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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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formell gekleidet, wahrscheinlich hatte er einen Termin mit irgendeinem reichen Investor, dem er eine Immobilie verkaufen wollte. »Ich bin um halb neun mit Ralph im Büro verabredet. Wegen der Wyndhaven-Apartments.«
    Aus verschlafenen Augen blinzelte ich ihn an. Mein ganzer Körper war noch klebrig und träge vom Schlaf. »Sprich mich am besten noch nicht an, ja? Ich bin noch gar nicht wach.«
    Durch den schläfrigen Nebel hindurch merkte ich, wie sich mein Gewissen regte, und ich fühlte mich schlecht, weil ich nicht freundlicher zu ihm war. Ich hatte ihn seit Tagen nicht gesehen, geschweige denn mich richtig mit ihm unterhalten. Sam und ich hatten die letzte Nacht damit verbracht, über den seltsamen Raum voller ausgestopfter Tiere bei den Culpepers zu reden, und die Frage, wo Jack wohl als Nächstes auftauchen würde, hatte uns aufgerieben wie ein kratziger Pullover. Dieser normale Morgen mit Dad war einfach eine zu abrupte Rückkehr in mein Leben vor Sam.
    Dad hielt die Kaffeekanne hoch. »Willst du auch welchen?«
    Ich formte eine Mulde mit den Händen und streckte sie ihm entgegen. »Gieß ihn einfach hier rein, dann kann ich ihn mir ins Gesicht spritzen. Wo ist denn Mom?« Ich hörte sie oben gar nicht herumpoltern. Wenn Mom sich fertig machte, um das Haus zu verlassen, ging das normalerweise mit einer ganzen Menge undefinierbarem Rumpeln und Schuhgeklapper im Schlafzimmer einher.
    »In irgendeiner Galerie in Minneapolis.«
    »Warum denn schon so früh? Ist ja praktisch noch gestern.«
    Dad antwortete nicht, er sah über meinen Kopf zum Fernseher hinüber, aus dem gerade eine morgendliche Talkshow quäkte. Einer der Gäste der Show, ganz in Kaki, saß inmitten von Kisten und Käfigen voller verschiedenster Tierbabys. Das erinnerte mich sofort wieder an das Zimmer bei den Culpepers, von dem Sam mir erzählt hatte. Dad runzelte die Stirn, als einer der beiden Moderatoren mit einem gequälten Lächeln ein kleines Opossum streichelte, das unwillig fauchte. Ich räusperte mich. »Dad. Hier bin ich. Gib mir eine volle Kaffeetasse oder ich sterbe, hier auf der Stelle. Und ich mache die Schweinerei dann bestimmt nicht weg.«
    Dad, der immer noch gebannt auf den Fernseher starrte, tastete im Schrank nach einem Becher. Seine Finger fanden meine Lieblingstasse - eine drosseleiblaue, die eine von Moms Freundinnen getöpfert hatte - und schob sie mir zusammen mit der Kaffeekanne über den Tresen zu. Der Dampf stieg mir ins Gesicht, als ich mir eingoss.
    »Und, Grace, wie läuft's in der Schule?«, fragte ich mich selbst.
    Dad nickte und sah dem Koalababy zu, das jetzt auf dem Schoß des Talkshowgasts herumzappelte.
    »Oh, ganz gut«, redete ich weiter, und Dad murmelte etwas, als wollte er das bestätigen. »Nichts Besonderes, wenn man von der Ladung Pandabären absieht, die letzte Woche angekommen ist, und von den Lehrern, die uns an eine Horde von Kannibalen verfüttern wollen -« Ich hielt kurz inne, um zu sehen, ob ich schon seine Aufmerksamkeit erregt hatte, und machte dann weiter. »Das ganze Gebäude hat Feuer gefangen und ich hab die Theaterprüfung verhauen und außerdem natürlich Sex, Sex, Sex, Sex.«
    Dads Blick wurde plötzlich klar, er drehte sich zu mir um und zog die Stirn kraus. »Was, sagtest du, bringen sie euch da in der Schule bei?«
    Na ja, immerhin hatte er mehr vom Anfang meiner Ausführungen mitbekommen, als ich erwartet hatte. »Nichts Besonderes. In Englisch schreiben wir gerade Kurzgeschichten. Das ist echt schrecklich. Mir fehlt einfach jegliches Talent zum literarischen Schreiben.«
    »Literatur über Sex?«, fragte er misstrauisch.
    Ich schüttelte den Kopf. »Geh zur Arbeit, Dad. Du kommst noch zu spät.«
    Dad kratzte sich am Kinn; er hatte beim Rasieren ein Barthaar übersehen. »Da fällt mir ein, ich muss ja Tom diesen Reiniger zurückbringen. Weißt du, wo der ist?«
    »Du musst wem was zurückbringen?«
    »Den Waffenreiniger. Ich dachte, ich hätte ihn hier auf die Theke gelegt. Oder vielleicht hier unten -« Er kauerte sich hin und fing an, den Schrank unter der Spüle zu durchwühlen.
    Ich runzelte die Stirn. »Wofür brauchst du denn Waffenreiniger?«
    Er deutete in Richtung seines Büros. »Für mein Gewehr.«
    In meinem Kopf gingen gleich mehrere Alarmglocken los. Ich wusste, dass mein Vater ein Gewehr besaß, es hing an der Wand in seinem Büro. Aber ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er es jemals gereinigt hatte. Waffen reinigte man, nachdem man sie benutzt hatte,

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