Nach dem Bankett.
es einen Streit, und Kazu hatte keine Gelegenheit meh scherzhaft zu bekennen: »Ich habe dich nur angeführt.« Ein Teil der Schuld lag bei ihr, da sie ihre Rolle bei diesem kindlichen Scherz allzu ernsthaft und übertrieben gespielt hatte.
Erst durch diese Begebenheit lernte Kazu eine Schwäche ihres Charakters kennen: sie konnte nicht leben, ohne fortwährend von etwas hingerissen zu sein. All ihre Bemühungen, etwas Abwechslung in das tägliche Leben zu bringen wurden von ihrem Gatten zunichte gemacht. Noguchi hielt hartnäckig an seinem bisherigen ruhigen Leben fest. Trotzdem änderte sich Kazus Liebe zu ihrem Manne keineswegs. Manchmal an einem Wochenende wurde Noguch erstaunlich gesprächig. Dann erzählte er ihr in seiner humorlosen Art von Büchern aus fremden Ländern, oder er hielt ihr einen Vortrag über Sozialismus
Wichtige Gäste
Es war ofenkundig, daß Noguchi diese Heirat als die letzte Station seines Lebens betrachtete und daß Kazu ihrerseits das Gefühl hatte, endlich ihr Grab gefunden zu haben. Doch Menschen können nicht in einem Grab leben.
Während der Wochentage ließ Kazu sich im Setsugoan von dem ihr ergebenen Hausjungen haargenau über Noguchis Leben und Treiben berichten; und sie war immer wieder erstaunt, wie ereignislos sein Leben verlief. Trotz vorgeschrittenen Alters widmete er sich noch immer mit großer Hingabe seinen Studien.
»Gestern«, erzählte der Hausjunge, »arbeitete der Herr von drei Uhr nachmittags bis zum Zubettgehen in der Bibliothek. Sogar das Abendessen hat er dort eingenommen.«
»Wenn er so weitermacht und sich keine Bewegung verschaft, wird er noch krank, fürchte ich. Ich werde nächsten Sonnabend mit dem Herrn sprechen.«
Kazu hatte ein starkes Vorurteil gegen alles Intellektuelle. Es war in ihren Augen eine gefährliche Trägheit, der ein vielversprechender, fähiger Mann leicht verfallen konnte. Obgleich Kazu zu dem Hausjungen gesagt hatte, sie werde mit dem Herrn sprechen, wußte sie genau, daß Noguchi ein Mann war, der ihren Warnungen nie sein Ohr leihen würde. Und das erfüllte sie sogar mit einer gewissen Genugtuung.
Zu dieser Zeit ereignete sich im Setsugoan ein kleiner Zwischenfall: es wurde eingebrochen.
In der Nacht war heller Mondschein gewesen, und der Einbrecher hatte sich wahrscheinlich unter den Bäumen im Garten versteckt gehalten, um abzuwarten bis alle schliefen. Die riesigen Stechpalmen auf der Anhöhe waren ein ideales Versteck. Der Dieb hatte sich ofenbar in den Garten geschlichen, als alle im Hause mit der Bewirtung der Gäste beschäftigt waren und der Eingang daher unbewacht geblieben war, Dann mußte er einige Stunden still abgewartet haben. Sicher hatte er nicht einmal gewagt, eine Zigarette zu rauchen, weil er befürchtete, der Rauch könne ihn verraten. Man fand nur ein paar Kaugummireste; das ließ darauf schließen, daß der Dieb noch jung war.
Er hatte es anscheinend zuerst auf Kazus Zimmer abgesehen, war aber, nachdem er das Fenster ein wenig aufgeschoben hatte, doch nicht eingestiegen, so daß Kazu nichts hörte und ruhig weiterschlief. In ihrem Wandschrank stand unter anderem auch die Geldkassette. Aber wahrscheinlich hatte der Dieb in der Frau, die in einem so kleinen Zimmer schlief, nicht die Besitzerin des Gasthauses vermutet.
Anschließend war er in das Schlafzimmer der fünf Dienstmädchen geschlichen Als seine Schuhe aber dort auf etwas Weiches traten und lautes Geschrei ertönte füchtete er, ohne etwas gestohlen zu haben.
Die Polizei kam noch in der Nacht und verursachte ein großes Durcheinande Danach konnte Kazu keinen Schlaf mehr fnden und blieb bis zu ihrem täglichen Morgenspaziergang wach. Die Strahlen der Morgensonne felen durch die Bäume auf die Wurzeln einer Stechpalme, und Kazu sah dort etwas Weißes aufeuchten das wie ein Gebiß aussah.
Sie war noch ganz benommen und beunruhigt von dem Gedanken, daß de Dieb zuerst vor ihrem Schlafzimmer gelauert hatte. Währenddessen hatte sie geschlafen und von nichts etwas geahnt! Als sie jetzt daran zurückdachte, fühlte sie zugleich Erleichterung, Angst und eine leichte Unzufriedenheit. Kazu fühlte wie die herbstlich-kühle Morgenluft durch die Kimonoärmel bis zum Ansatz ihrer Brüste drang. Da kam ihr der Verdacht, daß der Eindringling vielleich ihren schlafenden Körper berührt, dann aber seine Absichten geändert hatte Nein, das war nicht möglich! Es war dunkel gewesen, und das Fenster
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