Nach all den Jahrmilliarden
scheußlichen Landschaft. Hier hat nie ein Wind geweht. Hier ist nie ein Regentropfen gefallen. Hier ist nie etwas Lebendiges, nicht einmal eine Mikrobe, zu Hause gewesen. Links von mir neigte sich die Ebene, auf der ich niedergegangen war, eilig dem in unmittelbarer Nähe liegenden Horizont entgegen. Rechts von mir und dann weiter geradeaus erhob sich eine Kette von Hügeln, die wie geschrumpfte Berge aussahen, schroff und zerklüftet. Die Oberfläche des Asteroiden war kahl: keine Pflanzen, kein Erdreich, kein Eis – nur nackter Fels, pockennarbig durch die über eine Milliarde Jahre hinweg eingeschlagenen Meteoriten. Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich den Mond besuchte, Lorie. Ich war zwölf Jahre alt und hatte nie geglaubt, daß irgendein Ort so öde aussehen konnte. Aber im Vergleich mit diesem Asteroiden ist der Mond ein lieblicher Garten.
Als ich mich umsah, war ich mir plötzlich ganz sicher: Dies ist genau der richtige Ort! Vor meinen inneren Augen spielte ich zum millionsten Mal die Kugelsequenz ab. Ich sah die Ebene, auf der das Schiff der Erhabenen gelandet war, ich sah die niedrigen Hügel, die Krater, alles. Und alles paßte zusammen. Der einzige fehlende Faktor war das rosafarbene Glühen an den Hügelhängen, das blasse Licht der weißen Zwergsonne. Diese Sonne, die dem Tod nun viel näher ist, ließ nur ein Rinnsal purpurfarbenen Lichts herabtropfen. Es reichte kaum aus, die Finsternis vor mir zu durchteilen, und auch der kalte Glanz der Sterne schaffte dies nicht. Ich schaltete meinen Helmscheinwerfer ein.
Jans Kokon war etwa tausend Meter von mir entfernt gelandet, näher an den Hügeln. Sie hatte ihn ebenfalls verlassen und wartete nun auf mich. Ich winkte. Sie winkte zurück. Ich setzte mich in ihre Richtung in Bewegung. Mit dem ersten raschen Sprung legte ich zwanzig Meter zurück.
„Denken Sie an die Gravitation!“ mahnte Nick Ludwigs Stimme im Funkempfänger meines Druckanzugs.
Er überwachte mich also. Ich blickte auf und salutierte. Aber ich bewegte mich nun vorsichtiger. Da die Schwerkraft auf diesem Asteroiden so niedrig war, konnte ein richtiger, ordentlicher Sprung ausreichen, um mich ein paar tausend Meter hinaus ins Weltall zu bringen. Mit bedächtigen Schritten schloß ich zu Jan auf, und zur Begrüßung berührten wir uns gegenseitig mit den Helmen.
Zusammen gingen wir dann den Hügeln entgegen.
Jan transportierte das tragbare Sonar-Gerät, ich das Neutrino-Magnetometer. In einer becherförmigen Senke in der Ebene, nahe den Hügeln, blieben wir stehen und stellten unsere Gerätschaften auf. Wir schalteten das Sonar-Gerät ein, schwenkten es langsam kreisförmig und parallel zum Horizont herum und sandten damit so lange Lautimpulse zu den Hügeln, bis uns das registrierte Echo die Höhlung anzeigte, nach der wir suchten. Sorgfältig verzeichneten wir die Position.
Dann schritten wir näher an die Höhlung heran. Ich erspare dir die Beschreibung all des pochenden Herzklopfens, der aufgeregten und wissenden Blicke, die wir gegenseitig austauschten. Es sei hier nur erwähnt, daß Jan und ich aufgedreht und nervös waren, als wir das Neutrino-Magnetometer einschalteten und den Hügelhang damit abzutasten begannen. Als ich die Höhlung mit den Abtaststrahlen berührte, zuckte die Anzeigenadel bis ins blaue Ende des Spektrums hinein. Metall!
„Hier sind wir richtig“, funkte ich ruhig zur Fähre hinauf. „Wir haben die Gruft direkt vor uns!“
„Woher wissen Sie das?“ fragte Dr. Schein.
„Ich bekomme zwei verschiedene Dichte-Anzeigen für diesen Hügelabschnitt“, sagte ich. „Sie müssen die Tür der Gruft mit lamelliertem Fels getarnt
Weitere Kostenlose Bücher