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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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vollkommen selbstsicher, schraubt nur noch selten seine Glieder ab und glaubt offenbar, wir seien vom Schicksal Auserwählte. Nun, das wird sich noch herausstellen.
    Bisher bestand meine hauptsächliche soziale Leistung auf dieser Reise darin, Jan wieder zu ihrer Fixierung auf Saul zu verhelfen.
    Ich weiß nicht genau, wie ich das zustande gebracht habe. Ich hatte geglaubt, Jan und ich sendeten und empfingen auf der gleichen Wellenlänge.
    Ich will damit nicht sagen, daß sich irgend etwas sehr Leidenschaftliches zwischen uns abgespielt hätte oder daß wir sogar kurz davor standen, den Status einer zeitlich begrenzten Ehe zu beantragen oder etwas ähnlich Absurdes. Unsere Beziehungen sind erstaunlich keusch gewesen. Wir haben uns ein bißchen eingehender mit den Aspekten körperlicher Annäherung befaßt, ja, aber es ist nichts zwischen uns geschehen, was man uns selbst in einer völlig puritanischen Ära hätte ankreiden können. Vielleicht war es dumm und einfältig von mir, mich so zurückhaltend verhalten zu haben. Wir sind erwachsen. Gerade was diesen Punkt betrifft.
    Trotz aller Keuschheit schienen Jan und ich eine Art Team gebildet zu haben, und ich glaube kaum, daß irgend jemand etwas dagegen einzuwenden hatte – Leroy Chang ausgenommen. Als jüngsten und attraktivsten Vertreter der Erde in dieser Expedition wurde Jan und mir von den anderen eine Art von väterlicher Billigung zuteil. Sie strahlten uns reichlich an, jedoch komme mir dabei immer herabgesetzt vor.
    In der letzten Zeit strahlen sie uns nicht mehr an, denn Jan verbringt ihre Zeit wieder mit Saul. Wenn ich sie sehe, gefriert mein Innerstes, direkt bis zum absoluten Nullpunkt herunter.
    Ich weiß nicht, was ich gemacht oder gesagt oder nicht gemacht und nicht gesagt habe, auf daß sie mir gegenüber so abgekühlt ist. Vielleicht fing ich an, sie zu langweilen. Manchmal kann ich schrecklich unschuldig und blauäugig sein – mein schlimmster Fehler, da stimmst du mir sicher zu.
    Vielleicht hat sie plötzlich ein gewaltiges Interesse an der Philatelie entwickelt.
    Vielleicht hat sie überhaupt nie ein Auge auf mich gehabt, sondern mich nur benutzt, um Saul ein bißchen eifersüchtig zu machen.
    Wer weiß das schon? Ich nicht. Ich habe keine blasse Ahnung.
    Das geht nun schon zehn oder zwölf Tage so. Ich will nicht um den heißen Brei herumreden: Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. Ich habe absolut kein Recht dazu, Jan gegenüber irgendwelche Besitzansprüche zu stellen – wenn man bedenkt, daß alles, was sich zwischen uns abgespielt hat, nur eine Art romantisiertes Händchenhalten war. Mehr oder weniger jedenfalls. Aber es gefällt mir ganz und gar nicht, wenn ich sie für zwei oder drei Stunden in Sauls Kabine verschwinden sehe. Und daß die Tür auch noch verriegelt ist.
    Eine Vorstellung allein kann manchmal eine schreckliche Belastung sein.
     
    Ein angenehmer Nebeneffekt dieses Aspekts der bisherigen Reise besteht darin, daß ich eine Chance erhielt, Kelly Wachmann besser kennenzulernen. Wie du weißt, machen mich Androiden nicht sonderlich an, und bis vor ein paar Wochen habe ich kaum mit ihr gesprochen. Abgesehen von Fachsimpeleien während der Ausgrabung und Dingen wie „Scheußliches Wetter heute, nicht wahr?“ und „Reich mir doch bitte mal das Salz“ und „Kannst du mir sagen, wie spät es ist?“.
    Ich glaube sogar, ich habe niemals zuvor mit einem Androiden wirklich gesprochen. Ich kannte einige, die mit mir zusammen das College besuchten, aber sie hingen dauernd zusammen und machten sich nicht die Mühe, sich um die Gesellschaft von richtigen Menschen aus Fleisch und Blut zu bewerben. Und ich meinerseits habe nie versucht, mich ihnen aufzudrängen. Vater hat natürlich einige Androiden, die für ihn in ziemlich hochrangigen Stellungen arbeiten, aber auch in diesem Fall ist es mir nie in den Sinn gekommen, Freundschaft mit ihnen zu schließen. Ich bin den Angehörigen von Minderheiten immer ausgewichen oder habe mich ihnen gegenüber sehr zurückhaltend verhalten; es ist das allgemein verbreitete Schuldbewußtsein der hochprivilegierten Klassen, das mich immer zögern ließ.
    Ich sprach mit Kelly zum erstenmal an jenem Abend, bevor Jan und ich uns auseinanderzuleben begannen. Ich war an diesem Abend deshalb nicht mit Jan zusammen, weil sie über Kopfschmerzen und Unwohlsein geklagt hatte und fortgegangen war, um die Nichtskammer des Schiffes aufzusuchen – in der Hoffnung, daß ihr einige Stunden Ausschaltung aller

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