Nach all den Jahrmilliarden
die Angel ist ungefähr fünf Meter lang, und der Bolzen allein sieht aus, als wöge er einige Tonnen. Darüber hinaus ist dieses Ding seit einer Milliarde Jahren nicht mehr bewegt worden, und man kann davon ausgehen, daß es selbst auf einem luft- und wasserlosen Asteroiden zu Materialermüdung von Metall kommen kann. Vielleicht haben sich Bolzen und Angel sogar fest miteinander verbunden. In diesem Fall hätten wir ernste Probleme. Morgen früh wird es sich herausstellen.
31. Dezember
Ein düsterer, merkwürdiger und geschäftiger Tag.
Wenn wir nicht völlig durcheinandergekommen sind, ist es durchaus möglich, daß dies der letzte Tag des Jahres 2375 ist. Aber nach den heutigen hektischen Ereignissen erscheint uns eine Silvesterfeier am heutigen Abend unangebracht.
Heute morgen haben wir sofort die Angel in Angriff genommen. Bevor wir irgendeinen Versuch unternahmen, sie zu entfernen, haben wir sie durch und durch untersucht – mit einer Tridem-Abtastung, mit Messungen und Hologrammen. Wir arbeiteten, als handelte es sich um den Tragebalken eines Hauses oder irgend etwas anderes, das infolge einer Ausgrabung zerstört werden müßte. Nicht etwa, daß die Wissenschaft der Paläotechnik viele neue Erkenntnisse daraus hätte gewinnen können. Es war keine besonders fremdartige Art von Türangel. Offenbar gibt es nur eine rationelle Art und Weise, die Angel einer Tür zu konstruieren, und die Erhabenen haben das gleiche Schema wie auch auf der Erde und überall sonst verwendet. Somit bestand der interessanteste Aspekt dieser Angel darin, wie uninteressant sie war.
Danach schafften wir den leistungsfähigsten Laser der Fähre heran und begannen zu schneiden. Es nahm einige Stunden in Anspruch, die Angel über die ganze Länge aufzuschlitzen. Schließlich gelang es uns aber, sie auseinanderzuschälen und den Bolzen herauszuziehen. Daraufhin befestigten wir erneut die Magnethaken an der Tür, verkabelten sie mit der Motorwinde und begannen zu ziehen.
Die Kabel spannten sich, und wir traten zur Seite, damit wir ihnen nicht zu nahe waren, wenn sie rissen. Aber die Kabel hielten stand. Und die Tür ebenfalls. Captain Ludwig drehte die Motorwinde voll auf, so daß sie mit ihrer ganzen Kraft von fünfzig Tonnen zog, aber das Tauziehen blieb unentschieden. „Was machen wir“, fragte Steen Steen, „wenn die Winde die Fähre der Tür entgegenzieht anstatt die Tür der Fähre?“ Und es war ein guter Hinweis, denn die Zugkraft, die die Winde jetzt ausübte, reichte dazu aus, die Masse der Fähre selbst zu bewegen und sie nach vorn zu kippen.
Die Tür gab zuerst nach.
Sie öffnete sich etwa einen Zentimeter breit an der Angelseite. Ludwig veränderte die Justierung der Winde. Widerstrebend glitt die Tür einen weiteren Zentimeter auf. Dann noch einen. Und noch einen.
Was Ludwig – und uns anderen ebenfalls – Sorgen bereitete, war folgendes: Was geschah, wenn die Tür abrupt nachgab und mit einem Ruck aus der Fassung flog? Und um die Spannung noch zu steigern: Es war sehr gut möglich, daß die Winde die Tür so schnell der Fähre entgegenzog, daß eine Kollision unvermeidlich war und die Fähre beschädigt wurde. Wie ein Virtuose, der in einem galaktischen Musikwettbewerb eine chromosonische Orgel spielte, klebte Ludwig an den Kontrollen der Winde.
Ganz langsam zerrte er die Tür auf.
Erst jetzt stellten wir fest, daß von der Tür aus ein Bolzen tief in den Fels des Hügelhangs hineingetrieben war. Dieser Bolzen bog sich, während die Winde an der Angelseite der Tür zog. Und plötzlich löste sich der Bolzen aus dem Fels; Ludwig schaltete die Winde sofort herunter und nahm den Kabeln
Weitere Kostenlose Bücher