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Nachhaltig tot (German Edition)

Nachhaltig tot (German Edition)

Titel: Nachhaltig tot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Brabänder , Karin Mayer
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Ich hatte keine Zeit, lange darüber zu grübeln, ich musste schnell handeln. Die Bibliothek war nur noch eine Stunde auf. Ich rief von der Telefonzelle den Kommissar an.
    Nach zehn Minuten war er da. Wir sprachen nicht viel. Kurz schilderte ich ihm, was ich entdeckt hatte, dann reichte ich ihm den Ordner. Als er ihn in seine Aktentasche steckte, war ich erleichtert. Wir verabschiedeten uns gerade, als mein Handy klingelte. Hans wollte mich sofort treffen. Er hatte nicht viel Zeit, wahrscheinlich wurde er auch schon beobachtet. Ich fragte ihn schnell, ob er Horst hieße. Ich fügte keine Erklärung dazu, sagte nur, es sei eine Frage von Leben und Tod. Aus seinem Lachen verstand ich seine Antwort.
    Wir setzten uns also in der Halle hin, und während wir auf Hans warteten, erzählte ich dem Kommissar von meinem Anruf bei der Direktorin. Zum ersten Mal entdeckte ich in seinen Augen etwas, was wie Lachen aussah.
    Hans keuchte, als er ankam. Er brachte die Liste der Bewohner mit. Wie er sie hatte beschaffen können, sagte er nicht.
    Meine Idee war richtig: Im Flügel B wohnten ausschließlich Sozialfälle. Alkoholiker, Obdachlose, Behinderte, die keine Familie hatten. Die wohlhabenden, zahlenden Bewohner lebten alle im Flügel A.
    Als wir mit der Liste fertig waren, ließ ich ihn schwören, dass er nicht Horst hieß. Er verstand noch immer nicht, was ich damit bezweckte, aber anscheinend fiel es ihm leicht. Ich zeigte ihm die Pläne und Modelle des Gebäudes. Er erinnerte sich, dass er einmal auf der Nordseite, dort, wo es keine Fenster gab, eine Feuerleiter entdeckt hatte. Sie führte zu einer weiß gestrichenen Metalltür, deren Funktion er den Brandschutzvorschriften zuschrieb, also hatte er die Sache mit der Leiter wieder vergessen. Er zeichnete die Stelle auf der Karte bei den nicht existierenden Büros ein, etwa in die Mitte. Klar, wenn jemand hinter den Wänden arbeitete, musste es einen Notausgang geben.
    Die beste Nachricht kam zum Schluss. Er wollte schon gehen, als er einen Zettel in meine Hand drückte. Es war die Adresse der Privatklinik, in der meine Oma lag. Er verriet wieder nicht, wie er dazu gekommen war. Und bevor ich ihn fragen konnte, wie er tatsächlich hieß, zwinkerte er dem Kommissar zu, und war weg.
    Auch Torst verabschiedete sich. Er murmelte etwas von Informationen, die er dringend besorgen wollte. Ich blieb in der Halle allein.
    Ich wollte gerade ein Taxi rufen, als mein Handy klingelte. Zu meiner größten Verblüffung war es meine Schulleiterin. Sie bekäme über mich komische Nachrichten, als wenn ich gar nicht krank wäre. Ich solle sofort zu ihr in die Schule kommen, wenn ich nicht wolle, dass ich nie mehr das Gebäude betreten dürfe. Ich blickte auf die große Wanduhr neben dem Aufzug. Es war 19.30 Uhr. Nie wurde ich am Abend von der Schule angerufen. Wenn es nur um Schulschwänzen ginge, könnte sie es morgen mit meiner Klassenlehrerin erledigen. Ich wusste, es steckte viel mehr dahinter. Wahrscheinlich kannten alle Direktoren in der Stadt einander. Oder die beiden Frauen waren sogar Geschwister. Ihre Haarfarbe war verdächtig ähnlich. Ich würde nicht in die Falle reinmarschieren. Wenn ich rausgeschmissen werden sollte, würde ich mir eine andere Schule suchen. Damit wäre dann auch das Burenproblem erledigt.
    Ich rief also das Taxi und fuhr zu der Adresse, die Hans mir besorgt hatte. Es war schon dunkel, als ich ankam. Ich dachte, ich würde höflich aufgefordert werden, nach Hause zu gehen und morgen zurückzukommen, aber einen Versuch wert war es schon. An der Rezeption saß ein Nachtwächter. Als wenn er auf mich gewartet hätte, begrüßte er mich mit einem breiten Lächeln. Dann rief er jemanden kurz an, und nach paar Minuten erschien eine Krankenschwester, die mich zu meiner Oma führte.
    Sie schlief, aber innerhalb von Sekunden wurde sie munter. Sie lächelte mich glücklich an. Anscheinend fühlte sie sich wohl und sicher.
    Wir sprachen lange. Ich erzählte ihr alles, was wir herausgefunden hatten. Immer wieder unterbrach sie meinen Wortschwall glücklich und aufgeregt: „Siehst du? Ich hatte doch recht!“
    Irgendwann gegen Morgen kuschelte ich mich neben sie. Wie in meiner Kindheit. Sie streichelte meine Hand, so schlief ich ein.
    “Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
    Auf diese Weise möchte ich Sie über meine Demission informieren. Als Anhang meines Briefes finden Sie meine Kündigung, die ich an die Stiftung einreichte. Aufgrund meiner Besprechungen mit dem Herrn

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