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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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fragst: Ist es nicht ein toller Zufall, dass da plötzlich so ein Beau hier in Nideggen auftaucht? Gerade dann, als alles losging? Das Bild in der Kirche, die Nachrichten, die Morde? Er hat das richtige Alter, um Gerda kennengelernt zu haben, und sagte er nicht, er sei im Kunstgewerbe tätig? Wo ist er denn heute?«
    Gustav stand der Ärger deutlich ins Gesicht geschrieben, dennoch antwortete er bereitwillig: »Er ist für ein paar Tage weg, um seine Geschäfte zu regeln. Hamburg und Berlin, soweit ich weiß.«
    »Hat Gerda nicht in Berlin Kunst studiert?«, grübelte Rita.
    Gustav stand auf. »Jetzt reicht es aber! Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass sich ein verrückter Mörder an mich herangemacht hat, um an Lorenz heranzukommen!«
    »Nicht doch«, versuchte Bärbel zu beschwichtigen. »Das kann niemand behaupten. Ich finde Alexander sehr nett.«
    Gustav schien noch etwas sagen zu wollen, aber dann winkte er ab und verließ raschen Schrittes das Zimmer. Bärbel sah Lorenz mit glühenden Augen an: »Das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen, oder? Wir sind alle nervös und du besonders, Lorenz, das verstehe ich. Aber der arme Gustav – wie soll er mit so einer dummen Verdächtigung umgehen? Ich werde ihm mal hinterher.«
    »Nee, lass mich mal«, sagte Benny und stand auf. »Die Klinkenberg sucht mich sowieso schon, und hier findet sie mich am ehesten. Ich rede mal mit dem Gustav, der wird sich schon wieder einkriegen.«
    »Danke«, sagte Lorenz, der sich auch ein wenig schämte. Aber andererseits war es nicht logisch, Alexander Grosjean schlichtweg auszuschließen. Er atmete tief durch und seufzte. Dieser Fall war eindeutig zu viel für ihn.
    Werner Prüm hatte eigentlich an diesem Vormittag eine Menge anderer Dinge zu tun. Der Mähdrescher musste gewartet werden, da waren bestimmt noch Teile zu ersetzen, das wollte er vor der Erntezeit erledigen. Die schlachtreifen Mastschweine mussten für den Transport aussortiert werden, und er hatte für heute den Tierarzt bestellt, weil eine trächtige Kuh Probleme machte. Stattdessen machte er den Kontrollgang zu seinem entlegenen Schuppen im Odenbachtal, wie er es eben dem Polizisten Willi Hurtz versprochen hatte. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, und es war warm, wie sich das für einen Sommer gehörte. Vielleicht könnte es mal wieder etwas mehr regnen, dachte Werner. Fast ein bisschen zu trocken, dieser Sommer. Als er endlich vor dem Schuppen stand, wusste er sofort, dass etwas nicht so war, wie es sein sollte. Die Tür hätte fest verschlossen sein sollen, stand aber einen Spalt offen. Neugierig stiefelte Werner zum Eingang und zog die Tür ganz auf. Die Sonne schien in den Verschlag und ließ den Bauern etwas sehen, was er nie mehr aus seinem Hirn würde verbannen können. Das alte Wagenrad, das sein Großvater eigenhändig gezimmert hatte, lag aufgebockt zwischen Pflug und Egge. Darauf, oder vielleicht auch darin, Werner konnte es nicht sagen, befand sich ein nackter Körper. Arme und Beine waren widerlich verrenkt und in die Speichen des Rades geflochten. Der Blenser Bauer war nicht unbedingt das, was man ein zartes Gemüt nannte, aber bei diesem Anblick stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Und als von diesem Körper ein leises Wimmern ausging, das Werner Prüm durch Mark und Bein fuhr, wurde ihm übel.
    »Gustav, nun warte doch mal!« Benny eilte dem Alten hinterher, der schneller als sonst durch den Gang schritt.
    »Was denn?«
    Der Pfleger hatte Gustav eingeholt und ging nun neben ihm her. »Sei doch nicht gleich eingeschnappt. Wir machen das doch immer so. Alle Möglichkeiten auf den Tisch. Dein Alex wird sicher unschuldig sein, und niemand will dich kränken.«
    »Das verstehst du nicht, Junge«, knurrte Gustav düster.
    »Doch, natürlich«, widersprach Benny. »Ist doch klar, dass du nichts auf deinen Freund kommen lassen möchtest.«
    »Das ist es ja«, entgegnete Gustav. »Natürlich war ich zuerst sauer, weil die anderen Alexander in Betracht ziehen. Aber die Wahrheit ist – ich muss zugeben, dass der Verdacht nicht abwegig ist. Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
    Benny schaute den Alten mit großen Augen an. »Hältst du es denn grundsätzlich für möglich, dass Alexander ...«
    »Mein Gefühl sagt Nein, aber mein Kopf sagt, selbstverständlich ist es möglich. Und warum sollte ausgerechnet ich alter Sack noch einmal so ein Glück haben? Da muss doch eigentlich ein großer Haken dran sein, oder etwa nicht?«
    »Und was willst du jetzt

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