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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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ich zu Grace gesagt hatte. Also beschloss ich, noch einmal zu Jack nach Hause zu fahren. Er war noch nicht wieder aufgetaucht, weder tot noch als Schlagzeile in den Zeitungen, und sein Zuhause war der einzige Ort, an dem es mir sinnvoll erschien, noch einmal von vorne mit der Suche zu
    beginnen. Grace würde sich freuen, wenn ich versuchte, die Ordnung für sie wiederherzustellen.
    Ich ließ den Bronco auf einem Holzfällerweg in der Nähe des Hauses stehen, in dem die Culpepers wohnten, und ging durch den Wald. In der Luft, die Schnee versprach, wirkten die Kiefern farblos und ihre Spitzen wiegten sich im kalten Wind, den ich hier unten, unter den Zweigen, nicht spürte. Die Härchen in meinem Nacken kribbelten unangenehm; der Wald stank nach Wolf. Es roch, als hätte der Typ an jeden einzelnen Baum gepinkelt. Blöder Macho.
    Im Unterholz rechts von mir bewegte sich etwas und ich fuhr zusammen, meine Muskeln spannten sich an und ich ließ mich flach auf den Boden fallen. Ich hielt den Atem an.
    Nur ein Hirsch. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf seine großen Augen, die langen Beine und das weiße Hinterteil, dann verschwand er erstaunlich ungelenk wieder zwischen den Bäumen. Trotzdem, seine bloße Anwesenheit in diesem Wald beruhigte mich ein wenig; denn wenn ein Hirsch hier war, konnte Jack es nicht sein. Außer meinen Händen hatte ich nichts, was ich als Waffe gebrauchen konnte. Und die würden mir gegen einen instabilen neuen Wolf im Adrenalinrausch wahrscheinlich nicht viel nützen.
    Am Haus angekommen, blieb ich einen Moment reglos am Waldrand stehen und lauschte auf die Stimmen, die durch die Bäume zu mir herüberdrangen. Ein Mädchen und ein Junge, die Stimmen wütend erhoben; sie mussten irgendwo in der Nähe der Hintertür stehen. Im Schatten des Hauses schlich ich mich um eine Ecke auf sie zu, leise wie ein Wolf. Die männliche Stimme, tief und schneidend, erkannte ich nicht, doch mein Instinkt sagte mir, dass es Jack war. Die andere gehörte Isabel. Ich dachte kurz darüber nach, mich zu erkennen zu geben, doch dann zögerte ich und beschloss abzuwarten, worum es bei dem Streit ging.
    Isabels Stimme klang schrill. »Ich versteh nicht, was du mir eigentlich sagen willst. Was tut dir leid? Dass du verschwunden bist? Dass du überhaupt gebissen wurdest? Dass -«
    »Chloe«, erwiderte der Junge.
    Schweigen. »>Chloe    »Isabel, verdammt. Hast du mir nicht zugehört? Du bist manchmal echt schwer von Begriff. Ich hab dir doch gerade erzählt, dass ich nicht immer weiß, was ich tue, wenn ich mich verwandelt hab.«
    Ich hielt mir die Hand vor den Mund, um ein Lachen zu unterdrücken. Jack hatte ihren Hund gefressen.
    »Willst du damit sagen, dass sie - du hast - oh Mann! Du bist so ein Idiot!«
    »Ich konnte nichts dagegen tun. Ich hab dir doch gesagt, was mit mir los ist. Du hättest sie nicht nach draußen lassen dürfen.«
    »Hast du überhaupt irgendeine Vorstellung, was dieser Hund gekostet hat?«
    »Oh ja, eine Runde Mitleid ...«
    »Und was soll ich jetzt der Erzeugerfraktion erzählen? Mom, Dad, Jack ist ein Werwolf, und jetzt kommt's: Wisst ihr, warum Chloe verschwunden ist? Jack hat sie gefressen.«
    »Du erzählst ihnen gar nichts!«, zischte Jack. »Außerdem glaube ich sowieso, dass es vorbei ist. Ich glaube, ich hab ein Heilmittel gefunden.«
    Ich runzelte die Stirn.
    »Ein Heilmittel?«, fragte Isabel tonlos. »Wie heilt man denn bitte schön jemanden davon, ein Werwolf zu sein?«
    »Zerbrich dir nicht dein blondes Köpfchen darüber. Ich muss -gib mir einfach noch ein paar Tage, dann weiß ich mehr. Wenn ich mir sicher bin, erzähl ich dir alles.« »Na gut. Von mir aus. Mann, ich kann immer noch nicht glauben, dass du Chloe gefressen hast!«
    »Kannst du bitte mal damit aufhören? Das nervt langsam.«
    »Egal. Was ist denn mit den anderen? Es gibt doch welche, oder? Kannst du die nicht dazu bringen, dir zu helfen?«
    »Isabel, halt den Mund. Ich hab's dir doch gesagt. Ich glaube, ich hab was gefunden. Ich brauche keine Hilfe.«
    »Glaubst du nicht -«
    Ein Geräusch, hart und irgendwie fehl am Platz. Ein durchgebrochener Zweig? Ein Schlag?
    Isabels Stimme klang irgendwie verändert, als sie weiterredete. Nicht mehr so fest. »Pass einfach auf, dass sie dich nicht sehen, okay? Mom hat eine Therapie angefangen - deinetwegen - und Dad ist gar nicht in der Stadt. Ich muss jetzt wieder in die

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