Nach dem Bankett.
vor oder nach den Mahlzeiten essen?‹« Alle lachten über den anspruchslosen Witz.
Da die heutige Einladung Noguchi zu Ehren stattfand, gab sich der Achtzigjährige die größte Mühe, ihn aufzumuntern. Als Noguchi sich während der Mahlzeit erhob, um zur Toilette zu gehen, stand der Achtzigjährige ebenfalls auf. Die Geisha, die seinen Arm ergrif, um ihn zu führen, wies er mit einer schrofen Bewegung zurück. Im Gang wandte er sich an Noguchi und sagte: »Es kann sein, daß du bereits davon unterrichtet bist; aber die anderen meinen, falls du es noch nicht weißt, sollten wir es dir sagen. Und so habe ich die unangenehme Rolle übernommen, dir zu erzählen . . . es fällt mir ungemein schwer . . .«sagte er zögernd, »aber deine Frau geht mit einer Spendenliste bei verschiedenen Leuten des Kabinetts und der Finanzwelt herum, um Spenden für die Wiedereröfnung des Setsugoan zu sammeln. Man sagt, Sawamura In habe sich als erster eingetragen, und folglich soll eine ganze Menge zusammengekommen sein. Es
ist möglich, daß du keine Ahnung davon hast . . .«
»Nein, ich höre zum erstenmal davon«, fel Noguchi ihm ins Wort.
Als Noguchi wieder an seinen Platz zurückkehrte, konnten die anderen an seinem gequälten Gesicht ablesen, was der Alte ihm gesagt hatte. Sie begrifen daß er nichts davon gewußt hatte, und überschütteten ihn mit Wohlwollen und Mitgefühl. Diese Leute besaßen soviel Feingefühl, Noguchi ihre Freundschaft in dieser etwas peinlichen Situation durch Behutsamkeit und Takt zu beweisen Aber gerade das verletzte ihn nur noch mehr. Er verließ die Runde früher als üblich. Kazu war nicht nach Koganei zurückgekehrt. Sie hatte eine Botschaf hinterlassen, daß sie die Nacht im Setsugoan bliebe.
Während Noguchi in Yanagibashi war, hatte Kazu sich mit Nagayama Genk in Akasaka getrofen.
Als sie Genki, der über alles Bescheid wußte, um eine Zusammenkunft bat sagte er: »Ach nehme an, es handelt sich um die Spendenliste.« Kazu wollte sich in einem seiner ›Büros‹ mit ihm trefen, aber er wählte ein vornehmes Restauran in Akasaka aus. Sie war nicht gerade begeistert von dem Gedanken, sich mi Genki in einem Restaurant sehen zu lassen, das zudem noch von einer ih bekannten Dame geleitet wurde. Aber schließlich ging sie doch zur vereinbarten Zeit hin und mußte mehr als eine halbe Stunde warten.
Es war Kazu eine Qual, als die Wirtin erschien und versuchte, sie während des Wartens zu unterhalten. Die alte Dame hatte bereits Gerüchte über die Wiedereröfnung des Setsugoan gehört und gab Kazu zu verstehen, daß sie völlig auf ihrer Seite stehe: »Es war klug von Ihnen«, sagte sie, »daß Sie sich zuerst die Unterschrift von Sawamura In haben geben lassen. So muß man die Dinge anpacken! Gnädige Frau haben ja so viel Schweres durchgemacht! Jetz kommt bestimmt wieder eine Zeit des Erfolges für Sie.« Die Wirtin erbot sich eifrig, Kazu einen Wahrsager zu vermitteln, dessen Prophezeiungen bishe immer eingetrofen seien. Das sei doch sicher eine große Hilfe für Kazu, meinte sie. Ohne sonderliches Interesse nahm Kazu das Angebot an. Halb fürchtete sie sich vor einer schlechten Prophezeiung, in Wirklichkeit glaubte sie aber im Augenblick einzig und allein an ihre eigene Kraft.
Als die Wirtin ein Geräusch vom Ende des Ganges hörte, sprang sie auf und rief mit durchdringender, heller Stimme: »Wir sind schon müde vom langen Warten! Sie dürfen doch eine Dame nicht warten lassen!«
Ohne Rücksicht auf die Umgebung zu nehmen, rief Genki unbekümmer zurück: »Sie ist keine Dame! Die alte Schachtel ist nur eine Freundin von mir.«
»Wie können Sie so etwas sagen!«
Kazu saß kerzengerade, aber ein leichtes Zittern durchlief sie. Jetzt war sie wieder mitten in der Welt der anzüglichen Späße, der plumpen Vertraulichkeiten und Ungezogenheiten – sosehr sie sie auch ablehnen mochte, Tatsache war, daß sie hier saß. Genki gab sich nicht die geringste Mühe, sie wie die Gattin eines früheren Ministers zu behandeln.
Trotz allem hatte Kazu das Gefühl, der Politik im Augenblick näher zu sein als während des heftigsten Wahltrubels. Politik – das waren Scherze, fröhliches Wortgeplänkel, lachende Frauenstimmen und der erlesene Duft des Weihrauchs aus der Tokonoma-Nische – all diese Dinge zusammen machten die Politik aus. Erst in dieser Atmosphäre zeigte sie ihr wahres Gesicht und vermochte Wunder zu vollbringen.
Genki betrat den
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