Nachrichten aus einem unbekannten Universum
Legende vom edlen Wilden, der Haien den Bauch aufschlitzt, ist schlicht und einfach Quark. Niemand weiß das besser als die Einheimischen selber, aber Touristen sind nun mal so wunderbar naiv.
Jedes Jahr sterben zehn Menschen auf der Welt durch Haie. Jedes Jahr sterben 200 Millionen Haie durch Menschen. Haie brauchen unser unvoreingenommenes Interesse, unseren Schutz. Von den 470 bekannten Haiarten sind 100 akut bedroht, manche auf ein Zehntel ihrer ursprünglichen Bestände geschrumpft. Der Weiße Hai gilt als biologisch ausgestorben. Sollte es alle Haie dahinraffen, würde das marine Ökosystem im Verlauf weniger Jahre kippen. Die Meere würden sterben. Und wenn die Meere sterben, geht es auch uns nicht eben prächtig. Oder unseren Kindern, wenn der Verweis hilft.
Höchste Zeit also, der unheiligen Angst Herr zu werden.
Sie können ja ganz harmlos anfangen. Mit Eishockey. Ein Besuch beim KEC Haie lohnt auf jeden Fall.
Das Imperium der Armleuchter
Wir gehen tiefer.
Selbst dort, wo kein Sonnenstrahl hindringt, gibt es Haie. Weißhaie zieht es in Tiefen unter 1.000 Meter. Der Grauhai (nicht zu verwechseln mit dem grauen Riffhai) fühlt sich zwei Kilometer unter der Meeresoberfläche am wohlsten. Doch so weit müssen wir gar nicht runter. Schon wenige hundert Meter unter dem Wasserspiegel ist es so dunkel, dass wir allen Grund haben, die Augen aufzureißen.
Nicht wegen der Schwärze.
Wegen des Lichts.
Stellen Sie sich vor, Sie sind in stockfinsterer Nacht unterwegs. Sagen wir, Sie kommen von einer Party, auf der es zwar reichlich zu trinken, aber nicht genug zu essen gab. Also steuern Sie den nächsten McDonalds an und genehmigen sich einen Burger, komplett mit Käse und Majo und allem Drum und Dran. Danach setzen Sie Ihren nächtlichen Heimweg fort und strahlen. Und wie Sie strahlen! Sie leuchten, genauer gesagt leuchtet der Burger in Ihrem Bauch. Aus weiter Entfernung sind Sie plötzlich zu sehen: Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass Sie selbst transparent sind (wenn wir schon rumspinnen, dann richtig).
Nur, so spinnert, wie es sich anhört, ist das Ganze keineswegs. Zumindest nicht in der Tiefsee. Da strahlen viele — die Verspeisten wie die Unverspeisten.
Die oberen 200 Meter des Meeres bezeichnet man als euphotische oder durchleuchtete Zone. Hier ist Photosynthese möglich, wenngleich die Umwandlung von Sonnenlicht ab 40 Meter Tiefe merklich zurückgeht. In einem tropischen Korallenriff etwa reichen die Aktivitäten der Zooxanthellen schon in geringerer Tiefe nicht mehr aus, um die Korallenpolypen ausreichend im Wachstum zu unterstützen. Dennoch gilt die gesamte euphotische Zone als Sauerstofffabrik der Ozeane.
Farben hingegen verschwinden im Wasser nach wenigen Metern. Wasser streut und absorbiert Lichtwellen, langwelliges Licht zuerst. So sieht man schon in zehn Meter Tiefe kein Rot mehr. Als Nächstes wird Orange herausgefiltert, dann gelbes, schließlich grünes Licht. Auch Blau verliert sich, allerdings vergleichsweise langsam.
Seine kurzen Wellen reichen bis tief hinab. Pro Meter Wassertiefe verliert es knapp 1,8 Prozent seiner Intensität. Unterhalb von 200 Metern liegt die Disphotische Zone oder Restlichtzone. Tatsächlich lässt sich noch in 1.000 Meter Tiefe Licht nachweisen, allerdings in so geringer Intensität, dass man die Photonen zählen kann. Darunter erstreckt sich die Aphotische oder Dunkelzone. Ab hier deutet nichts mehr auf das Vorhandensein einer Sonne hin.
Trotzdem verfügen viele Bewohner der Restlichtzone und der Dunkelzone über erstaunlich gute Augen. Zwar sehen speziell Letztere kein Sonnenlicht, dafür aber andere Tiere. Mal blinkt es einsam in der Ferne, dann wieder funkelt es wie ein Feuerwerk. In der Tiefe der Meere hat Miss Evolution die wahrhaft großen Leuchten geschaffen, weil sie den Kindern der ewigen Finsternis eine spektakuläre Sonderausstattung zuteil werden ließ:
Biolumineszenz.
Rund 90 Prozent allen biologisch erzeugten Lichts sind blau. Wie wir schon gesehen haben, trägt diese Wellenlänge am weitesten. Eines der faszinierendsten Beispiele für Biolumineszenz spielt sich übrigens nicht in den Tiefen ab, sondern an der Wasseroberfläche. Ein halbes Jahrhundert vor Christus erzählte der griechische Seefahrer und Naturwissenschaftler Anixinemenes von einem geheimnisvollen Meeresleuchten, das blaugrün erstrahle, sobald man eine Hand ins Wasser stecke oder mit einem Ruder hindurchstreiche. Springe ein Mensch gar nachts von Bord eines Schiffes,
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