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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Schule. Ich kann's echt nicht glauben, dass du mich hierherzitiert hast, nur um mir zu sagen, dass du meinen Hund gefressen hast.«
    »Ich hab dich angerufen, weil ich dir sagen wollte, dass ich ein Heilmittel gefunden hab. Überschlag dich nur nicht vor Begeisterung.«
    »Das ist super. Ganz toll. Bis dann!«
    Kaum einen Augenblick später hörte ich Isabels Geländewagen die Auffahrt hinunterrasen und ich zögerte wieder. Ich war nicht gerade wild darauf, einem neuen Wolf ohne Selbstkontrolle gegenüberzutreten, bevor ich ihn nicht besser kannte; doch vor allem musste ich ganz dringend entweder zurück ins Auto oder in die Wärme des Hauses. Und das Haus war näher. Langsam schlich ich mich an die Rückseite des Hauses heran und versuchte, lauschend herauszufinden, wo genau Jack sich befand. Nichts. Er musste hineingegangen sein.
    Ich näherte mich der Tür, durch die ich noch vor ein paar Tagen eingebrochen war - das Fenster war schon repariert und drehte den Türknauf. Offen. Wie aufmerksam.
    Drinnen hörte ich gleich Jack herumpoltern - in der Stille des ansonsten leeren Hauses kam es mir ziemlich laut vor - und ich lief auf Zehenspitzen durch einen schummrigen Flur bis in eine lang gezogene Küche mit hoher Decke. So weit man sehen konnte, war die gesamte Küche von den Fliesen an der Wand bis zur Arbeitsplatte in Schwarz-Weiß gehalten. Das klare weiße Licht, das durch die zwei Fenster in der rechten Wand fiel, wurde von den weißen Wänden reflektiert und verlor sich in den schwarzen Töpfen und Pfannen, die von einer Halterung an der Decke hingen. Es war, als gäbe es nichts in diesem Raum, was nicht schwarz oder weiß war.
    Da war mir die Küche bei Grace zu Hause viel lieber - warm, ein bisschen unordentlich, der Duft von Zimt, Knoblauch und Brot in der Luft - als dieser gigantische, sterile Raum.
    Jack kauerte mit dem Rücken zu mir vor dem imposanten Edelstahlkühlschrank und wühlte sich durch die Fächer. Ich erstarrte, aber er kramte so geräuschvoll zwischen den Lebensmitteln herum, dass er mein Kommen noch gar nicht bemerkt hatte. Es gab keinen Wind, der meinen Geruch zu ihm geweht hätte, und so stand ich eine geschlagene Minute da, die ich nutzte, um über ihn und meine Möglichkeiten nachzudenken. Er war groß, mit breiten Schultern und schwarzem, gelocktem Haar, wie eine griechische Statue. Etwas in seinem Gebaren verriet mir, dass er eher zu selbstsicher war, und aus irgendeinem Grund machte mich das wütend. Ich schluckte ein Grollen hinunter und glitt durch die Tür, dann kletterte ich lautlos auf die Küchentheke auf der anderen Seite des Raumes. Von hier oben aus wäre ich Jack gegenüber etwas im Vorteil, falls er aggressiv werden sollte.
    Er trat vom Kühlschrank zurück und ließ einen Armvoll Lebensmittel auf die glänzende Oberfläche der Kücheninsel fallen. Ein paar Minuten lang, die mir ewig erschienen, sah ich ihm dabei zu, wie er sich ein Sandwich konstruierte. Sorgfältig bestrich er die Brotscheiben mit Mayonnaise und schichtete Wurst und Käse darauf. Dann sah er auf.
    »Verdammt!«, rief er aus.
    »Hi«, erwiderte ich.
    »Was willst du?« Er sah nicht aus, als hätte er Angst; ich hatte einfach nicht die Statur, um allein durch mein Erscheinungsbild jemanden einzuschüchtern.
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Seit ich seine Unterhaltung mit Isabel belauscht hatte, gab es andere Dinge, die mich mehr interessierten. »Wie soll denn dieses Heilmittel funktionieren?«
    Jetzt bekam er Angst. Nur einen Augenblick lang, dann war der Ausdruck wieder verschwunden, verdrängt von seinem arrogant vorgeschobenen Kinn. »Wovon redest du?«
    »Du glaubst also, du hättest ein Heilmittel gefunden. Wie kommst du darauf?«
    »Okay, Mann. Wer bist du?«
    Ich konnte ihn wirklich nicht leiden. Warum, wusste ich nicht; ich fühlte es einfach tief in mir - ich konnte ihn nicht leiden. Wenn ich nicht geglaubt hätte, dass er eine Gefahr für Grace, Olivia und Isabel darstellte, hätte ich wahrscheinlich keine Sekunde mit ihm verschwendet und ihn seinem Schicksal überlassen. Aber durch meine Abneigung gegen ihn fiel es mir auch leichter, ihn zur Rede zu stellen. Es fiel mir leichter, den Typen zu spielen, der alle Antworten kannte.
    »Einer wie du. Einer der gebissen worden ist.« Er sah aus, als wollte er protestieren, aber ich hob die Hand und ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. »Falls du jetzt mit so was wie >Hey, du hast den Falschen erwischt< anfangen willst, spar dir das.

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