Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
Vom Netzwerk:
alle anderen auch«, sagte er.
    »Nee, ich glaube, es ist mehr als das.«
    »Weißt du noch, wie sie mich umbringen wollte? Weißt du das nicht mehr?«
    Evan lachte. »Doch, weiß ich noch. Aber sie hat es gar nicht so gemeint. Ich hab dir doch gesagt, wir wussten gar nicht, was wir tun. Wir wurden losgeschickt.«
    »Du hast mir gesagt, du hast es nicht gewollt. Du hast nicht ›wir‹ gesagt.«
    »Ja, aber du weißt es ja. Wie auch immer, wahrscheinlich bist du doppelt so alt wie sie.«
    »So weit würde ich nicht gehen.«
    »Vielleicht ja doch.«
    »Wie alt ist sie denn?«
    Evan zuckte mit den Schultern. »Achtzehn?«
    »Aber du weißt es nicht genau.«
    »Ich hab sie nie gefragt.«
    »Wie alt, glaubst du, bin ich?«
    »Ungefähr doppelt so alt wie sie.«
    Cohen schüttelte den Kopf. »Jetzt hast du mich aber drangekriegt.«
    Brisco stand auf und vollführte Schattenspiele vor der Wand, streckt die Arme aus und tat so, als wäre er ein Raubvogel.
    »Magst du sie?«, fragte Evan.
    »Nein. Eigentlich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Einfach so.«
    »Das ist keine Antwort«, erwiderte Evan eingeschnappt. Er wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und stellte die Dose mit den grünen Bohnen auf den Boden. »Es kam mir nur so vor …«, begann er und brach dann ab.
    »Kam dir vor wie was?«
    »Ach nichts.«
    »Was ist los?«
    »Kommt mir wie ein Wunder vor, dass jemand hier unten einen anderen findet. Vor allem du.«
    Cohen trank sein Bier und dachte über seine Antwort nach.
    »Niemand hat irgendjemanden gefunden. Niemand sucht irgendjemanden. Ich schätze, wir haben noch vierzig Meilen vor uns, und dann trennen sich unsere Wege.«
    »Glaubst du?«
    »Was denkst du jetzt?«
    »Dass wir alle unserer Wege gehen.«
    Auf dem Boden neben Cohen standen zwei weitere Dosen Bier. Er nahm eine und reichte Evan die andere.
    Evan nahm sie und nickte. »Was hast du früher gemacht?«
    »Gemacht?«
    »Ja, was hast du gearbeitet oder so.«
    »Ich habe Häuser gebaut, als Zimmermann. Ich hab ’ne ganze Menge Häuser gebaut, die jetzt alle Schrott sind.«
    »Und wie hast du das gelernt?«
    »Mein Vater war auch Zimmermann. Ich hab irgendwann im Sommer angefangen, mit ihm zu arbeiten. Da war ich wohl so alt wie du. Und so hab ich’s gelernt.«
    Evan dachte eine Weile nach und nippte an seinem Bier. »Ich glaube, das könnte mir gefallen. Draußen sein und so. Jeden Tag was schaffen. Magst du das auch?«
    »Ja«, sagte Cohen. »Ich hab es gemocht. Ich hab sogar weitergemacht, als dieser ganze Mist angefangen hat.«
    »Du meinst dieses Ding hinter deinem Haus.«
    Cohen nickte. »Dieses Ding.«
    Es kam ihm völlig dämlich vor, dass er geglaubt hatte, er könnte das Zimmer zu Ende bauen.
    »Lass uns lieber übers Wetter reden«, sagte Cohen.
    »Okay, ich schätze, es wird morgen regnen.«
    »Es regnet jetzt schon«, sagte Brisco und machte einen Schatten, der wie ein Krokodilmaul aussah.
    »Wie gut, dass wir ein Farmhaus haben«, sagte Cohen. »Sogar mit Badewanne, fließend Wasser und einer Küche.«
    »Schade, dass kein Feuerholz da ist«, sagte Evan.
    »Das stimmt.« Cohen dachte eine Weile nach, stellte das Bier ab und sagte, vielleicht gibt es ja welches. Kommt mal und nehmt die Lampen mit. Sie gingen in eins der anderen Zimmer, wo der Fußboden sich wölbte. Evan hielt die Lampe, Cohen stellte sein Bier ab, schob die Hände unter eine der Holzplanken und zog daran. Es löste sich sofort. Und als die erste Bohle heraus war, konnte er die anderen viel leichter abnehmen. Wenige Minuten später hatten sie die Hälfte der Holzbohlen rausgenommen und übereinandergelegt. Evan gab Brisco die Lampe. Zusammen mit Cohen trug er die Holzbohlen ins vordere Zimmer, wo der Kamin war. Sie warfen das Holz neben der Feuerstelle auf den Boden.
    »Meinst du, das Haus könnte abbrennen, wenn wir da ein Feuer machen?«, fragte Evan.
    Cohen kniete sich hin und sagte, komm mal mit dem Licht her, Brisco. Der Junge trat neben ihn und leuchtete. Cohen ließ seine Hand über den Backsteinsockel des Kamins gleiten und prüfte, ob der Mörtel nachgab. Als er keine kaputten Stellen fand, sagte er: Wir können es zumindest versuchen. Und das taten sie dann. Die Fußbodenplanken waren aus Eichenholz und brannten leicht. Zu dem Zeitpunkt, als die Frauen nach unten kamen, mit nassen Haaren und leuchtenden Gesichtern, war der Raum sanft erleuchtet und warm, und niemand machte sich Gedanken darüber, dass sie auf diese Weise das Haus abbrannten, das ihnen Schutz

Weitere Kostenlose Bücher