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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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herein.
    »Entschuldigt, ihr Lieben«, sagte er etwas atemlos, als habe er den Weg zu Lorenz’ Zimmer sehr eilig zurückgelegt.
    »Aber nicht doch«, sagte Lorenz, der sich vornahm, ein guter Freund und Gastgeber zu sein, und dies im nächsten Moment schon wieder vergessen hatte. »Ich vermute, schönere Menschen als wir haben dich aufgehalten. Also kein Grund, sich zu entschuldigen.«
    Benny lachte. »Opa Bertold ist eifersüchtig, ganz klar!«
    Gustav strich sich lächelnd über seine Glatze. »Mein holder Knabe, du weißt es vielleicht noch nicht, aber Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Und dieses Zitat passt auf unseren Lorenz in dem von dir angedeuteten Zusammenhang nicht, da dessen Leidenschaften sich auf Verbrechen und alte Geschichte beschränken.«
    »Wie wahr«, stimmte Lorenz notgedrungen zu. Er hätte sich dafür ohrfeigen können, mit seiner dummen Bemerkung ein Thema angefangen zu haben, dem er nicht gewachsen war. Und so fing er schnell mit etwas anderem an. »Ihr ahnt ja nicht, was ich für eine seltsame Telefonorgie hinter mir habe wegen unserem Fund im Odenbachtal.«
    »Meinst du jetzt die Leiche oder den antiken Metallfetzen?«, fragte Gustav dazwischen, was von Lorenz nur mit einem strafenden Blick über den Rand seiner Brille hinweg geahndet wurde. Dieser fuhr ungerührt fort: »Als der alte Naas vor seiner Ermordung zu mir kam, hat er was von dem Ärger erzählt, den wir mit unserem Fund verursacht hatten. Ich hatte es nicht richtig verstanden, wer da warum nun einen Baustopp verfügt haben soll. Also habe ich noch mal beim Römisch-Germanischen Museum in Köln angerufen. Die hatten sich ja zuerst für nicht zuständig erklärt, dann aber offenbar doch etwas in die Wege geleitet. Jedenfalls nahm ich das nach dem Besuch von Naas bei mir an. Am Telefon jedoch sagte man mir, dass sie gar nichts veranlasst, sondern die Information an den Landschaftsverband Rheinland in Bonn weitergegeben hätten. Da habe ich angerufen und beim vierten Referenten erfahren, dass er mir als Mitarbeiter des Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland nur sagen kann, dass es eine Außenstelle in Nideggen gibt, die hier zuständig wäre. Bei dieser Außenstelle in Nideggen habe ich erfahren, dass es kein begründetes wissenschaftliches Interesse an einem solchen Grabungsprojekt an dieser Stelle gibt. Lorica Hamata hin oder her. Dann rief aber kurze Zeit später irgendein Professor zurück, der mir erklärte, dass er mit sehr bescheidenen Mitteln und ein paar Studenten eine Voruntersuchung durchführen werde. Wenn unsere Vorfahren zu Caesars Zeiten schon so bürokratisch gewesen wären, würden wir heute alle Latein sprechen.«
    Benny grinste. »Genau, und Lazio Rom wär Deutscher Meister.«
    »Das wäre mir lieber als Bayern München«, versetzte Gustav und fragte dann in die Runde: »So, ihr Lieben: Was habe ich verpasst? Wer ist der Mörder?«

15. Kapitel
    Das Klopfen an der Tür störte ihn. Jetzt nicht, dachte er. Der Mann wandte sich wieder seiner Beschäftigung zu. Er klappte den kleinen Holzschrank auf und betrachtete die Fotos, die an der Innenwand befestigt waren. Auf dessen Boden lagen Stapel von weiteren Bildern, Zeitungsausschnitten und Notizzetteln. Vielleicht war es an der Zeit, das eine oder andere Foto an der Wand gegen eines aus dem Stapel zu tauschen.
    Wieder das Klopfen.
    »Ja, was denn?«
    Die brüchige Stimme einer Frau meldete sich. »Brauchen Sie noch etwas? Ich würde dann sonst schlafen gehen.«
    »Um Gottes willen, tun Sie das!«, rief der Mann und ärgerte sich darüber, dass er sich durch die Störung des alten Weibes aus der Ruhe hatte bringen lassen. Die zaghafte Stimme ließ noch ein leises »Gute Nacht« vernehmen, dann war es wieder still. Der Mann schloss die Augen, atmete tief durch und betrachtete dann den Inhalt des Schränkchens aufs Neue. Ärgerlich schüttelte er den Kopf. Es war nicht wie eben. Und jetzt kam auch wieder der Schmerz.
    Lorenz löschte das Licht in seinem Zimmer und öffnete das Fenster. Endlich war es draußen ganz dunkel geworden. Über dem Burgfelsen leuchteten ein paar Sterne. Der übrige Himmel über dem Rurtal war wolkenverhangen. Die Luft, die in das Zimmer drang, war warm und roch nach dem Wald, der unterhalb der Seniorenresidenz in sommerlicher Fülle stand. Sehr still war es. Ein Vogel zwitscherte sich in den Schlaf. Von der weit entfernten Landstraße, die sich in Serpentinen nach Abenden und Blens

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