Nach Dem Sommer
Autounfall. Ein Hirsch.«
»Mein Gott! Wo seid ihr? Läuft das Auto noch?«
»Zu weit weg. Wir haben schon die Polizei gerufen. Aber der Motor ist hin.« Sam ließ Beck einen Moment Zeit, um zu verstehen, was er meinte. »Beck, es tut mir leid, dass ich nicht vorbeigekommen bin. Es gibt so viel, was ich dir sagen will -«
»Nein, hör du mir erst zu, Sam. Diese Neuen, ich möchte, dass du weißt, dass ich sie angeworben habe. Sie haben alles gewusst, die ganze Zeit. Ich hab es nicht gegen ihren Willen getan. Nicht wie bei dir. Es tut mir so leid, Sam. Es hat mir all die Jahre leidgetan.«
Ich verstand kein Wort von dem, was Beck da sagte, aber Sam offensichtlich schon. Seine Augen glänzten feucht und er blinzelte. »Mir tut es nicht leid. Ich liebe dich, Beck.«
»Ich dich auch, Sam. Du bist der Beste von uns allen, und das wird auch immer so bleiben.«
Sam schauderte, das erste Zeichen, dass die Kälte ihn angriff. »Ich muss auflegen«, sagte er. »Mir bleibt keine Zeit mehr.«
»Mach's gut, Sam.«
»Du auch, Beck.«
Sam nickte mir zu und ich drückte auf Auflegen.
Einen Moment saß er nur still da und blinzelte. Dann schüttelte er Decke und Mantel ab, sodass seine Arme frei waren und er sie um mich schlingen konnte, so fest es ging. Ich spürte, wie er in meinen Armen bibberte, als er sein Gesicht in meinem Haar vergrub.
»Geh nicht, Sam«, bat ich sinnloserweise.
Sam nahm mein Gesicht zwischen beide Hände und sah mich an. Seine Augen waren gelb, traurig, wölfisch, mein. »Die bleiben, wie sie sind. Denk daran, wenn du mich ansiehst. Denk daran, dass ich es bin. Bitte.«
Bitte geh nicht.
Sam ließ mich los und breitete die Arme aus, krallte sich mit einer Hand am Armaturenbrett fest, mit der anderen an seinem Sitz. Er neigte den Kopf und ich sah seine Schultern pulsieren und beben, sah das stille Leid der Verwandlung bis hin zu dem leisen, furchtbaren Schrei, als er sich verlor.
Kapitel 53 - Sam (1°C)
C rashing into the trembling void
stretching my hand to you
losing myself to frigid regret
is this fragile love
a way
to say
good-bye
Kapitel 54 - Grace (0°C)
A ls die Rettungssanitäter kamen, lag ich zusammengerollt auf dem Beifahrersitz unter einem Haufen Mäntel, das Gesicht in den Händen vergraben. »Miss, ist alles in Ordnung?«
Ich antwortete nicht, sondern ließ nur die Hände in meinen Schoß sinken und betrachtete meine Finger, die mit Blut und Tränen verschmiert waren. »Miss, sind Sie allein?« Ich nickte.
Kapitel 55 - Sam (0°C)
I ch beobachtete sie, wie ich es immer getan hatte.
Meine Gedanken waren flüchtig, entschlüpften mir immer wieder, schwache Düfte im eisigen Wind, zu weit weg, um sie einzufangen.
Zusammengekauert saß sie am Waldrand bei der Schaukel, bis die Kälte sie schüttelte, doch selbst dann ging sie nicht. Lange Zeit war mir nicht klar, was sie dort tat.
Ich sah ihr zu. Ein Teil von mir wollte zu ihr gehen, auch wenn mein Instinkt dagegen aufbegehrte. Dieses Bedürfnis entfachte in mir einen Gedanken, entfachte die Erinnerung an einen goldenen Wald, an Tage, die um mich hertrieben und zu Boden fielen, die still und welk auf der Erde lagen.
Dann verstand ich, was sie dort tat, zusammengesunken und zitternd in der gnadenlosen Kälte. Sie wartete. Wartete darauf, dass die Kälte sie in eine andere Gestalt zwang. Vielleicht war der ungewohnte Geruch, den ich an ihr wahrnahm, Hoffnung.
Sie wartete darauf, sich zu verwandeln, und auch ich wartete darauf, mich zu verwandeln. Beide wünschten wir uns das, was wir nicht haben konnten.
Schließlich verhüllte die Nacht den Garten, verlängerte die Schatten und zog sie mit sich aus dem Wald, bis sie die ganze Welt bedeckten.
Ich beobachtete sie.
Die Tür ging auf. Ich wich zurück in die Dunkelheit. Ein Mann kam heraus, zerrte das Mädchen vom Boden hoch. Das Licht aus dem Haus glitzerte auf den frostigen Spuren in ihrem Gesicht.
Ich beobachtete sie. Die Gedanken, so vage, entglitten mir, nun da sie fort war. Nur eins blieb, nachdem sie im Haus verschwunden war: die Sehnsucht.
Kapitel 56 - Grace (1°C)
A m schwersten zu ertragen war das Heulen.
So unerträglich die Tage auch waren, die Nächte waren schlimmer; wie betäubt verbrachte ich die Tage damit, mich für eine weitere Nacht zu wappnen, in der ihr Heulen die Dunkelheit durchschnitt. Ich lag im Bett und hielt sein Kissen umschlungen, bis nichts mehr von seinem Geruch darin übrig war. Ich schlief in seinem Sessel in Dads Büro,
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