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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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un­ter­schied­lich weit vom Netz dar­über ent­fernt. Die­se Schweb­häu­ser wa­ren größ­ten­teils trä­nen­för­mig, aber es gab auch sphä­ri­sche und ku­bi­sche und acht­e­cki­ge. Klei­ne­re Ka­bel stell­ten die Ver­kehrs­ver­bin­dun­gen zwi­schen den her­ab­hän­gen­den Ge­bäu­den dar. Die Luft war vol­ler Er­ha­be­ner, die hin­auf- oder hin­un­ter­g­lit­ten oder ho­ri­zon­tal da­hin­schweb­ten, und sie hiel­ten sich da­bei an Ka­beln fest, die sich von ganz al­lein zu be­we­gen schie­nen. Gold­grü­nes Son­nen­licht si­cker­te durch die obers­ten Schich­ten des Net­zes, und es er­weck­te den Ein­druck, als be­fän­de sich al­les un­ter­halb des Mee­res­s­pie­gels. Wäh­rend ich zu­sah, brach die Nacht an, und plötz­lich glänz­te das Licht Tau­sen­der Ster­ne her­un­ter. Jetzt be­gan­nen sich die Ge­bäu­de selbst zu be­we­gen: An ih­ren Ka­beln glit­ten sie in die Hö­he oder Tie­fe, wäh­rend Er­ha­ben­ein großer Zahl von ei­nem zum an­de­ren wech­sel­ten. Ich ha­be fremd­ar­ti­ge Bil­der ge­se­hen, Lo­rie, aber nichts so Fremd­ar­ti­ges wie dies hier. Je­ne großen und an­mu­ti­gen Ge­schöp­fe (ir­gend­wie stel­le ich sie mir viel grö­ßer als Men­schen vor), je­ne her­ab­hän­gen­den Häu­ser, das ge­spens­ti­sche Ta­ges­licht und der über­wäl­ti­gen­de Glanz der Ster­ne … all das ver­misch­te sich zu et­was voll­kom­men Fremd­ar­ti­gem.
    Der Auf­nah­me­win­kel för­der­te die­sen Ein­druck noch. Ich hät­te an­ge­nom­men, daß in den rund vier Jahr­hun­der­ten, seit Edi­son sei­ne ers­te Film­ka­me­ra mon­tier­te, al­le Ar­ten, ei­ne be­stimm­te Sze­ne zu fil­men, aus­pro­biert wor­den sind. Aber wer auch im­mer die­sen ei­ne Mil­li­ar­de Jah­re al­ten Schnapp­schuß auf­ge­nom­men hat, er hat die Din­ge auch nicht an­nä­hernd auf die Wei­se be­trach­tet wie ein mo­der­ner Ka­me­ra­mann von heu­te. Und des­halb hat­ten wir es mit sich stän­dig ver­än­dern­den Blick­win­keln zu tun: ein­mal von oben, dann von un­ten, dann aus dem Zen­trum der Stadt. Die Ka­me­ra glitt so frei durch je­ne selt­sa­me Stadt, daß ich mich an der La­bo­ra­to­ri­ums­bank fest­klam­mern muß­te, um nicht das Gleich­ge­wicht zu ver­lie­ren.
    Wie in ei­nem Traum ge­fan­gen, sah ich ei­ne gan­ze Zeit­lang zu, wie die­se Ge­schöp­fe ih­ren rät­sel­haf­ten Be­schäf­ti­gun­gen nach­gin­gen, wie sie an ih­ren Ka­beln hin­auf- und hin­un­ter­g­lit­ten, sich vor­ein­an­der ver­neig­ten, sich an­mu­tig die Hän­de reich­ten und Ge­schen­ke aus­tausch­ten (ich er­kann­te ei­ni­ge In­schrifts­kno­ten, die den Be­sit­zer wech­sel­ten), wie sie in Ge­sprä­che ver­wi­ckelt wa­ren, de­nen ich nicht zu­hö­ren konn­te, da die Pro­jek­ti­on oh­ne akus­ti­sche Un­ter­ma­lung war. Dann dreh­te ich mich um und wand­te mich der nächs­ten Se­quenz zu.
    Sie zeig­te ei­ne Sze­ne im In­nern ei­nes der Schweb­häu­ser: ein großer, von röt­li­chem Licht er­hell­ter Raum, des­sen Wän­de mit ei­ner le­ben­di­gen Sub­stanz be­deckt zu sein schie­nen, mit et­was Wei­chem und Vi­brie­ren­dem, das in un­re­gel­mä­ßi­gen Ab­stän­den an­schwoll und zu­sam­men­schrumpf­te, sich ein­mal auf­bläh­te und spann­te wie ein Trom­mel­fell, sich dann kräu­sel­te und wie ein Haut­lap­pen wand.
    Neun Er­ha­be­ne be­fan­den sich in die­sem Raum. Zwei von ih­nen hat­ten sich an in der De­cke be­fes­tig­ten Ka­beln fest­ge­klam­mert und wa­ren, so­weit ich das fest­stel­len konn­te, wie in Tran­ce er­starrt – oder viel­leicht tot und aus­ge­stopft. (Die Be­gräb­nis­sit­ten von frem­den Ras­sen ent­zie­hen sich je­dem Ver­ständ­nis. Eben­so wie die Be­gräb­nis­sit­ten von Völ­kern, die gar nicht so fremd­ar­tig sind. Kannst du dir den Sinn er­klä­ren, warum man To­te in einen Kas­ten legt und die­sen Kas­ten in die Er­de ein­gräbt?) Drei der Er­ha­be­nen stan­den in ei­ner dem Auf­nah­me­punkt ge­gen­über­lie­gen­den Ecke und wa­ren mit et­was be­schäf­tigt, bei dem es sich um einen selt­sam an­mu­ten­den Volks­tanz han­deln konn­te oder um ei­ne Art Sex: Sie hat­ten sich mit dem Ge­sicht nach in­nen und

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