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Nach dem Amok

Titel: Nach dem Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriam Keil
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macht das alles noch aus mir? Ich werde noch verrückt!
    Â»Hey, Maike, was machst du denn hier?«
    Romy steht vor mir. Ich zerre sie blitzschnell hinter ein Regal mit CDs.
    Â»Seit wann hörst du die Flippers?«, grinst Romy. Wir stehen mitten in der Volksmusik-Abteilung.
    Â»Ich suche was für meine Oma.«
    Â»Die, die ihr einmal im Jahr besucht?«
    Â»Ja, genau.«
    Â»Ich dachte, die hätte erst Geburtstag gehabt.«
    Norman lacht laut, nur ein paar Meter Luftlinie von uns entfernt.
    Â»Was ist los, Maike?«, fragt Romy.
    Â»Nichts. Was soll los sein?«
    Â»Hm. Bist du fündig geworden?«
    Â»Was?«
    Â»Die CD für deine Oma.«
    Romys Blick lässt keinen Zweifel daran, dass sie mir die Sache mit der CD nicht glaubt.
    Â»Vielleicht gucke ich doch noch mal bei eBay.«
    Â»Besser ist’s.«
    Wir gehen gemeinsam zur Rolltreppe. Dabei müssen wir in Sichtweite an Farin, Tobias und Norman vorbei, die noch mit den Computerspielen beschäftigt sind. Sie werden auf uns aufmerksam, feixen, einer von ihnen pfeift hinter uns her. Ich fühle mich angewidert, aber in mir ist mindestens ebenso viel Angst wie Ekel. Ich habe Norman mal auf dem Schulhof demonstrativ mit einem Messer rumspielen sehen. Damals fand ich es nur dämlich, dass jemand glaubte, seine vermeintliche Coolness auf so bescheuerte Weise zur Schau stellen zu müssen. Jetzt aber, da ich weiß, was sie mit David angestellt haben, wird mir klar: Ein Messer bleibt letzten Endes eben doch ein Messer, und es kann genau zu dem Zweck benutzt werden, zu dem es hergestellt wurde. Um etwas oder jemanden aufzuschneiden.
    Â»Hey, ihr Schnecken!«, ruft Tobias, und es läuft mir kalt den Rücken runter.
    Ich weiß, was ihr getan habt. Aber ich will mir sicher sein.
    Â»Einfach ignorieren«, sagt Romy. »Das sind Idioten.«
    Endlich erreichen wir die Rolltreppe und ich atme auf. Zum Glück haben sie es bei ihrem Gejohle belassen und sind uns nicht gefolgt. Ich kann mit Romy nicht über meinen Verdacht reden. Romy ist viel zu vernünftig. Sie würde sagen, dass ich denen nichts beweisen kann, selbst wenn sie tatsächlich der Grund für Davids Ausrasten gewesen sein sollten. Es gibt unendlich viele Leute, deren Vornamen mit F., T. und N. beginnen. Und vor allem: Ich bin vielleicht nicht so vernünftig wie Romy, aber doch vernünftig genug, um zu begreifen, dass ich die drei niemals mit meinem Verdacht konfrontieren darf. Ich habe schon so viele Leute gegen mich, da brauche ich den Zorn dieser drei nicht auch noch. Wenn wirklich sie es waren, die David das Leben zur Hölle gemacht haben, dann würden sie sich bei mir wohl kaum zurückhalten.
    Â»Was macht Sandra?«, will Romy wissen. »Setzt sie dir weiter zu?«
    Â»Im Moment ist sie ganz zahm.«
    Ich erzähle ihr von meiner Begegnung mit Sandra und ihrer Freundin vor der Post. Wie ihr die Kinnlade runtergefallen ist, als ich ihr erzählt habe, ich würde mit Jannik wegfahren. Von diesem kleinen Triumph zehre ich immer noch. Romy kriegt sich vor Lachen gar nicht mehr ein.
    Â»Fahrt ihr wirklich weg, Jannik und du?«
    Das ist der Haken an der Sache. Ich schüttele den Kopf.
    Â»Kein Geld.«
    Â»Und das Ferienhaus von Janniks Eltern?«
    Â»Ich glaube, das ist ziemlich ungemütlich zu dieser Jahreszeit. Es ist ja eigentlich nur eine Hütte.«
    Â»Wenn man sich liebt, braucht man keinen Luxus«, behauptet Romy.
    Â»Aber Liebe hilft nicht gegen kalte Füße.«
    Â»Na ja …«, meint sie und grinst vielsagend.
    Sie weiß nicht, dass ich mein erstes Mal in dieser Hütte hatte. Sie weiß zwar, dass ich es mit Jannik hatte, aber ich habe es nie für nötig gehalten, ihr Näheres darüber zu erzählen. Ich finde es schön, dass außer Jannik und mir niemand über die Bedeutung der Hütte Bescheid weiß. Jetzt besonders. Ich muss lächeln, als ich daran denke. Romy stupst mir den Ellenbogen in die Seite.
    Â»Da denkt jemand an Sex!«
    Ich zeige ihr den Vogel. Eine ältere Frau, die Romys Spruch mitbekommen hat, guckt pikiert in unsere Richtung.
    Â»Wann die wohl das letzte Mal …«, kichert Romy.
    Ich verdrehe die Augen und ziehe sie zum Ausgang. Als wir das Kaufhaus verlassen, habe ich Farin, Tobias und Norman schon fast vergessen. Die Gegenwart ist das, was zählt. Jannik und ich.
    Doch schon zu Hause holt es mich wieder ein. Ich habe Davids Blog

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