Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
wird nicht länger über physische Umbauarbeiten erfolgen als vielmehr über die ständige Verbesserung unserer Prothesen. Könnten wir einen Blick auf die Menschheit werfen, wie sie in fünf Millionen Jahren die Welt bevölkert (wenn sie dann noch da ist), würden wir feststellen, dass die ohnehin kümmerlichen Reste unseres Fells zur Gänze ausgefallen sind, unser Schädelvolumen weiter zugenommen und sich unser Kauapparat zurückentwickelt hat. Viel mehr wird nicht geschehen sein. Solange die Erdoberfläche unser Zuhause ist, werden unsere Nachfahren kaum anders aussehen als wir. Homo sapiens sapiens kann die Tiefen der Meere erobern, ohne zum Wal zu mutieren. Folglich bleibt er, was er ist: zu Gast in fremden Lebensräumen, aber nicht zu Hause. Niemand, der für jeden Gang zum Bäcker oder Metzger eine Tauchermaske überstreift.
    »Es gibt für den Menschen keinen Grund, im Meer zu leben«, resümiert Rougerie. »Der Mensch ist für das Land geschaffen, um zeitweise im Meer zu arbeiten, um zeitweise im Weltraum zu sein, aber nicht, um in das Meer zurückzukehren ...Je n’y croispas.«
    Aus der Traum, der offen gesagt ein Alptraum wäre.
    Nicht von ungefähr stehen 55 der 56 existierenden bemannten Unterwasserlabore mittlerweile leer. Zunehmend wird der Vorstoß in die Tiefe Sache unserer nächsten Verwandten, der Roboter (im Ernst: Irgendwann werden sie näher mit uns verwandt sein als Schimpansen). Verbesserte Materialien trotzen Korrosion und Strömung. Schwimmende Schaltzentralen lösen verankerte Bohrplattformen ab, weil man das Öl aus Tiefseegräben fördern muss. Dort wird es von autonomen unterseeischen Fabriken aus dem Sediment gepumpt, unter Aufsicht intelligenter Automaten. Nicht mal mehr an Bord der schwimmenden Zentralen wird man Menschen finden. Allenfalls steuern wir das Geschehen vom Land aus, während in lichtlosen, lebensfeindlichen Tiefen Maschinen miteinander kommunizieren. Regelrechte Cyber-Hierarchien wird es geben, Reinigungsroboter, Reparaturroboter, Be- und Entladeroboter, ChefRoboter und solche, die kaputte Roboter in der Roboterklinik zusammenflicken, schließlich automatische Krankenschwestern, die ihren Blechpatienten Robotermärchen vorlesen. Alles ist sinnvoller und wahrscheinlicher, als weiterhin Menschen rauszuschicken. Tausende Ölarbeiter werden ihren Arbeitsplatz verlieren, sicher. Aber mal ehrlich, war das nicht immer schon ein Scheißjob, lediglich gut bezahlt?
    Mit den heutigen Mitteln der Fernkommunikation und Steuerung via Glasfaser oder Satellit lassen sich Roboter für fast alles einsetzen. Sie können in Hafenbecken Schiffsrümpfe säubern, seismografische Untersuchungen in der Tiefsee durchführen, geeignete Standorte für Fabriken aufspüren, Fundamente legen, in Echtzeit Daten über Strömungen, Flora und Fauna, Gewässerbelastung und alles Mögliche mehr übermitteln. Androiden werden von Menschen in Cyber-Rüstungen so präzise gesteuert werden, dass sie in 5000 Meter Tiefe feinmechanische Arbeiten verrichten können. Je weiter die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz voranschreitet — und sie wird voranschreiten! —, desto selbstständiger werden Roboter entscheiden. Was nicht nur Begeisterung weckt. Denn einen Nachteil hat die Sache: Wir sind nicht wirklich, wo wir sind.
    Dennoch: Nur zwingende Umstände werden uns dazu bewegen, dauerhaft unter Wasser zu leben. Und wenn, wird dieses Leben nicht auf Erden stattfinden. Wasser, das universelle Lösungsmittel, gibt es auch woanders. Beliebige Formen des Lebens könnten sich im Ozean entwickelt haben, ohne je den Landgang zu erwägen. Möglicherweise einfach darum, weil kein Land vorhanden ist. Umgekehrt folgt, dass manche Wasserwelt für menschliche Besiedelung geeignet wäre. Sollten wir eines Tages so weit sein, andere Planeten zu besiedeln, könnten wir dort Wasserzivilisationen errichten und in schwimmenden, teils unterseeischen Städten leben, Monumentalversionen von Rougeries SeaOrbiter. Exobiologen schätzen die Wahrscheinlichkeit der Lebensentwicklung auf wasserreichen Planeten höher ein als organische Spielereien in Gashöllen oder flüssigem Schwefel.
    Doch selbst das ist denkbar.
    Wir wissen viel über die Entstehung des Lebens, doch längst nicht genug, um exotische Varianten auszuschließen, die den Rahmen bekannter Umweltbedingungen sprengen.
    Allgemein gilt: Keime des Lebens können sich nur bilden innerhalb eines gemäßigten Temperaturspektrums. Der Planet darf weder zu warm noch zu kalt

Weitere Kostenlose Bücher