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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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machen?« zu bewegen. Dantes Inferno musste neu geschrieben werden.
    »Krieg deinen Hintern hoch, Junge«, sagte Andreas sich streng, nachdem er eine geschlagene Viertelstunde auf den bildlosen Fernseher gestiert hatte. »Einmal aufstehen und du hast stundenlang Ruhe.«
    Er raffte sich auf. Um für möglichst lange Zeit ungestört zu sein, beschloss er, alle notwendigen Erledigungen hinter sich zu bringen. DVD wechseln, ein Gang ins Bad und anschließend in die Küche.
    Andreas betrachtete den Inhalt des Kühlschranks. Ob eine Tiefkühlpizza den Aufwand wert war, in zwanzig Minuten noch einmal aufzustehen? In diesem Augenblick hätte er alles darum gegeben, wieder in der Villa seiner Eltern zu leben und auf Ivanas gutmütiges Wesen und ihre Kochkunst zurückgreifen zu können.
    Er kam gerade zu dem Schluss, dass seine Faulheit den Hunger überwog, als es klingelte. Brummend entschied er, den abendlichen Gast zu ignorieren. Auf unangemeldeten Besuch konnte er verzichten. Das Bedürfnis, sich hinzulegen, trieb Andreas zurück ins Wohnzimmer, als die Türglocke erneut zum Leben erwachte. Dieses Mal drohte sie unter dem Ungestüm des Klingelnden aus der Fassung zu springen. Knurrend machte Andreas kehrt und stelzte in den Flur. Er hieb auf den Auslöser, riss die Tür auf und murrte ins Treppenhaus: »Ich hoffe, es ist wichtig.«
    Wer immer zu ihm wollte, hatte es eilig. Die schnellen Schritte auf den Holztreppen ließen Andreas aufatmen. Seine Eltern würden den Teufel tun, wie angestochen durch das Treppenhaus zu hetzen. Er presste die Lippen zusammen und stützte sich auf den Türknauf.
    Als Saschas wirrer Haarschopf in Sicht kam, kollabierte Andreas’ Atmung bei dem Versuch, erfreut durchzuatmen und zeitgleich erschrocken nach Luft zu schnappen. Er hustete und verfluchte sich stumm. Was hätte er dafür gegeben, wenigstens einmal nicht von widersprüchlichen Empfindungen gejagt zu werden.
    Auf dem letzten Treppenabsatz blieb Sascha stehen und spähte nach oben. Ein dünnes Lächeln kämpfte sich auf sein verschwitztes Gesicht. »Hey, ich dachte, ich schaue mal vorbei. Aber falls es dir nicht passt …«
    Nervös schob Andreas beide Hände in die hinteren Taschen seiner Jeans. Die Verlockung, Sascha fortzuschicken, war groß. Er bezweifelte, dass er in der Lage war, sich einem Abend in gereizter Stimmung zu stellen oder Vorhaltungen anzuhören. Innerlich gab er Sascha einen kleinen Tritt. Wozu gab es Handys? Hätte er nicht anrufen können?
    Plötzlich fiel Andreas etwas auf, das ihn seine eigenen Befindlichkeiten zurückstellen ließ: das Gejagte in Saschas Blick. Er hatte es früher schon gesehen und – was noch wichtiger war – er sah es in diesen Tagen jedes Mal, wenn er im Badezimmer am Spiegel vorbeikam. Es war die Rückspiegelung des Gefühls, nicht zu wissen, wo man hin und an wen man sich wenden sollte.
    In Andreas’ Kopf drehte sich ein Puzzleteil und glitt an seinen angestammten Platz. Plötzlich war es undenkbar, Sascha nicht hereinzulassen. Dafür war Andreas zu neugierig – und zu besorgt.
    Schweigend trat er beiseite und ging mit hochgezogenen Schultern zurück ins Wohnzimmer. Sascha würde ihm bestimmt folgen. Er wollte nicht unhöflich sein, indem er vorging, aber seine Knie waren wenn möglich sogar weicher als zuvor. Ob vor Aufregung oder Angst, wusste er nicht.
    Im Wohnzimmer ließ er sich auf seinen Lieblingsplatz fallen und beobachtete, wie Sascha langsam eintrat und sich gründlich in dem weitläufigen Raum umsah. Ein unbehaglicher Ausdruck stand auf seinem Gesicht und machte Andreas Angst.
    Sollte er etwas zu dem Vorfall am Wochenende sagen? Das schlechte Gewissen drückte in seinem Hinterkopf. War er für Saschas getriebene Miene verantwortlich? Hatte seine Eskapade mit Markus ihn so tief verletzt oder sogar davon überzeugt, dass ihre Freundschaft auf dem absteigenden Ast war?
    Zynisch dachte Andreas, dass er erstaunlich viel Angst hatte, Sascha zu verlieren, wenn man bedachte, wie ungern er ihn in seinem Leben willkommen geheißen hatte. Es war erschreckend, wie schnell es ihm zur lieben Gewohnheit geworden war, von ihm besucht oder angerufen zu werden.
    Sascha schlich mit gekrümmtem Rücken zur Terrassentür und sah nach draußen. Mit einem Finger strich er über den Griff, als suche er nach Staub. Da er schwieg, blieb Andreas Zeit, ihn zum ersten Mal seit der Wiederauferstehung ihres Irgendetwas bewusst zu betrachten. Nicht als Freund, sondern als Mann.
    Die dunklen Haare waren in

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