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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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sanken. Der Stoff von Saschas Hose rieb über seine Shorts. Dann wurde es warm an den Oberschenkeln, an seinem Gesicht, das von zwei Händen umfasst und auf solch niederschmetternd-zärtliche Weise gehalten wurde, dass Andreas keine Luft mehr bekam.
    »Andreas«, wiederholte Sascha sein Mantra. » Mein Andreas.«
    Er neigte den Kopf und küsste ihn. Für den Bruchteil einer Sekunde zuckte Andreas zusammen, bevor die Nervenzellen meldeten: »Oh ja, das ist so lange her. Fühlt sich das nicht gut an? Mehr? Ja, viel mehr. Halt ihn fest. Los, halt ihn sofort fest. Wir wollen es so sehr. Das und das und dies und das, wovon du heimlich träumst.«
    Der Kuss dauerte keine Sekunde und schmeckte nach Whisky. Er war nicht lang genug, um die Augen zu schließen. Doch dafür war nun genug Zeit, denn Sascha beugte sich nach vorn und schmiegte sein Gesicht an Andreas’ Wange: »Ich habe dich so vermisst.«
    Die Worte strömten wie warmer Regen durch Andreas’ Nervensystem. Er wollte daran glauben. Nur für ein paar Augenblicke. Er hatte sich so danach gesehnt, dass er jemandem fehlte. Dass Sascha ihn vermisste und wollte, bei ihm war und ihn berührte.
    Wie an Fäden hängend hoben sich Andreas’ Hände. Ein fremder Puppenspieler hatte ihn, die Marionette, übernommen, und ließ seine Finger tasten. Der Saum eines T-Shirts, fast fadenscheiniger Stoff, darunter eine Wärmequelle. Gegen seinen ausdrücklichen Willen gab Andreas einen erstickten Laut von sich und erwiderte den Druck von Saschas Wange. Wie Katzen, die einander begrüßten, bewegten sie die Köpfe gegeneinander. Suchten, rochen, fanden.
    »Was tust du denn hier, du Irrer?«, jaulte Andreas’ Verstand.
    »Klappe halten«, pfiffen seine Libido und sein Gefühlsleben zurück. »Wir brauchen das jetzt.«
    Am Rande seiner Wahrnehmung schwebte der Gedanke entlang, dass er jetzt und hier ausnahmslos jeden Kerl an sich gezogen hätte, der halbwegs tageslichttauglich war. Er war so ausgehungert. Andreas wandte den Kopf und rieb seine Nase an Saschas. Eine Hand streichelte ihn im Nacken. Die andere strich seinen Arm entlang, glitt höher und spielte mit dem Träger seines Shirts.
    Mit der Oberlippe berührte Sascha Andreas’ Mundwinkel. Stieß sacht mit der Zungenspitze dagegen. Das war zu viel. Andreas atmete scharf aus, umfasste Saschas Hinterkopf und knallte ihre Münder gegeneinander. Sie öffneten sich. Ihre Köpfe legten sich auf die Seite; jeder in seine altvertraute Richtung. Fanden ihren Winkel wieder, heiß und so wunderbar nass, als ihre Zungen sich umeinander legten.
    Andreas glaubte zu platzen. Er war nicht allein. Jemand war bei ihm. Fasste ihn an. Wie sehr hatte er es vermisst, berührt und geküsst zu werden. Er wollte winseln und den Kopf an Saschas Brust legen. Konnte es nicht. Weil er es war.
    Nicht daran denken. Nicht jetzt. Nur küssen und die Arme um Saschas Rücken legen und ihn an sich pressen.
    Plötzlich zuckte Sascha zusammen und entzog ihm seinen Mund. Andreas schoss wie ein Delfin durch die Oberfläche der Wirklichkeit, als Sascha nach hinten rutschte und ihn aus kreisrunden Augen anstarrte.
    Jetzt hat er es auch begriffen, dachte Andreas und ein Teil von ihm war so enttäuscht, dass er gegen die Wand treten wollte. Danke auch. Danke für den Besuch, den Schreck, das Küssen, das Erinnern.
    Aber Sascha sagte kein Wort. Er legte sich lediglich die Hand über den Mund und sprang auf. In Schieflage fetzte er aus dem Raum. Andreas brauchte nicht die verräterischen Laute aus dem Bad zu hören, um zu wissen, womit er beschäftigt war.
    »Toll. Echt super«, stieß er aus.
    Elektrizität raste durch seine Wirbelsäule. Er bekam es mit der Angst zu tun. Was ging hier vor? Wo war Köninger, wenn man ihn brauchte? Warum hatte er sich von Sascha küssen lassen? Warum wäre er weiter gegangen, wenn der nicht begonnen hätte, hingebungsvoll zu kotzen? Wann war aus »Raus hier!« »Komm näher« geworden? Konnte er sich denn auf gar nichts mehr in seinem wirren Kopf verlassen?
    Als Andreas aufstand, torkelte er, als hätte er ebenfalls reichlich dem Alkohol zugesprochen. Mechanisch holte er Bettzeug aus dem Schlafzimmer und warf es auf die Couch. Nach kurzem Zögern stellte er den Putzeimer und eine Flasche Wasser daneben. Der Gedanke, Sascha vor die Tür zu setzen, war verschwunden. Warum, konnte Andreas nicht sagen. Aber in dieser Nacht wusste er sowieso nicht mehr viel. Morgen würde er über alles nachdenken.
    Verwirrt und sehr aufgewühlt stolperte

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