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Nachhaltig tot (German Edition)

Nachhaltig tot (German Edition)

Titel: Nachhaltig tot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Brabänder , Karin Mayer
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andere Richtung. Von ihm hörte ich in letzter Zeit sogar immer kritischere Töne, vor allem über die Energiewende. „Wir schalten die Atommeiler ab. Okay. Und dann? Wir demonstrieren gegen Solarparks, gegen Windräder, gegen Überlandleitungen. Im Prinzip sind wir gegen alles. Wir fahren die Kohlekraftwerke wieder hoch. Gegen die sind wir natürlich auch. Aber machen dann die Augen zu. Der Atomausstieg bedeutet 130 Millionen zusätzliche Tonnen CO2 im Jahr, zu den 330, die wir ohnehin in die Luft blasen. Und! Wir lassen unsere Kohle jetzt um die halbe Welt schippern. Ist dir eigentlich klar, dass der Anteil der erneuerbaren Energien im Saarland gerade mal bei sechs Prozent liegt?“
    Das mochte ich an Franz. Vielleicht nicht, dass er sich so aufregen konnte. Sondern, dass er als überzeugter Atomkraftgegner nach dem Wort „abschalten“ das Weiterdenken nicht ausblendete.
    „Wir können nicht bei der Atomkraft bleiben“, hatte ich dagegengehalten.
    Wie sich die Zeiten änderten. Früher hatte ich für die Atomkraft plädiert. Dass eben keine Technik wirklich beherrschbar sei. Bei unseren Diskussionen damals waren die Fetzen geflogen. Heute demonstrierte ich selbst gegen Cattenom.
    Aber Franz hatte trotzdem recht. Die Industrienation Deutschland manövrierte sich in eine Sackgasse.
    Wir schwiegen über unserem Bier.
    „Glaubst du, es war einer der Demonstranten?“, meinte ich dann.
    „Keine Ahnung. Du hast doch noch Freunde bei der Gendarmerie, könntest du nicht mal nachhören, was die so meinen?“
    Ich sah die Nummern in meinem Handy durch. Rief ein paar alte Kollegen an, mit denen wir bei grenzüberschreitenden Einsätzen zusammengearbeitet hatten. Sie wussten nichts. Jacques, mit dem ich mich bei den Demo-Einsätzen angefreundet hatte, ging nicht dran.
    Franz blickte nachdenklich. Zog dann Ausdrucke aus einer Mappe.
    „Ich hab das hier von einem EDF-Mitarbeiter bekommen. Da geht es um verrostete Klappen, Ventile und Verbindungsstücke in Atomkraftwerken. Die EDF hat offenbar beschlossen, sie nicht auszutauschen, bis sie kaputtgehen.“
    Ich sah, dass es sich um Kopien von Original-Dokumenten der EDF handeln musste. „Wo ist der Zusammenhang?“
    „Ich weiß es eben nicht. Der Electricité de France hat alle ihre AKWs untersuchen lassen. Und offenbar beschlossen, die Ergebnisse für sich zu behalten. Es gibt aber Leute bei der EDF, die das nicht mehr mittragen wollen. Von wegen Beherrschbarkeit.“
    „Oder besser Nicht-Beherrschbarkeit.“
    „Genau. Willentliche.“
    „Trotzdem: Wo ist der Zusammenhang?“
    „Das versuche ich gerade herauszufinden. Ich kenne die Beweggründe meines Kontaktmanns bei der EDF noch nicht. Mir scheint, da steckt was Persönliches hinter.“
    „Sitzt der Mann in Cattenom?“
    „Nein, er ist von der EDF direkt, er arbeitet in keinem AKW.“
    „Und gilt das, was da steht, auch für die Verbindungsteile hier bei uns in Cattenom?“
    „Offenbar.“
    „Hm. Ich krieg das nicht in Beziehung zueinander. Na ja, und wegen defekter Ventile begeht man nicht gleich ein Attentat.“
    Franz nickte nachdenklich vor sich hin. „Ja, es muss wohl was anderes sein.“
    Paris-Banlieue, Sonntagvormittag
    „Ich will nur Butter und keine Konfitüre auf dem Baguette“, krähte Claire. Léon versuchte derweil am Café au Lait zu nippen. Elodie gab ihm einen zärtlichen Klaps auf die Finger. „Nein, der Kaffee ist für uns, da habe ich deinen Kakao.“ Sie drehte die Musik lauter und tänzelte durch die Küche.
    David betrachtete das fröhliche Bild, als habe er nichts damit zu tun. Das Gesicht des Cattenom-Direktors, als er auf ihn zielte, hatte ihn bis in den Schlaf verfolgt. Heute Morgen in den Nachrichten hatte es geheißen, er läge weiterhin im Koma. Einerseits war er erleichtert, dass er nicht zum Mörder geworden war. Andererseits war das nicht genug. Ich muss ins Krankenhaus, dachte er.
    Sie hatten Lafitte ins Pariser Militärkrankenhaus gebracht. Da würde es vor Sicherheitsleuten nur so wimmeln. David wusste nicht, was er machen sollte. Wie er es machen sollte. Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Heute Nachmittag würde er hingehen und die Lage sondieren.
    Saarbrücken, kurz nach Mittag
    Wir saßen wieder bei Helma, dieses Mal am Tresen. Franz hatte seinen Laptop dabei, recherchierte im Internet.
    „Ich habe mit den französischen Atomkraftgegnern Kontakt aufgenommen. Die haben die Unterlagen inzwischen auch. Sie kennen keinen, der deswegen so gewaltbereit sein

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