Nachrichten aus Mittelerde
Häfen Númenors sollten Feste veranstaltet werden. Erendis verbarg ihre Abneigung und Furcht und willigte ein; und sie gingen in Rómenna in See und kamen nach Andúnië im Westen der Insel. Dort gab Valandil, Fürst von Andúnië, der mit Aldarion eng verwandt war, 15 ein großes Fest. Während dieses Festes trank er Erendis zu und nannte sie
Uinéniel
, Tochter Uinens, die neue Herrin der See. Doch Erendis, die neben Valandils Gattin saß, sagte laut: »Nenne mich nicht bei einem solchen Namen! Ich bin keine Tochter Uinens: Sie ist eher meine Feindin.«
Danach befielen Erendis für eine Weile wieder Zweifel, denn Aldarion richtete seinen Sinn erneut auf die Arbeiten in Rómenna, beschäftigte sich mit dem Bau großer Deiche und ließ auf Tol Uinen einen großen Turm errichten, der Calmindon, der Licht-Turm, genannt wurde. Doch als diese Arbeiten getan waren, kehrte er zu Erendis zurück und bat sie dringlich, in die Ehe einzuwilligen; doch sie zögerte immer noch und sagte: »Ich habe mit dir eine Schiffsreise gemacht, Herr. Bevor ich dir meine Antwort gebe, willst du nicht mit mir zu Lande zu jenen Plätzen reisen, die ich liebe? Für jemanden, der König dieses Landes sein wird, kennst du es zu wenig.« Darum reisten sie gemeinsam ab und kamen nach Emerië, wo es wogende, grasbedeckte Hügel gab und das die für Númenor wichtigste Weidelandschaft für Schafe war. Und sie sahen die weißen Häuser der Schäfer und Bauern und hörten das Blöken der Schafe.
Da sagte Erendis zu Aldarion: »Hier könnte ich mich wohlfühlen!«
»Als Gattin des Königssohnes wirst du wohnen, wo du willst«, sagte Aldarion. »Und als Königin in vielen schönen Häusern, ganz nach deinen Wünschen.«
»Wenn du König bist, werde ich alt sein«, erwiderte Erendis. »Wo wird der Erbe des Königs in der Zwischenzeit wohnen?«
»Bei seinem Weib«, sagte Aldarion, »wenn seine Aufgaben es erlauben, es sei denn, sie wollte daran teilhaben.«
»Ich will meinen Gatten nicht mit Frau Uinen teilen«, sagte Erendis.
»Was du sagst, hat zwei Seiten«, sagte Aldarion. »Ebenso gut könnte ich sagen, dass ich meine Gattin nicht mit Orome, dem Herrn der Forste, teilen würde, weil sie Bäume liebt, die wild wachsen.«
»Das würdest du wahrlich nicht«, entgegnete Erendis, »denn du würdest jeden Wald schlagen lassen, um Uinen ein Geschenk zu machen, wenn dir der Sinn danach steht.«
»Nenne mir irgendeinen Baum, den du liebst, und er soll stehen bleiben, bis er stirbt!«, sagte Aldarion.
»Ich liebe alles, was auf dieser Insel wächst«, sagte Erendis.
Dann ritten sie lange Zeit schweigend; und nach diesem Tag trennten sie sich, und Erendis kehrte in ihr Vaterhaus zurück. Ihrem Vater sagte sie nichts, doch ihrer Mutter erzählte sie von ihrem Gespräch mit Aldarion.
»Alles oder nichts, Erendis«, sagte Núneth. »So warst du als Kind. Doch du liebst diesen Mann, und er ist ein großer Mann, von seinem Rang gar nicht zu reden; und so leicht wirst du dir deine Liebe nicht aus dem Herzen reißen können, ohne dir selbst großen Schmerz zuzufügen. Eine Frau muss mit ihrem Gatten die Liebe zu seinem Werk und das Feuer seines Geistes teilen oder ihn dazu bringen, dass ihm etwas nicht liebenswert erscheint. Doch ich zweifle, ob du einen solchen Rat jemals verstehen wirst. Aber ich bin betrübt, denn es ist höchste Zeit, dass du verheiratet wirst, und nachdem ich ein schönes Kind geboren habe, hatte ich auf schöne Enkelkinder gehofft. Und es würde mir auch nicht missfallen, wenn ihre Wiege im Haus des Königs stünde.«
In der Tat fiel dieser Rat bei Erendis nicht auf fruchtbaren Boden; gleichwohl fand sie, dass ihr Herz ihrem Willen nicht gehorchte, und ihre Tage waren leer: leerer noch als in den Jahren, da Aldarion fort gewesen war. Denn er hielt sich noch immer in Númenor auf, und dennoch gingen die Tage dahin, und er kam nicht wieder in den Westen.
Die Königin Almarian, die von Núneth davon unterrichtet wurde, was geschehen war, und die nun fürchtete, Aldarion könne in neuerlichen Reisen Trost suchen (denn er war lange an Land gewesen), sandte Erendis eine Nachricht und bat sie, nach Armenelos zurückzukehren. Erendis, von Núneth und ihrem eigenen Heizen dazu gedrängt, folgte dem Geheiß. Dort versöhnte sie sich mit Aldarion, und im Frühling des Jahres, als die Zeit des
Erukyerme
gekommen war, erstiegen sie im Gefolge des Königs den Meneltarma, den Heiligen Berg der Númenórer. 16 Als alle wieder hinuntergegangen
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