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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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Zunge zergehen: Meine eigene Mutter verlangt von mir, dass ich meiner Schwester nicht zu nah komme.«
    Andreas musste die Augen schließen. Er brauchte eine Sekunde Dunkelheit um sich herum, um Saschas verletztes Gesicht auszublenden. Da er selbst keine Geschwister hatte, konnte er nicht nachfühlen, was Sascha empfand. Aber er hatte sich immer eine kleine Schwester oder einen großen Bruder gewünscht, einen Alliierten. Ihm war unbegreiflich, warum eine Mutter an dem einzigartigen Band zwischen Geschwistern rütteln wollte.
    Als Andreas die Augen öffnete, sah er, dass Sascha sich auf der anderen Seite der Sitzecke niedergelassen und den Kopf in den Händen vergraben hatte. Er wollte die Hand ausstrecken und ihn zu sich holen. Andreas wollte ihm sagen, dass er sich von seiner Mutter lösen sollte. Aber wie konnte er ihm diesen klugen Rat geben, wenn er es selbst nicht schaffte, über seine familiären Beziehungen hinwegzukommen?
    Um überhaupt etwas zu sagen, murmelte er: »Ich hoffe, du hast sie zum Teufel gejagt.«
    Sascha antwortete dumpf: »Das wäre Wasser auf ihren Mühlen gewesen. Sie ist vor einiger Zeit in so eine dubiose Kirchengeschichte hineingerutscht.«
    Auf Andreas’ Stirn bildeten sich Falten. »Hast du mir nicht mal erzählt, dass der Pfarrer in eurer Gemeinde von der gemäßigteren Sorte war?«
    »Das weißt du noch?«, sah Sascha mit einem traurigen Lächeln auf. »Ja, und genau das macht mir Sorgen. Wenn sich jemand eine neue Gemeinde sucht, weil ihm die eigene nicht radikal genug ist, ist das kein gutes Zeichen.«
    »Vermutlich nicht.«
    Natürlich erinnerte er sich. Er hatte fast ein Jahr damit zugebracht, jede mit Sascha verbrachte Stunde, jedes mit ihm geführte Gespräch auf seine mentale Festplatte zu brennen. Die angenehmen Bilder hatten ihn am Leben gehalten, wenn die brutalen Therapievorgaben ihn umzubringen drohten.
    »Und was ist mir dir los?«, fragte Sascha unvermittelt. Der Zorn war aus seinem Gesicht gewichen und hatte etwas anderem Raum gemacht. »Bist du krank?«
    Andreas zog die Beine an und überkreuzte sie. »Wie kommst du darauf?«
    »Weil draußen ungefähr 75 Grad sind und du eine Wolldecke auf dem Schoß hast.«
    Dieser Logik konnte Andreas sich nicht entziehen. Er bewegte unstet den Kopf. »Okay, ertappt. Nein, nicht krank. Nur ein mieser Tag. Womit wir zu zweit wären, schätze ich.« Er sah auf seine Hände hinab. »Ich hätte mitkommen sollen.«
    »Mitkommen?«
    »Zu Katjas Umzug. Vielleicht hätte deine Mutter sich zurückgehalten, wenn ein Fremder dabei gewesen wäre.«
    Sascha lachte bitter. »Sehr löblich. Aber sie hätte bestimmt einen Weg gefunden, mich allein zu sprechen. Und wenn sie dich mit ihren Fingernägeln an Katjas Zimmertür getackert hätte. Aber ich weiß das Angebot zu schätzen, dich mit mir in die Höhle des Löwen zu begeben.«
    Für Andreas’ Ohren klang Sascha gar nicht dankbar, eher sarkastisch und zutiefst frustriert. Er konnte ihn zu gut verstehen. Es war einer dieser Tage, an denen man am besten den Gully öffnete, in die Kanalisation kroch und sich in einer finsteren Ecke zusammenrollte. Ob Sascha ähnlich empfand? Mit dem einzigen Unterschied, dass er sich keinen dreckigen Abwasserkanal erträumte, sondern den Mann aufsuchte, bei dem er schon früher Schutz gefunden hatte?
    Diese Vorstellung wärmte Andreas den Bauch und ließ ihn einen Vorstoß wagen: »Was hältst du davon, wenn wir versuchen, wenigstens den Abend zu retten? Du weißt schon. Unser altes Rezept. Pizza und Filme.«
    Saschas Kopf ruckte hoch, und Andreas wurde rot. Das alte Rezept beinhaltete eine dritte Komponente: ausgiebigen Körperkontakt.
    »Ich weiß nicht«, entgegnete Sascha zögernd. »Wenn du einen schlechten Tag hattest … ich will mich nicht aufdrängen oder so. Du willst vielleicht lieber allein sein?«
    Nein, will ich nicht, schrie es in Andreas. Ich will kein bisschen allein sein. Hast du eine Ahnung, wie es mir geht? Hast du eine Ahnung, wie sehr ich es vermisst habe, jemanden ganz nah bei mir zu haben?
    Das wütende Aufheulen lange brachliegender Bedürfnisse übertönte die Angst.
    »Nein. Ich freue mich, wenn du bleibst«, sagte Andreas aufrichtig. Das brachte ihm ein kleines, überraschtes Nicken und eine Gänsehaut ein. »Was möchtest du sehen?«
    »Keine Ahnung. Mir egal«, gab Sascha zurück, während er die Schuhe auszog. »Lass einfach laufen, was du eingelegt hast.«
    »Okay. Und die Pizza?«
    »Kann warten«, winkte er ab. »Ich habe noch

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