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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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bereit für sie.
    Lorenz schreckte auf. Einen Moment war er verwirrt, als er das helle Tageslicht sah. Dann erinnerte er sich, wie er die ganze Nacht wach geblieben und erst gegen Morgen vor Erschöpfung weggenickt war. Dabei hätte er einen langen, tiefen Schlaf unbedingt nötig gehabt. Doch wie wäre das möglich gewesen nach der beunruhigenden Nachricht des Mörders?
    Wieder klopfte es an der Tür. Stimmt, dachte Lorenz, das hat mich geweckt. Er erhob sich, merkte, dass er vollständig bekleidet war, und ging zur Tür, um zu öffnen. Rita und Ella Kock warteten dort.
    »Habt ihr schon was?«
    »Noch nicht«, antwortete Rita und küsste ihren Opa flüchtig. »Wir lassen durch die örtliche Polizei alle Bauern und sonstigen Haushalte in der Gegend informieren, die über Ställe, Scheunen oder ähnliches mit großen alten Wagenrädern verfügen. Die sollen schauen, ob da vielleicht eines entwendet wurde. Wie du gesagt hast. Parallel prüfen wir, ob in letzter Zeit ein solches Rad erworben wurde bei entsprechenden Händlern.«
    »Denkt auch an die großen Antiquitätenbasare in Belgien und Holland«, meinte Lorenz. »Da würde ich so etwas kaufen.« Nach kurzem Überlegen besann er sich: »Aber nein, dem Mörder wäre das zu billig. Er wird ein altes authentisches Rad aus der hiesigen Gegend benutzen, da bin ich sicher.«
    »Wieso sind Sie eigentlich wegen dem Rad so verdammt sicher?«, wollte Ella Kock wissen.
    »Er ließ mich wissen, dass die Heilige zweimal sterben und das Rad diesmal nicht zerbrechen würde. Es kann nur die heilige Katharina gemeint sein, die wegen ihres Glaubens gerädert wurde. Nicht zu vergessen, dass er meine Tochter Gerda als Katharina gemalt hat. Das Rädern ist eine fürchterliche Hinrichtungsart, aber der Mörder hat gezeigt, dass er brutal genug dafür ist. Und wir müssen schnell sein, denn man kann dies unter Umständen überleben. Vielleicht gibt er uns diesmal sogar die Chance, das Opfer zu retten.«
    »Darauf würde ich nicht hoffen«, meinte Rita. »Natürlich tun wir, was wir können, aber wo sollen wir zuerst suchen? Es gibt so viele Dörfer hier. Blens, Hausen, Abenden, sollen wir bis Heimbach suchen oder noch weiter? Und was ist in Richtung Embken, Muldenau, Wollersheim? Nideggen selbst? Und dann haben wir Boich, Drove, Thum, Leversbach, Üdingen.«
    »Ich weiß, mein Engel«, sagte Lorenz müde. »Der Möglichkeiten sind viele. Aber vielleicht haben wir ja auch Glück.«
    Die Stimmung unter den Freunden war so gedrückt wie lange nicht mehr. Benny und Bärbel, die sonst immer zu Scherzen aufgelegt waren, schwiegen mit zusammengepressten Lippen. Gustav sah irgendwie verloren aus, als wäre er ohne Alexander Grosjean, der heute in der Runde fehlte, nicht mehr vollständig. Lorenz war froh, dass Rita und auch Stephan dabei waren. Er hatte sich mit seinem Sohn immer noch nicht ganz ausgesprochen, aber es schien so, als wären sie auf dem richtigen Weg. Er gab sich einen Ruck und packte eine Hand Stephans, drückte sie und hielt sie fest. Dankbar erwiderte dieser den Druck und lächelte unsicher.
    Rita durchbrach das Schweigen. »Opa, lass uns noch mal diese letzte Nachricht durchgehen. Was könnte sie in Bezug auf Gerda bedeuten?«
    Lorenz schüttelte müde den Kopf. »Ich weiß es nicht. Einerseits bestätigt er ihren Tod, denn er sagt, die Heilige würde zweimal sterben. Gerda sah er als Katharina, und jetzt soll es zum zweiten Mal geschehen. Andererseits legt er nahe, dass ich sie vielleicht wiederfinde.«
    Bärbels Augen weiteten sich von dem Schrecken, den ein böser Gedanke in ihr auslöste: »Was ist, wenn sie tatsächlich noch lebt und er sie erst jetzt töten will?«
    Stephan meinte: »Aber es hieß doch, dass sie vielleicht Ruhe findet. Das sagt man doch nur, wenn sie bereits tot ist. Oder?«
    »Das quält uns doch nur«, sagte Lorenz mit fester Stimme, obschon er selbst nicht ganz überzeugt war. »Wer immer dieses eklige Spiel veranstaltet, er will, dass wir leiden. Wenn Gerda noch leben würde all die Jahre, hätte ich es gewusst – irgendwie.«
    »Das glaube ich dir«, sagte Bärbel. »Man kann so etwas spüren.«
    »Aber wer kann denn dahinterstecken?«, fragte Gustav. »Wir müssten den Mörder doch eigentlich kennen, denn er kennt doch zumindest dich sehr gut.«
    »Stimmt«, antwortete Lorenz. »Wo ist denn eigentlich dein neuer Freund?«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Nix. Ich frag nur, wo er ist. Ihr seid doch seit Tagen unzertrennlich. Aber wenn du schon so

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