Nach dem Bankett.
mit. Dann hättest du mir von Anfang an sagen müssen daß du Wert auf Efekte legst.«
Kazu hielt es für richtiger, nachzugeben.
»Schön, dann mache ich es, wie du wünschst. Ich werde mich nach dem Appetit der Gäste richten und die Überraschung gleich nach dem Horsd’œuvre servieren lassen.«
In diesem Augenblick meldete das Mädchen, daß der Direktor der Zeitung und der achtzigjährige Journalist eingetrofen seien.
Kazu setzte ein strahlendes Lächeln auf und erhob sich, um die würdigen Gäste zu begrüßen. Noguchi war verblüft, wie schnell sie ihrem eben noch so nachdenklichen Gesicht einen fröhlichen, unbekümmerten Ausdruck gab; abe
Kazu kümmerte sich nicht darum.
Der achtzigjährige Journalist trug, wie immer, einen Lederbeutel in der Hand. Sein schönes weißes Haar hing ihm über die Ohren, und er wirkte sehr elegant, als er hochaufgerichtet in japanischer Kleidung den großen Saal betrat. In Gegenwart des Greises benahm sich der Direktor der Zeitung stets so, als bestünde sein einziger Lebensinhalt darin, den treu ergebenen Gefolgsmann zu spielen.
»Guten Abend, Noguchi!« sagte der Achtzigjährige. »Die Reise neulich war sehr nett, nicht wahr?« Mit diesen Worten steuerte er geradewegs auf den Ehrenplatz zu und ließ sich dort nieder. Er kam gar nicht auf die Idee, daß dieser Platz einem anderen gebühren könnte. Kaum hatte er sich gesetzt, sprach er mit keinem Wort mehr über die Nara-Reise, sondern berichtete von dem Ereignis des Vortages: er hatte nämlich die Ehre gehabt, auf besonderen Wunsch des Kaisers einen Vortrag über die Geschichte des japanischen Zeitungswesens zu halten.
»Leider konnte ich in der kurzen Zeit nicht auf nähere Einzelheiten eingehen«, erzählte er. »Ich hatte aber den Eindruck, daß Seine Majestät die Meiji-Zeit am meisten interessierte. Es ist traurig, daß diese Epoche, nicht nur für uns alte Männer, sondern auch für den Kaiser die gute alte Zeit ist.«
»Höchstwahrscheinlich lag es daran, daß Sie sie wie die gute alte Zeit dargestellt haben.«
»Da mögen Sie recht haben. Trotzdem ist es nicht sehr ermutigend, wenn der Herrscher die Gegenwart nicht für die beste Zeit hält!«
In der Zwischenzeit hatten sich alle Gäste eingefunden. Getränke wurden gereicht und die Vorspeisen serviert. Für eine Weile war Kazu verschwunden, dann erschien sie in Begleitung von zwei Mädchen, die ein riesiges Tablett trugen, auf dem bläuliche Flammen züngelten. Kazu erklärte den erstaunten Gästen: »Das sind die Korbfackeln vom Februar-Tempel.«
Das Gericht war eine Meisterleistung der Kochkunst und darüber hinaus eine Augenweide. Die Fackeln, für jeden Gast eine, bestanden aus Hühnerfeisch – das die Bambusrohre darstellte – und gebackenen kleinen Vögeln – das waren die brennenden Korbfackeln –, die mit Alkohol übergossen und angezündet worden waren. Die Landschaft um den Tempel wurde von verschiedenen Arten wilden Berggemüses angedeutet, das dekorativ auf der Platte verteilt war. Sogar das kleine Holzschild vor dem Tempel war nicht vergessen worden, das den Reitern vorschrieb, von den Pferden abzusteigen, ehe sie das Tempelgebäude betraten.
Die Gäste ergingen sich in Lobpreisungen über den köstlichen Einfall. Der Industrielle bemerkte, auf diese Weise erlebe er die Omizutori-Zeremonie zum zweitenmal in einem Jahr, und er improvisierte sogleich ein Haiku auf dieses
ema. Kazu sah verstohlen zu Noguchi hinüber.
Noguchi wirkte in diesem Augenblick alles andere als glücklich. In seinem Gesicht kämpften verschiedene Empfndungen; er wirkte verstockt, und die Blicke, die er Kazu zuwarf, grenzten an Haß. Aber Kazu ertrug sie gelassen. Sie war glücklich und genoß die Situation mit sichtlichem Behagen: Sie wußte, daß sein Haß nur dem kleinlichen Stolz entsprang, sich unter keinen Umständen dem Willen einer Frau zu unterwerfen.
Sie erhob sich und verließ den Raum. Sie tat, als ginge sie den Gang hinunte versteckte sich aber in Wirklichkeit im Nebenzimmer hinter der Schiebetür. Bald hörte sie Noguchis Stimme. Er sagte genau das, was sie erwartet hatte. »Ich möchte Ihnen allen, die Sie sich heute abend hier versammelt haben, etwas mitteilen. Es handelt sich darum, daß ich mich entschlossen habe, die Inhaberin dieses Hauses, Fukuzawa Kazu, zu heiraten.«
Das daraufolgende Schweigen wurde von dem Lachen des achtzigjährigen Junggesellen
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