Nach dem Bankett.
stellen würde: »Bist du wirklich in ihn verliebt?« Sie wollte darauf mit einem fröhlichen »Ja« antworten und glaubte, Genki würde dann alles verstehen und nichts mehr sagen . . . Aber er machte keine Anstalten, diese Karte auszuspielen.
Genki war ein rastloser Mensch. Er war der einzige Mann, bei dem Kazu nie wußte, wann sie das Feuer für seine Zigarette anzünden sollte. Wenn ein Mann sich eine Zigarette zwischen die Lippen schob, hielt Kazu stets schon Streichholz und Schachtel in den Händen, um ihm sogleich Feuer zu reichen Aber bei Genki konnte sie den Moment nie abpassen. Seine kurzen dicken Finge mit den spatenförmigen Nägeln spielten ständig mit irgend etwas, mit eine Zigarette, einem Bleistift, Papieren oder Zeitungen; und währenddessen wurde sein unsteter Blick arglos wie der eines Kleinkindes, und seine dunkelbraunen wulstigen Lippen verzerrten sich zu einem Flunsch. Sah es so aus, als wollte e die Zigarette, die er so lange hin und her gedreht hatte, daß sie bereits krumm geworden war, zum Mund führen, dann legte er sie plötzlich wieder in die Schachtel zurück.
Hinter Genkis Stuhl war eine breite Fensterfront, durch die man auf die regennassen Häuser der Stadt sah. Die dunkelgrünen Vorhänge aus Seidendamas waren nach rechts und links zur Seite gezogen. Das Neonlicht, das heute bereits am frühen Morgen hinter den Fenstern des gegenüberliegenden Gebäudes brannte, wirkte seltsam nackt und nah im Regen.
»Angenommen, du heiratest Noguchi Yuken. Was beabsichtigst du dann eigentlich mit dem Gasthaus zu machen?«
»Ich möchte es weiterführen.«
»Das kannst du nicht. Du wirst sehen, daß es eines Tages zu Reibungen zwischen Herrn Noguchi und dem Gasthaus kommen wird. Denn das Setsugoan ist immerhin durch meine Partei und durch die Konservativen zu dem geworden was es heute ist. Findest du es nicht selber lächerlich, wenn die Inhaberin dieses Restaurants die Frau des Beraters der radikalen Reformpartei ist?«
»Über diesen Punkt habe ich gründlich nachgedacht. Warum sollte ich nicht wie bisher, die Unterstützung der konservativen Partei genießen können, auch wenn mein Mann den Radikalen angehört? Mir ist gesagt worden, die neue Verfassung erlaube es Ehepaaren, verschiedene Parteien zu wählen.«
»Darum geht es nicht. Verstehst du nicht, daß ich mir nur Sorgen um deine Zukunft mache? jeder sieht doch, daß du eine Niete gezogen hast. Diese Heirat ist weder für Herrn Noguchi noch für dich ein Vorteil. Du mit deinen Fähigkeiten könntest wer weiß was auf die Beine stellen! Statt dessen verbaus du dir deine Zukunft! Sieh mal, Kazu, eine Heirat ist genauso, als ob man Aktien kauft. Gewöhnlich erwirbt man sie, wenn sie billig sind. Aber weshalb willst du unbedingt welche kaufen, bei denen keine Aussicht besteht, daß sie an Wer gewinnen? Ich gebe zu, Herr Noguchi war früher eine Kapazität. Aber ganz unparteiisch geschätzt: Die Wirtin vom Setsugoan ist heute viel mehr wert als der frühere Kabinettsminister Noguchi Yuken. Du mußt doch wissen, was du wert bist! Eines sieht dir allerdings ähnlich: Daß du das Setsugoan weiterführen und dich nicht im Hause einschließen und die sittsame Ehefrau spielen willst. Typisch Kazu!«
»Das weiß ich selber.«
»Na, siehst du? Wenn man sich jeden Tag im Spiegel betrachtet, weiß man so etwas genau. Aber was ist eigentlich Herrn Noguchis Absicht? Will er dich ausnutzen?«
Kazu stieg das Blut ins Gesicht. »Er ist keine Zuhälternatur!« schrie sie. »Beurteilen Sie die Menschen doch nicht nach Ihren Maßstäben.«
Genki war keineswegs verärgert; er brach in schallendes Gelächter aus. »Ich bitte um Verzeihung! Aber du mußt zugeben, daß ich sehr tüchtig darin bin. Ich bekomme, was ich will – ohne die geringste Zärtlichkeit anzuwenden.«
Jetzt endlich führte Genki seine Zigarette zum Munde. Kazu gab ihm Feuer. Er nahm einen Zug, brach das ema jäh ab und begann schlüpfrige Geschichten zu erzählen.
Genkis Sekretär kam herein und sagte, der nächste Besuch sei bereits da. Kazu nahm ihre Stola und stand auf. Die Worte, auf die sie die ganze Zeit gewartet hatte, kamen bis zuletzt nicht über Genkis Lippen.
Aber Genki liebte es, der Abschiedszeremonie eine gefühlvolle Note zu verleihen. Er genoß die Illusion, Menschen für sich gewinnen zu können. Deshalb wandte er sich Kazu noch einmal zu und rief ihr nach-. »He, Kazu, ich hofe doch,
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