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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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immer ein Wolf. Wenn es das war, was dich geheilt hat, dann liegt es daran, dass du noch so klein warst und wahnsinnig hohes Fieber hattest, das dich von innen her förmlich verbrannt hat.«
    »Wir könnten doch dafür sorgen, dass du auch Fieber bekommst«, fiel mir plötzlich ein. Doch noch während ich es aussprach, schüttelte ich den Kopf. »Aber es gibt, glaube ich, kein Medikament, das die Körpertemperatur steigen lässt.«
    »Es gäbe da eine Möglichkeit«, sagte Isabel, die immer noch in der Tür stand. Ich sah zu ihr hinüber. An den Türrahmen gelehnt, stand sie da, die Arme verschränkt, ihre Pulloverärmel ganz verdreckt von dem, was auch immer sie hatte tun müssen, um Sam aus dem Schuppen zu befreien. »Meine Mom arbeitet zwei Tage die Woche in einer Wohlfahrtsklinik und sie hat was von einem Typen erzählt, der 42 Grad Fieber hatte. Der hatte Meningitis.«
    »Was ist aus ihm geworden?«, fragte ich. Sam ließ meine Hand los und drehte den Kopf weg.
    »Er ist gestorben.« Isabel zuckte mit den Schultern. »Aber ein Werwolf würde das vielleicht nicht. Vielleicht bist du deswegen als Kind nicht draufgegangen. Weil du gebissen wurdest, kurz bevor dein Trottel von Vater dich im Auto hat schmoren lassen.«
    Sam kam neben mir schwankend auf die Beine und fing an zu husten.
    »Verdammt, nicht auf den Teppich!«, rief Isabel.
    Ich sprang auf, als Sam sich mit den Händen auf die Knie stützte und würgte, ohne sich jedoch zu erbrechen. Dann drehte er sich zu mir um, ganz zittrig, und irgendetwas in seinem Blick ließ meinen Magen nach unten sacken.
    Das ganze Zimmer stank nach Wolf. Einen benommenen Augenblick lang waren da nur Sam und ich, mein Gesicht in seinem Pelz vergraben, tausend Meilen von hier.
    Sam kniff die Augen eine Sekunde lang zu, und als er sie wieder öffnete, sagte er: »Entschuldige. Grace - ich weiß, das ist sehr viel verlangt, aber können wir zu Beck fahren? Ich muss ihn noch einmal sehen, falls das hier -« Er stockte.
    Aber ich wusste, was er hatte sagen wollen. Falls das hier das Ende war.

  Kapitel 52 - Grace (2°C)
    N achts zu fahren, hatte mich schon immer beunruhigt, besonders, wenn es auch noch bewölkt war. Es war, als ob die niedrige Wolkendecke nicht nur den Mond verborgen hielt, sondern auch meinen Scheinwerfern jegliche Kraft nahm und ihr Licht aufsaugte, sosehr sie auch versuchten, die Dunkelheit zu durchbrechen. Jetzt, mit Sam, hatte ich das Gefühl, durch einen dunklen Tunnel zu fahren, der sich immer mehr verengte. Der Hagel trommelte auf die Windschutzscheibe; ich klammerte mich mit beiden Händen ans Lenkrad, wenn die Reifen keinen Halt auf der glatten Straße fanden.
    Die Heizung war bis oben aufgedreht und Sam sah etwas besser aus - das wollte ich zumindest glauben. Isabel hatte seinen Kaffee in einen Reisebecher umgefüllt und ich hatte ihn gezwungen, trotz seiner Übelkeit etwas davon zu trinken. Er schien auch zu helfen, zumindest mehr als die Wärme von außen. Ich nahm das als Untermauerung unserer neuen Theorie von der inneren Hitze.
    »Ich hab über eure Theorie nachgedacht«, sagte Sam, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Da ist schon einiges dran. Aber man bräuchte etwas, was Fieber verursacht - vielleicht wirklich Meningitis, wie Isabel gesagt hat und das wird sicher ziemlich unangenehm.«
    »Abgesehen vom Fieber an sich, meinst du?«
    »Ja, abgesehen davon. Gefährlich unangenehm, meine ich. Besonders, wenn man bedenkt, dass man ja vorher nicht gerade einen Tierversuch machen kann, um zu sehen, ob es funktioniert.« Sam warf mir einen flüchtigen Blick von der Seite zu, wie um sich zu vergewissern, dass ich den Witz auch verstanden hatte.
    »Ich lach mich tot.«
    »Besser als gar nichts.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Sam streckte die Hand aus und strich mir über die Wange. »Ich bin aber bereit, es auszuprobieren. Für dich. Damit ich bei dir bleiben kann.«
    Wie er das sagte, so schlicht, so ungekünstelt, dauerte es einen Augenblick, bis ich die volle Tragweite der Aussage begriff. Ich wollte antworten, aber es war, als hätte es mir komplett den Atem verschlagen.
    »Ich will das nicht mehr, Grace. Es genügt mir nicht mehr, dich aus dem Wald zu beobachten, jetzt nicht mehr, nachdem ich mit dir zusammen war - richtig zusammen war. Ich kann nicht mehr einfach nur zusehen. Da geh ich lieber das Risiko ein ...«
    »Zu sterben?«
    »Ja, zu sterben - als zuzusehen, wie mir all das hier wieder entgleitet. Das kann ich nicht, Grace. Ich will es

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