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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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sagte eine fremde Stimme am anderen Ende. Ich Trottel. Ich hatte Sams Handy vom Nachttisch genommen und nicht meins. Zwei Sekunden lang überlegte ich, was ich tun sollte. Ich zog in Erwägung, das Handy einfach zuzuklappen, aber das konnte ich nicht.
    »Nein«, erwiderte ich schließlich. »Nicht Sam.«
    Die Stimme klang freundlich, aber ich meinte auch, ein bisschen Nervosität darin zu hören. »Entschuldigung, da muss ich mich wohl verwählt haben.«
    »Nein«, sagte ich wieder, bevor er auflegen konnte. »Das hier ist Sams Telefon.«
    Ein langes, angespanntes Schweigen folgte, dann: »Ach.« Wieder Schweigen. »Du bist das Mädchen, stimmt's? Das in meinem Haus gewesen ist?«
    Ich überlegte kurz, was es bringen könnte, das einfach abzustreiten, aber mir fiel nichts ein. »Ja.«
    »Hast du auch einen Namen?«
    »Haben Sie einen?«
    Er lachte auf, ein kurzer, bitterer Laut, aber nicht unfreundlich. »Ich glaube, ich mag dich. Ich bin Beck.«
    »Dachte ich mir schon.« Ich drehte mich ein bisschen weg von Sam, der noch immer tief und gleichmäßig atmete; wahrscheinlich dämpften seine Arme, die über seinem Kopf lagen, meine Stimme. »Was haben Sie gemacht, dass er so sauer auf Sie ist?«
    Wieder ein kurzes Lachen. »Also ist er immer noch böse auf mich?«
    Ich dachte rasch nach, was ich antworten sollte. »Im Moment nicht. Er schläft. Kann ich ihm was ausrichten?« Ich starrte auf das Display und versuchte, mir Becks Nummer einzuprägen.
    Wieder herrschte Schweigen am anderen Ende, so lange, dass ich schon dachte, Beck hätte aufgelegt, doch dann atmete er vernehmlich aus. »Einer seiner ... Freunde ist verletzt. Meinst du, du könntest ihn wecken?«
    Einer der anderen Wölfe. Es konnte kein anderer sein. Ich kroch tiefer unter die Decke. »Oh, natürlich. Klar, ich wecke ihn.«
    Ich legte das Telefon hin und schob sanft Sams Arm zur Seite, sodass ich sein Ohr und die eine Seite seines Gesichts sehen konnte. »Sam, wach auf. Telefon. Es ist wichtig.«
    Er drehte den Kopf und ich sah, dass seine gelben Augen schon offen waren. »Stell es auf Lautsprecher.«
    Das tat ich, dann legte ich es auf meinen Bauch, sodass die Kameralinse einen kleinen blauen Lichtkreis auf mein Trägertop warf.
    »Was ist los?« Sam stützte sich auf einen Ellbogen und verzog das Gesicht, als er merkte, wie kalt es war. Er zog die Decken um uns herum und baute damit ein Zelt um das Telefon.
    »Paul wurde angegriffen. Richtig in Fetzen gerissen, es geht ihm ziemlich dreckig.«
    Sams Mund formte ein kleines o. Ich glaube nicht, dass er darüber nachdachte, wie sein Gesicht aussah - seine Augen wirkten abwesend, er war weit weg, bei seinem Rudel. »Konntet ihr - habt ihr -blutet er noch? War er ein Mensch?«
    »Ein Mensch, ja. Ich hab versucht, aus ihm herauszubekommen, wer es war - damit ich die Schweine umbringen kann. Ich dachte ... Sam, ich dachte wirklich, ich müsste dich anrufen, um dir zu sagen, dass er tot ist. Es war so schlimm. Aber ich glaube, es verheilt langsam. Weißt du, das waren lauter kleine Bisse, überall, an seinem Hals, an den Handgelenken, am Bauch, es war, als ob -«
    »- als ob jemand wusste, wie man ihn töten kann«, vollendete Sam den Satz.
    »Es ist ein Wolf gewesen«, redete Beck weiter. »So viel konnten wir aus ihm herauskriegen.«
    »Einer von deinen Neuen?«, knurrte Sam, überraschend aggressiv.
    »Sam.«
    »Kann es so gewesen sein?«
    »Sam. Nein. Die sind alle im Haus.«
    Sam war immer noch angespannt neben mir, und ich versuchte mir einen Reim darauf zu machen, was der Satz »Einer von deinen Neuen« wohl bedeuten mochte. War Jack nicht der einzige Neue?
    »Kommst du her?«, fragte Beck. »Kannst du? Oder ist es zu kalt?«
    »Ich weiß nicht.« Daran, wie sich Sams Mund verzog, erkannte ich, dass er damit nur auf die erste Frage geantwortet hatte. Was immer es war, das zwischen ihm und Beck stand, es schien immens zu sein.
    Becks Stimme änderte sich, er klang nun sanfter, jünger, verletzlicher. »Bitte sei mir nicht mehr böse, Sam. Das halte ich nicht aus.«
    Sam drehte den Kopf vom Telefon weg.
    »Sam«, sagte Beck leise.
    Ich fühlte Sam neben mir erschaudern, er schloss die Augen.
    »Bist du noch da?«
    Ich sah Sam an, doch er sagte immer noch nichts. Ich konnte mir nicht helfen - Beck tat mir leid. »Ich bin noch da«, sagte ich.
    Lange Zeit hörte man nichts, noch nicht einmal Rauschen oder andere kleine Störungen, und ich dachte, Beck hätte aufgelegt. Dann fragte er, sehr langsam und

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