Nach all den Jahrmilliarden
begehrenswerter, als wenn sie nur eine gewöhnliche Schwedin wäre. Ein wenig Exotik hat mich schon immer fasziniert.
Brolagonianer sind humanoide Aliens, wie du weißt. Sie haben eine glänzende, graue Haut und mehr Zehen und Zähne als wir. Sie sind eine von rund sechs oder sieben Fremdrassen in der Galaxis, die sich aufgrund einer fast genau parallel verlaufenden Evolution erfolgreich mit dem Homo sapiens kreuzen können. Um eine erfolgreiche Vereinigung möglich zu machen, sind zahlreiche DNA-Manipulationen und andere Gentechniken erforderlich, aber es kann bewerkstelligt werden, und es ist bewerkstelligt worden, trotz der Agitation der Liga für Rassenreinheit und anderer reaktionärer Gruppen.
Jan entstammt einer langen Ahnenreihe von Diplomaten. Ihr Großvater war vor sechzig Jahren unser Botschafter auf Brolagon, und er verliebte sich dort in ein einheimisches Mädchen. Sie heirateten und hatten vier Kinder, und eins von ihnen war Jans Vater. Der seinerseits eine Schwedin ehelichte. Doch die brolagonianischen Gene sind nun für immer in der Familie.
Jan zeigte mir einige Merkmale ihres gemischten Blutes. Ich muß schamhaft eingestehen, daß sie mir vorher überhaupt nicht aufgefallen sind.
„Ich habe dunkle Augen“, sagte sie. „Statt blaue, die den blonden Haaren entsprächen. So außergewöhnlich ist das aber eigentlich nicht. Dies hingegen schon.“ Sie öffnete ihre Sandalen. Sie hatte sechs Zehen an jedem Fuß. Reizende Zehen noch dazu. Aber sechs. „Außerdem habe ich vierzig Zähne“, fuhr sie fort. „Du kannst sie zählen, wenn du mir nicht glaubst.“
„Ich glaube dir auch so“, sagte ich, als sie mir ein dentales Gähnen zeigte.
„Meine inneren Organe sind ebenfalls ein wenig verschieden. Ich habe keinen Dickdarm. Das kannst du mir ebenfalls glauben. Der brolagonianische Verdauungsvorgang unterscheidet sich von deinem. Ich besitze auch das brolagonianische Muttermal; es ist genetisch dominant und tritt bei allen Brolagonianern auf, auch bei Mischlingen. Es ist ein recht hübsches Muttermal, eine Art geometrisches Muster in einem ungewöhnlichen Farbton, und wenn ich jemals auf einem von Brolagonianern beherrschten Planeten in Schwierigkeiten geraten sollte, dann brauche ich nur dieses Muttermal zu zeigen – es ist ebenso gut wie ein brolagonianischer Paß.“
„Kann ich es sehen?“ fragte ich.
„Sei kein Lüstling. Es befindet sich an einer peinlichen Stelle.“
„Ich bin nur aus rein wissenschaftlicher Neugier interessiert. Außerdem gibt es keine peinlichen Stellen, nur peinliche Leute. Ich wußte nicht, daß du so prüde bist.“
„Bin ich auch nicht“, sagte Jan. „Aber ein Mädchen muß ein bißchen sittsam sein.“
„Warum?“
„Gemeiner Kerl!“ sagte sie, aber es klang nicht sehr ärgerlich.
Also konnte ich ihr Muttermal nicht sehen.
Aber es macht mich froh zu wissen, daß sie eins hat. Vielleicht hältst du mich für extravagant, aber ich bin sehr angetan von der Neuigkeit, daß Jan nicht ganz menschlich ist. Es erscheint mir so langweilig, sich nur auf die Mädchen der eigenen Spezies zu beschränken.
Natürlich ist sie noch immer schrecklich in Saul Shahmoon verliebt. Zumindest behauptet sie das. Ich bin mir nicht sicher, ob sie es ernst meint. Ich küßte sie, nur als wissenschaftliches Experiment. Um herauszufinden, ob ein Mädchen, das zu einem Viertel Brolagonianerin ist, auf exotische Weise küßt.
Ich habe überhaupt nichts Brolagonianisches an ihrer Art zu küssen entdeckt. Und in Anbetracht der Tatsache, daß sie nach wie vor an ihrer unerwiderten Liebe zu Saul leidet, war sie sogar mit erstaunlichem Enthusiasmus bei der Sache.
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