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Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Straße von Gibraltar zu sprengen, woraufhin sich das Wasser des Atlantiks als Wasserfall unvorstellbaren Ausmaßes in das ausgetrocknete Becken ergießt und die rund drei Millionen Quadratkilometer binnen hundert Jahren wieder auffüllt.
    Genau das passiert, während Sie schreckensbleich, das Badetuch unterm Arm, auf die pastellfarbene Wüste starren. Viele hundert Kilometer von Ihnen entfernt donnern sekündlich 1,75 Milliarden Tonnen Atlantikwasser hernieder. Gesprengt wurde da allerdings nichts. Vielmehr hat der Atlantik dem Damm über Jahrmillionen so zugesetzt, dass er am Ende einriss. Das Mittelmeer läuft voll, und Sie — Simsalabim! — sind wieder in der Neuzeit. Der Schreck hat ein Ende. Vor ihren Augen erstreckt sich das glitzernde, vertraute Meer.
    Erleichtert atmen Sie auf.
    Haben Sie alles nur geträumt? Natürlich, das war’s. Ein böser Traum. Als ob das Mittelmeer je austrocknen würde! Kopfschüttelnd gehen Sie schwimmen, ziehen Ihre Bahnen, prusten, schütteln sich, lachen, streichen sich die nassen Haare aus der Stirn und beschließen glücklich, nächstes Jahr wieder herzufahren.
    Während Sie tropfend an Land waten, wird die Straße von Gibraltar gerade wieder ein winziges bisschen schmaler.
    So ist das nun mal. Was zuwächst, reißt auf. Was aufreißt, setzt sich zu. Derzeit schließt sich die Atlantikpassage langsam wieder. Ablagerungen setzen sich fest, verbacken miteinander und graben dem Mittelmeer das dringend nötige Frischwasser ab. Jetzt schon verdunstet mehr mediterranes Wasser, als aus dem Atlantik nachfließt, liegt die Salzkonzentration bei fast 38 Promille, was hoch ist. So gut wie alles spricht dafür, dass die Meerenge erneut verstopfen wird. 70 Millionen Tonnen Wasser werden dann pro Sekunde kondensieren, ohne dass der Atlantik eingreifen kann. Um fast einen Meter im Jahr wird der Meeresspiegel sinken, bis unser Mittelmeer ein weiteres Mal ausgetrocknet ist.
    Macht aber nichts. Die Reise im kommenden Jahr können Sie trotzdem buchen. Wenn es so weit ist, sind Sie schon zwei Millionen Jahre lang über jegliche Urlaubsplanung erhaben.
     

 
Tod eines Killers
    Er war hungrig, aber die Zeiten, da er einfach gefressen hatte, wenn der Hunger kam, lagen in nebulöser Ferne. Nicht, dass es an Fressbarem mangelte. Doch mit jedem Tag, den er schwächer wurde, entzog es sich ihm ein bisschen mehr, sodass ihm schließlich nur die Kraft der Verzweiflung geblieben war.
    Diese Kraft immerhin hatte einen Delphin das Leben gekostet. Aber auch das lag schon eine Weile zurück, und die Begegnung war nicht gerade glücklich verlaufen. Ein ganzes Rudel hatte die Frechheit besessen, ihn anzugreifen. Was immer in die Tiere gefahren war, ob sie ihren Nachwuchs hatten schützen wollen oder Beute, die sie nicht zu teilen gedachten, jedenfalls hatten sie sich auf ihn gestürzt und begonnen, ihm ihre spitzen Schnauzen in den Unterleib zu rammen. Vielleicht hatten sie seine Schwäche gespürt. Zu anderen Zeiten wäre es blanker Irrsinn gewesen, einen Angriff auf einen ausgewachsenen Megalodon zu wagen. Er mochte krank sein, aber er war immer noch ein 16 Meter langer Hai. Dennoch waren sie auf ihn losgegangen, bis er einen von ihnen erwischt und mit wenigen Bissen zersäbelt hatte, und die anderen waren geflohen. Doch dieser eine hatte ihm arg zugesetzt. Seitdem war der alte Megalodon nicht mehr so wendig. Jede Drehung nach links schmerzte, sogar das rythmische Hin- und Herschwenken des Kopfes, wenn er Witterung aufnahm, bereitete ihm plötzlich Schwierigkeiten.
    Langsam zog er durch die tiefblaue See und wartete, dass seine empfindlichen Sinne ein Signal der Hoffnung aufnahmen. Mit 51 Jahren war er ein ziemlich alter Hai, doch sein Sinnesapparat funktionierte ausgezeichnet. Bis auf die Augen vielleicht — aber die waren nie sonderlich gut gewesen. Dafür nahm er die Körperbewegungen seiner Beute im Umkreis von 100 Kilometern wahr und konnte dem Herzschlag weit entfernter Fische nachspüren. Empfindliche Sensoren entlang der Seitenlinie seines gewaltigen Körpers reagierten auf jede noch so kleine Vibration. Unter seiner Haut verzweigte sich ein Netz schleimgefüllter Kanäle, die jede Veränderung im Meer wahrnahmen. Ein Fisch, der sich bewegt, verdrängt Wasser und erzeugt dadurch eine Druckwelle. Der Megalodon reagierte darauf, als habe man ihn gerufen. Immer wusste er, wer ihn rief, wie groß und schnell das Tier war, ob es unter Schmerzen zappelte, von Unruhe getrieben hin- und herschoss oder mit

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