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Nach Diktat verblichen

Nach Diktat verblichen

Titel: Nach Diktat verblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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zu der Einsicht zu bringen, daß wir Menschen ernten, was wir säen. Denn das Gesetz des Karma ist unbeugsam.
Vor fünf Jahren heiratete ich Lois. Sie war ein liebenswertes, unschuldiges Geschöpf, aber wir verstanden einander nicht. Sie ging nach Reno und ließ sich scheiden.
Seit dieser Zeit ist sie tiefer und tiefer gesunken. Sie denkt nur an Vergnügen und Abenteuer. Sie besitzt den Körper einer reifen Frau, aber den Geist und die Psyche einer Halbwüchsigen.
Sie bedeutet mir zuviel — ich kann das nicht ruhig mitansehen.
Ich komme nun zum Grund meines Schreibens. Ihr Mann verbrachte die Nacht mit Lois, als er anläßlich einer Tagung hier in San Franzisko war. Ich fühle die moralische Verpflichtung, Lois vor ihr selbst zu schützen.
Unter gewöhnlichen Umständen würde ich nicht daran denken, ihn allein für das Geschehene verantwortlich zu machen. Doch meine Nachforschungen haben ergeben, daß er an einem verwaisten kleinen Mädchen Vaterstelle vertritt. Mein Gerechtigkeitsgefühl verlangt, daß dieser Sache nachgegangen wird. Es muß den Behörden überlassen bleiben festzustellen, ob Ihr Mann die moralischen Voraussetzungen besitzt, einem Kind Vater und Leitbild zu sein.
Ich kann jetzt beweisen, daß Carl Jensen, ein Großfabrikant, mit voller Überlegung Erotik und Sex in seine Verkaufstaktik miteinbezieht. Junge Frauen werden dafür bezahlt, sich zu erniedrigen, damit Jensen seine Motoren verkaufen kann.
Ich habe Jensen gewarnt. Ein zweitesmal werde ich das nicht mehr tun. Dieser Mann ist ein Schandfleck der Gesellschaft.
Ihr Mann hat gesündigt. Und er hat einen anderen Menschen zur Sünde verführt.
Ihm muß Gerechtigkeit widerfahren.
Hochachtungsvoll, George Cadott.«
     
    Ich faltete die Durchschläge der Briefe zusammen und steckte sie ein. Nach einem flüchtigen Blick auf meine Uhr sah ich auch die anderen Schubladen des Schreibtisches noch durch. Ich wußte, daß ich ein Risiko einging, doch hin und wieder mußte man etwas riskieren.
    Ich fand ein ledergebundenes Tagebuch, das ich ebenfalls einsteckte. Dann machte ich rasch wieder Ordnung und verließ die Wohnung.
    Im nächsten Lederwarengeschäft kaufte ich mir eine Aktentasche und steckte das Tagebuch, die Briefkopien und den Schlüsselbund hinein.
    Dann nahm ich ein Taxi und ließ mich zu dem kleinen Bahnhof an der 3. Straße Ecke Townsend Street bringen. Dort verstaute ich die Aktentasche in einem Schließfach, steckte den Schlüssel dazu in einen Briefumschlag und bat eine Kellnerin an der Imbißtheke, den Umschlag gegen einen Dollar Trinkgeld für mich aufzubewahren, bis ich zurückkehrte.
    Jetzt hatte ich nichts mehr zu fürchten. Wenn man mich durchsuchen sollte, würde man nichts finden.
    In einem Taxi fuhr ich zu den Wisteria Apartments.
    Ich wollte Lois Marlows Gesicht sehen, wenn sie erfuhr, was geschehen war.
    Auf Zehenspitzen schlich ich mich an Duttons Wohnungstür vorbei. Der starke Duft frischen Kaffees drang durch die Türritze. Ich vermutete, daß die Duttons ein spätes Frühstück einnahmen.
    Ich drückte auf den Klingelknopf neben Tür 229.
    »Wer ist da?« rief Lois Marlow hinter der geschlossenen Tür.
    »Donald Lam«, erwiderte ich.
    Es blieb einen Moment still. Dann hörte ich das Geräusch der Sicherheitskette, die Tür öffnete sich.
    Lois Marlow trug einen leichten Morgenrock, kleine Pantöffelchen und im Gesicht einen Ausdruck nachsichtiger Freundlichkeit. Sonst nichts.
    »Der Detektiv aus der Flasche«, bemerkte sie. »Sie halten wohl nichts davon, einer Frau genug Zeit zu lassen, damit sie sich anziehen kann?«
    »Sie sind angezogen.«
    »Ich bin nicht angezogen. Ich bin notdürftig verhüllt.«
    »Wollen wir uns hier im Korridor unterhalten, wo jeder zuhören kann, oder würden Sie mich freundlicherweise hereinbitten?«
    »Es gibt noch eine Alternative.«
    »Die wäre?«
    »Daß wir uns gar nicht unterhalten.«
    Ich lächelte nur und sagte: »Ich wollte meine Wettschuld bezahlen.«
    »Welche Wettschuld?«
    »Sie wetteten doch, daß ich George Cadott nicht finde. Ich wettete dagegen.«
    »Sie haben ihn also nicht gefunden?«
    »Würde ich sonst vielleicht bezahlen?«
    »Worum haben wir gewettet?«
    »Ich weiß es nicht mehr«, versetzte ich. »Ja, worum haben wir eigentlich gewettet?«
    »Kommen Sie herein«, forderte sie mich auf. »Ich habe schon immer eine Schwäche für Männer gehabt, die freiwillig
    Wettschulden bezahlen wollen. Ich bin nämlich sehr gewinnsüchtig, wissen Sie. Wie also wollen Sie Ihre Schuld

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