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Nachrichten aus Mittelerde

Nachrichten aus Mittelerde

Titel: Nachrichten aus Mittelerde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher J. R. R.; Tolkien Tolkien
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um es voll Stolz zu benutzen, wo andere Dinge den Zweck ebenso erfüllen? Das Königshaus braucht einen Mann, der dieses Land und sein Volk kennt und liebt, das er einmal beherrschen wird.«
    »Habe ich mich nicht mein Leben lang mit Menschen beschäftigt?«, fragte Aldarion. »Ich kann sie führen und regieren, wie ich will.«
    »Sage lieber: einige Menschen, die mit dir gleichen Sinnes sind«, antwortete der König. »Es gibt auch Frauen in Númenor, kaum weniger als Männer; was weißt du von ihnen, abgesehen von deiner Mutter, die du wahrlich führen kannst, wie du willst? Doch eines Tages musst du dir eine Frau nehmen.«
    »Eines Tages!«, erwiderte Aldarion. »Doch nicht, bevor ich nicht muss; und später, wenn jemand versucht, mich zur Heirat zu drängen. Ich habe andere Dinge zu tun, die mir dringlicher scheinen und denen mein Trachten gilt. ›Kalt ist das Leben einer Seemannsfrau‹; und der Seefahrer, der nur für eines Sinn hat und nicht an die Küsten gefesselt ist, segelt weiter und lernt immer besser, mit dem Meer fertig zu werden.«
    »Segelt weiter? Aber nicht mit mehr Gewinn«, sagte Meneldur. »Und nicht du bist es, Aldarion, mein Sohn, der mit dem Meer ›fertig wird‹. Hast du vergessen, dass die Edain hier unter der Gnade der Herren des Westens wohnen, dass Uinen uns freundlich gesinnt und Osse gebändigt ist? Unsre Schiffe werden behütet, und andere Hände als die unsrigen lenken sie. Deshalb überhebe dich nicht in deinem Stolz, oder der Segen könnte schwinden; und glaube nicht, er erstrecke sich auch auf jene, die auf den Felsen fremder Küsten oder in den Ländernder Menschen der Dunkelheit sich selbst ohne Not aufs Spiel setzen.«
    »Warum sind unsere Schiffe dann gesegnet«, fragte Aldarion, »wenn sie nicht zu fernen Küsten segeln und nicht suchen dürfen, was man nie zuvor gesehen hat?«
    Er sprach mit seinem Vater nicht mehr von diesen Dingen, sondern er verbrachte seine Tage auf dem Schiff
Eambar
in der Gesellschaft der Wagemutigen und mit dem Bau eines Schiffes, größer als jedes andere, das zuvor angefertigt worden war: Dieses Schiff nannte er
Palarran
, die Fern-Wanderin. Doch nun traf er Erendis oft (das geschah, weil die Königin es so einzurichten wusste); und als der König von ihren Treffen erfuhr, war er beunruhigt, doch nicht ungehalten. »Es wäre günstiger«, sagte er, »Aldarion von seiner Ruhelosigkeit zu heilen, bevor er das Herz einer Frau gewinnt.« – »Wodurch sonst willst du ihn heilen, wenn nicht durch die Liebe?«, erwiderte die Königin. »Erendis ist noch jung«, sagte Meneldur. Doch Almarian antwortete: »Erendis’ Sippe hat kein so langes Leben, wie es den Abkommen Elros’ vergönnt ist; und ihr Herz ist bereits gewonnen.« 11
     
    Als nun das große Schiff
Palarran
fertiggestellt war, wollte Aldarion ein weiteres Mal auslaufen. Darüber wurde der König zornig, wenn er auch, von der Königin überredet, nicht die königliche Gewalt benutzen wollte, um ihn zum Bleiben zu zwingen. An dieser Stelle muss von einem Brauch berichtet werden: Wenn ein Schiff Númenor verließ, um über das Große Meer nach Mittelerde zu segeln, schmückte eine Frau, meist aus der Familie des Kapitäns stammend, den Bug des Schiffes mit dem Grünen Zweig der Wiederkehr; und dieser wurde vom Baum
oiolaire
geschnitten, was ›Immer-Sommer‹ bedeutet; die Eldar hatten ihn den Númenórern geschenkt 12 und gesagt, dass sie den Zweig an ihren eigenen Schiffen als Zeichen der Freundschaftmit Osse und Uinen befestigten. Die Blätter dieses Baumes waren immer grün, glänzend und duftend, und er gedieh in der Meeresluft. Aber Meneldur verbot der Königin und Aldarions Schwestern, den Zweig der
oiolaire
nach Rómenna zu bringen, wo die
Palarran
lag; und er sagte, dass er Aldarion, der gegen seinen Willen in See steche, seinen Segen verweigere. Aldarion, der dies hörte, sagte: »Wenn ich ohne Segen oder Zweig fahren muss, werde ich eben ohne fahren.«
    Da war die Königin traurig, doch Erendis sprach zu ihr: »
Tarinya
, wenn du den Zweig vom Elbenbaum schneiden willst, werde ich ihn, mit deiner Erlaubnis, zum Hafen bringen; denn mir hat es der König nicht verboten.«
    Die Matrosen hielten es für ein schlimmes Zeichen, dass der Kapitän ohne Zweig auslaufen wollte; aber als alles bereit war und die Männer sich anschickten, den Anker zu lichten, kam Erendis dorthin, so wenig sie den Lärm und die Geschäftigkeit des großen Hafens und das Kreischen der Möwen auch liebte. Aldarion

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