganz höflich und erwähnen die Streitfrage nicht einmal – auch wenn sie hinter ihrer Stirn immer wieder den gleichen Gedanken haben: „Mein geschätzter Kollege hier ist ein blöder Ignorant.“
Wir anderen werden nicht mit einbezogen in den verschlüsselten Schlagabtausch, der während des Höhepunkts eines Krieges der
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