Nach all den Jahrmilliarden
versiegelten Behälter und somit abgeschnitten von allen Kontakten zum Rest des Universums. Man kann nicht einmal über das Wetter reden. Sobald man über seine Reaktionen auf die während des Eintritts in den Ultraraum erfolgende Innen-Umstülpung gesprochen hat, ist man am Ende.
Um der mentalen Vorstellung, kaltblütiger Star einer aufregenden Tridem-Show zu sein (Tom Rice, intergalaktischer Geheimagent), Genüge zu tun, mußte ich in der Lage sein, irgend etwas zu sagen. Und so plapperte mein Mund weiter, während mein Gehirn aussetzte. Was ist das eine Thema, das man mit dem Angehörigen einer Minderheit nicht diskutieren sollte? Nun, dies natürlich: Wie es ist, zu einer Minderheit zu gehören. Man sollte nicht riskieren, jemandem auf die Füße zu treten, Salz auf frische Wunden zu streuen oder seine Neugier auf etwas zu konzentrieren, über das die der Minderheit angehörende Person ganz unglücklich ist, et cetera. Ganz klar.
Erschrocken und bestürzt vernahm ich, wie mein Mund zu Kelly Wachmann sagte: „Weißt du, ich hatte eigentlich nie sonderlich intensiven gesellschaftlichen Kontakt zu Androiden.“
Sie war taktvoll. „Es gibt nicht viele von uns.“
„Nein. Das ist es nicht. Ihr wart in meinen Augen immer so anders, daß ich mich euch gegenüber unsicher fühlte. Ich meine Androiden im allgemeinen, nicht dich im besonderen. Es fällt mir so schwer, mir vorzustellen, wie es sein muß, ein Androide zu sein. Praktisch in jeder Hinsicht ein Mensch zu sein und doch kein …“
Meine Stimme verklang einfältig.
„Kein richtiger Mensch zu sein?“ vervollständigte Kelly für mich.
Ich war entsetzt. „Etwas in der Richtung, ja.“
„Aber ich bin ein Mensch, Tom“, sagte sie sanft. „Zumindest in jeder juristischen Hinsicht. Das ist durch alle Rechtsinstanzen gegangen und entschieden. Ob man im Mutterleib oder im Bottich gezeugt wurde, man ist ein vollwertiger Mensch, wenn man das menschliche Chromosomenmuster besitzt, und kein Mensch, wenn man es nicht hat. Ich habe es, und deshalb bin ich es.“ Sie klang nicht aggressiv oder so, als wolle sie zu einer verbalen Attacke ansetzen. Sie stellte nur Tatsachen fest. Kelly kann niemals wirklich erregt sein, ganz gleich, wie ihre Chromosomen beschaffen sind.
„Trotzdem“, sagte ich. „Viele Leute – ich brauche das dir nicht extra zu erklären – haben diese Angewohnheit, Androiden für … nun, für nicht ganz echt zu halten.“
„Vielleicht ist das einfach nur Neid“, antwortete Kelly gelassen. „Die Tatsache, daß wir nicht altern, daß unsere Lebenserwartung dreimal so groß ist wie die natürlich gezeugter Menschen, muß eine gewisse Ablehnung hervorrufen. Ich zum Beispiel kam im Jahre 2289 aus dem Bottich, wußtest du das?“
Fast neunzig. Wie ich vermutete.
„Zum Teil deswegen“, gab ich zu. „Aber es gibt noch andere Gründe. Es ist so, daß wir euch erschaffen haben. Dadurch nehmt ihr – das ist nicht meine Ansicht, mußt du wissen, aber ich kenne eine Menge Leute, die so denken –, dadurch nehmt ihr in der Rangordnung aller Dinge irgendwie einen Platz unter uns ein.“
„Wenn ein Mann und eine Frau ein Kind zeugen, betrachten sie es dann als etwas, das ihnen gegenüber geringerwertig ist?“
„Manchmal ja“, sagte ich. „Aber das spielt hier keine Rolle. Ein Kind auf natürliche Weise zu zeugen ist eine Sache. Leben in einem Laboratoriumsbottich zu schaffen eine andere. Es ist fast gottgleich.“
„Und so“, meinte Kelly, „zeigt ihr gottgleichen Wesen euer gottgleiches Wesen, indem ihr euch den künstlichen Menschen, die ihr erschafft, überlegen fühlt. Obwohl euch Androiden überleben und euch in vielerlei Hinsicht übertreffen.“
„Wir fühlen uns euch gegenüber gleichzeitig über- und unterlegen, Kelly. Und das ist der Grund, warum so viele von uns euch nicht mögen und euch mißtrauen.“
Sie dachte darüber nach. „Wie kompliziert ihr natürlich Gezeugten doch sein könnt! Warum müßt ihr euch so viele Gedanken über Unter- oder Überlegenheit machen? Warum akzeptiert ihr nicht einfach alle Besonderheiten und konzentriert euch auf wirklich wichtige Dinge?“
„Weil es in der Natur des Menschen liegt“, sagte ich, „das eigene Licht dadurch über den Scheffel zu stellen, indem man jemand anders heruntermacht. Früher waren die Juden oder Neger oder Chinesen oder Katholiken oder Protestanten die Opfer oder irgend jemand anders, der sich zufälligerweise von den anderen Leuten in seiner Umgebung
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