Nach der Hölle links (German Edition)
Marathon für Triton kein Problem. Doch was, wenn er alt und die Treppe zum unüberwindbaren Hindernis wurde? Bei großen Rassen konnte man sich nie sicher sein, ob sie nicht irgendwann Probleme mit den Gelenken bekamen. Ein Kuvasz war kein Hund, den man vier Mal am Tag durch den Flur nach unten trug.
Viel schwerwiegender wog jedoch Andreas’ Sorge, eines Tages wieder ins Krankenhaus zu müssen und nicht zu wissen, wo Triton bleiben sollte. Und was passierte, wenn es ihm zu schlecht ging, um das Haus zu verlassen?
Es kam nicht oft vor, aber mit einem Hund war es unmöglich, sich 24 Stunden lang im Schlafzimmer zu verbarrikadieren und die Welt auszusperren. Sollte Triton aufs Parkett pinkeln?
Nein. Auch, wenn Andreas den Gedanken herrlich fand, seinen vierbeinigen Kumpel zu sich zu holen, musste er schweren Herzens verzichten.
Die Tierärztin erwartete sie bereits in ihrem Sprechzimmer. Genau wie befürchtet wollte Triton sich nicht mehr bewegen, sobald sie die Praxis betreten hatten. Nur mit viel Mühe und gutem Zureden gelang es Andreas, den steifen Hund vorwärts zu schieben. Nach jedem anderen Mitarbeiter hätte er längst geschnappt. Nicht tief, aber als deutliche Warnung, dass er richtig zubeißen würde, wenn man ihn weiterhin ärgerte.
Dr. Toczek war eine einsilbige, aber nichtsdestotrotz freundliche Person, die sich ihren eigenen Worten nach den falschen Beruf ausgesucht hatte. Nicht, weil sie Tiere nicht liebte, sondern weil es ihr mit ihrem feinen Knochenbau unmöglich war, schwere Hunde auf den Behandlungstisch zu heben. Bei einer ihrer ersten Begegnungen hatte sie scherzhaft zu Andreas gesagt: »Als Landtierärztin, die Fohlen und Kälber auf die Welt bringen muss, würde ich verhungern.«
Die Ärztin warf den Neuankömmlingen einen kurzen Blick zu. Sie lächelte schief. »Na, Triton? Ohne Maulschlinge wird das nichts, oder?« Anschließend wandte sie sich an Andreas. »Kannst du ihn auf den Tisch schaffen? Karen meinte, er schlackert mit den Ohren. Ich will mir das kurz anschauen. Am Boden ist es mir zu eng.« Für ihre Verhältnisse war das eine lange Rede, und sie hatte recht. Mit drei Personen und Hund konnte man sich in dem schmalen Sprechzimmer kaum umdrehen.
Triton hielt nicht viel davon, auf den glänzenden Metalltisch gehoben zu werden. Er setzte jedes seiner knapp sechzig Kilogramm ein, um sich gegen Andreas’ Griff zu wehren. Dass Mandy ihm blitzschnell die Maulschlinge über die Schnauze schob, entlockte ihm ein grollendes Knurren.
Angst hatte keiner von ihnen, aber Andreas empfand tiefstes Mitgefühl für Triton. Er konnte ihn unter seinem Arm beben spüren, als der Kuvasz mit steifen Beinen und unter den Bauch gezogener Rute vor Dr. Toczek stand. Die Tierärztin gab sich Mühe, die Untersuchung so schnell wie möglich abzuschließen. Sorgsam prüfte sie die Ohren, fand jedoch nichts, was Tritons Kopfschlagen erklären konnte.
»Keine Milben. Vermutlich eine neue Marotte«, spekulierte sie und klopfte dem Rüden freundlich die Seite. »Einmal impfen und wir sind durch.«
»Wäre nicht schlecht«, presste Andreas ächzend hervor. Er wagte es nicht, den Griff um Tritons Hals zu lockern. Zu groß war die Gefahr, dass sein Schützling sich losriss und sein Heil in der Flucht suchte. Die Tür zum Sprechzimmer war zwar geschlossen, aber einen strampelnden, mittlerweile ernsthaft unfreundlichen Triton einzufangen und wieder auf den Tisch zu setzen, wollte Andreas sich und allen Anwesenden gern ersparen.
Sowohl Mandy als auch er streichelten den Hund besänftigend, während die Ärztin die Spritze aufzog. Triton setzte sich vor Schreck auf die Hinterbeine, als die Nadel durch seine Haut drang. Seine Lefzen zuckten nach oben. Er warf sich mit aller Gewalt in die andere Richtung, doch damit hatten sie gerechnet. Andreas fing Triton so gut wie möglich ab, und Mandy schob von hinten, damit der Riese nicht vom Tisch fiel.
Dr. Toczek hatte ihre Aufgabe längst verrichtet und zog sich zufrieden zurück. »Das war’s. Gut, dass du im Haus warst, Andreas. Ohne dich geht Triton nicht einmal in die Nähe der Praxis.«
Mandy lachte leise. »Davon, dass wir nicht in der Lage wären, ihn hochzuheben, ganz zu schweigen. Es soll Ponys geben, die weniger wiegen, habe ich gehört.«
»Es ist mehr als das. Du hast eine wirklich gute Hand für Hunde«, nickte Dr. Toczek Andreas zu. »Sie spüren, wem sie vertrauen können.«
»Und wer ein guter Mensch ist«, pflichtete ihre Kollegin ihr bei. Beide
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