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Nach dem Bankett.

Nach dem Bankett.

Titel: Nach dem Bankett. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yukio Mishima
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daß sie mit einem bestimmten Anliegen kamen. Da er sich aber entschlossen hatte, ihre Bitte abzulehnen, wollte er sein Bedauern dadurch zum Ausdruck bringen, daß er sie besonders zuvorkommend bewirtete. Das war alles. Die Vorsicht, die Noguchi hatte walten lassen, als er sich weigerte, am Telefon darüber zu sprechen, führte Kazu zum erstenmal deutlich vor Augen, in welch exponierter Stellung sie sich durch die politische Tätigkeit ihres Mannes befand.
       Es war bereits dunkel, als die Gäste am Tor von Noguchis Haus klopften. Die Gesichter des Sekretärs Kimura und des Geschäftsführers Kurosawa waren jedem durch politische Karikaturen bekannt. Kazu war beiden überdies bereits bei ihrer Hochzeit begegnet. Kimura sah aus wie ein gütiger, gebrechliche Pfarrer, und Kurosawa wirkte wie ein Bergarbeiter.
      Kazu war so sehr daran gewöhnt, nur mit Politikern der konservativen Parte zu verkehren, daß es sie überraschte, als auch die Politiker der Reformpartei sie höfich begrüßten und das Haus erst nach dem üblichen Zeremoniell betraten Irgendwie erschien es ihr wie eine Heuchelei, wie eine bewußte Täuschung Ganz besonders verwirrend fand sie Kimuras sanftes Lächeln. Seine Erscheinung und seine Art zu sprechen erinnerten sie an einen reglosen Laubbaum im Sonnenschein, der ein, zwei Blätter fallen läßt, wenn ein sanfter Windhauch seine Zweige berührt.
      Die beiden Gäste begegneten Noguchi mit der Achtung, die dem Älteren gebührt. Sie lehnten es erst ab, den Ehrenplatz einzunehmen; aber schließlich ließ Kimura sich doch dazu überreden.
      Kazu sah, daß alle drei Männer eine pergamentähnliche trockene Hau hatten. Das mochte daran liegen, daß sie seit zu langer Zeit keine wirkliche Macht mehr in Händen gehabt hatten. Ihre Haut ähnelte der Haut eines Mannes der lange keine Frau berührt hatte. In ihrer höfichen Begrüßung und ihrem sanften Lächeln lag ein Anfug von aufgezwungener Askese. Kimuras Art – das Gebaren eines alten Professors – und Kurosawas betonte Einfachheit schienen in derselben asketischen Lebensaufassung zu wurzeln.
      Kimura lobte das Essen, was Kazu für einen Mangel an gesellschaftlichen Umgangsformen hielt. Noguchi wurde etwas nervös, und die Verlegenhei stand ihm im Gesicht, da er wußte, daß dieses Essen gar nicht der Kochkuns seiner Frau zu verdanken war. Kurosawa hingegen kaute schweigend, aber mi sichtlichem Appetit.
    »Ich habe bestimmt keine Zugkraft mehr«, sagte Noguchi. »Es ist eine Illusion wenn ihr glaubt, ich sei ein erfolgversprechender Kandidat. Man hat mich längs vergessen.«
      Die Wirkung des Alkohols auf Noguchi nahm mit jedem Kelch Sake zu und zeigte sich in der ständigen Wiederholung solcher herausfordernden Reden Kimura und Kurosawa zogen jedesmal, wenn Noguchi derartige Äußerungen machte, verlegene Gesichter.
      Kazu schenkte den Gästen Sake ein, wie ihr Noguchi befohlen hatte. Nu ganz allmählich begrif sie, daß er nur ihretwegen seine Behauptung alle fün Minuten wiederholte. Sie war über ihre eigene Begrifsstutzigkeit entsetzt. Sie hatte doch bereits bei der ersten Begegnung Noguchis altmodische, eigensinnige Schüchternheit bemerkt. Vor seiner eigenen Frau, in Gegenwart anderer Leute politischen Ehrgeiz zu entwickeln, war für ihn wahrscheinlich das gleiche, als wenn er vor den anderen sinnliche Begierden gezeigt hätte.
       Unaufällig verließ sie ihren Platz, ging in ihr Zimmer und rief das Mädchen zu sich, um ihr Anweisungen zu geben. Nachdem es gegangen war, wußte sie nichts mehr mit sich anzufangen. Sie langweilte sich und begann aufzuräumen. In einer Schublade ihres Zimmers bewahrte sie Noguchis persönliche Schmuckstücke auf: drei kleine Schächtelchen mit alten ausländischen Manschettenknöpfen.
       Um sich die Zeit zu vertreiben, kippte sie den Inhalt auf ein kleines Tischchen und betrachtete die Knöpfe. Ein besonders schönes Paar aus purem Gold zeigte das Wappen eines europäischen Königshauses, andere waren mit Edelsteinen besetzt, ein reingoldenes war wie eine Chrysantheme geformt – ofenbar das Geschenk einer japanischen Prinzenfamilie –, wieder ein anderes Paar trug ein in Elfenbein geschnitztes Bildnis des Schiwa. Vermutlich waren alle Stücke dieser seltenen Sammlung Geschenke.
       Sie verglich die vor ihr liegenden Knöpfe mit Muscheln, die man im Sommer am Strand sammelt und als Erinnerung an das Meer mit nach Hause nimmt. Noguchis Handgelenke, denen diese Knöpfe zur Zierde

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