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Nach Hause schwimmen

Titel: Nach Hause schwimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verlässt das Zimmer.
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Die Hard
1988
    Das Haus und Orla, das war Wilburs Welt. Er war kein kräftiger Junge geworden, Erkältungen zwangen ihn für Tage ins Bett, und nach fünf Liegestützen, die er heimlich machte, lag er heftig atmend auf dem Teppich in seinem Zimmer. Er war schmächtig und auch am Ende eines guten Sommers bleich, er hatte nie einen Fußball getreten und war auf keinen Baum geklettert. Die Hügelzüge um das Haus waren ihm bekannt, aber nicht vertraut. Das Meer mied er, nur an Orlas Hand sah er über das Wasser und stellte sich Fische darin vor, groß wie die Schiffe, die den Horizont querten.
    Orla hatte eigenhändig eine Öffnung in die Mauer geschlagen. Stand die rot gestrichene Holztür offen, sah man einen Streifen Meer. Mit einer Spitzhacke hatte sie einen Teil der Asphaltdecke aufgebrochen und die Brocken in einer Schubkarre weggebracht. Von einem Haufen neben dem Haus hatte sie gute Erde in die Schubkarre geschaufelt und dort ausgekippt, wo der Asphalt steinigem Boden gewichen war. Sie hatte Büsche gepflanzt und Blumen, Efeu, der irgendwann die nackte Mauer bedecken würde. Auf der Fläche, die der Küche am nächsten war, verlegte sie wetterfeste Holzplanken, in einer Ecke baute sie für Wilbur einen Sandkasten, in die andere stellte sie einen runden Tisch und zwei Stühle.
    Eamon hatte ihr nicht geholfen, dafür Colm Finnerty, ein unverheirateter Nachbar, der für ein paar Pfund und ein Mittagessen den Holzrahmen und die Tür in die Mauer eingesetzt hatte. Er hatte ihr auchdas Material besorgt, die Bretter, die Bausteine, den Zement. Geld hatte sie zum Glück genug. Nach der Heirat hatte Eamon sie damit überhäuft, obwohl sie nicht viel damit anzufangen wusste. Den größten Teil hatte sie ihrer Schwester gegeben, die es für sie anlegte. Orla musste sie nur anrufen, dann schickte Deirdre, die mit ihrem Mann und den beiden Kindern noch immer in Galway lebte, den gewünschten Betrag per Post. Schon oft hatte Orla sich vorgestellt, nach Galway zu fahren, alles Geld abzuheben und damit ein neues Leben zu beginnen, irgendwo weit weg. Dann hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie im Angesicht Gottes einen Schwur geleistet hatte, ihren Mann nicht zu verlassen, bei ihm zu bleiben in guten wie in schlechten Tagen. Dass die guten Tage so schnell vorbei sein und die schlechten den Rest ihres Lebens ausmachen würden, hatte sie damals nicht ahnen können. Jetzt war sie froh, dass sie die ganzen Jahre neben Eamon ertragen hatte. Denn jetzt hatte sie Wilbur.
    Wenn das Wetter es zuließ, verbrachten Orla und Wilbur den ganzen Tag in ihrem ummauerten Paradies. Im Sommer saßen sie im Schatten unter dem Vordach, das neben dem Küchenfenster aus der Hauswand ragte und an dessen Holzbalken wilder Wein rankte. Meistens spielte im Hintergrund das Radio, und Orla summte oder sang zu den Liedern mit, was Wilbur entzückte. Jeden Tag bauten sie im Sandkasten eine neue Stadt aus Steinen und Holzstücken, Blättern und Moos und was sie sonst noch fanden. Vogelfedern schmückten Türme, Muscheln bedeckten wie Kopfsteinpflaster die Straßen, und das Haus auf dem Hügel oder am Fluss zierte immer ein Seestern, den Wilbur an Orlas Hand in der Bucht gefunden hatte. In diesem Haus wohnten Wilbur und Orla, und es war immer das schönste der ganzen Stadt.
    Regnete es, verbrachten die beiden den Tag in Wilburs Zimmer. Auch hier bauten sie Städte, nur waren die Häuser jetzt aus Pappe und die Türme leere Marmeladengläser. Orla hatte Wilbur ein Spielzeugauto geschenkt, ein rotes ohne Dach, aber Wilbur zeigte kein Interesse daran und parkte es am ersten Tag unter dem Bett, wo es fortan blieb. Was der Junge jedoch innig liebte, waren die Indianerfiguren aus Plastik, die Orla von einer Nachbarin, deren Sohn nach Australien ausgewandert war, geschenkt bekommen hatte. Die Frau hatte ihr einziges Kind von diesem Schritt abzuhalten versucht, und als es ihr nicht gelang, verschenkte sieaus Schmerz und Wut alles, was an ihn erinnerte. Fünf Figuren waren es, zwei davon saßen auf Pferden, einem schwarzen und einem weißen. Ihr Stamm bewohnte Häuser aus angemalter Pappe, hielt auf mit buntem Papier beklebten Türmen Ausschau nach Riesenbären in Strickjacken und teilte sein Land mit Zebras, Giraffen und Elefanten.
    Eines der kleinen farbigen Holztiere gab es bei jedem Einkauf in McSweeney’s Gemischtwarenladen in Letterkenny, wohin Orla den Jungen zweimal im Monat mitnahm. Dort

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