Nachrichten aus Mittelerde
Erendis hat ein kürzeres Leben zu erwarten als du, und sie altert schneller. Sie stammt nicht aus der Linie von Elros, und sie hat dich nun viele Jahre geliebt.«
»Sie hat sich wohl beinahe zwölf Jahre geduldet, als ich ruhelos war«, sagte Aldarion. »Ich bitte noch nicht einmal um den dritten Teil dieser Zeit.«
»Damals war sie nicht verlobt«, sagte Meneldur. »Doch jetzt ist keiner von euch frei. Und wenn sie sich geduldet, so zweifle ich nicht, geschah es aus Furcht vor dem, was nun wahrscheinlich geschehen wird, wenn du dich nicht selbst bezähmst. Auf irgendeine Weise musst du diese Furcht besänftigt haben; und obwohl du kein deutliches Wort gesprochen haben dürftest, bist du nach meinem Dafürhalten gebunden.«
Da sagte Aldarion zornig: »Es wäre besser, ich spräche selbst mit meiner Verlobten und führte das Gespräch nicht mit einem Stellvertreter.« Und er verließ seinen Vater. Nicht lange danach sprach er mit Erendis von seinem Verlangen, wieder über die großen Wasser zu fahren, und sagte, er sei all seines Schlafs und seiner Ruhe beraubt. Doch sie saß bleich und stumm da. Endlich sagte sie: »Ich dachte, du wärest gekommen, um über unsere Heirat zu sprechen.«
»Das will ich«, antwortete Aldarion. »Sobald ich zurückkehre, wird es geschehen, wenn du warten willst.« Als er jedoch den Schmerz auf ihrem Gesicht sah, rührte sie ihn, und ihm kam ein Gedanke. »Es soll jetzt geschehen«, sagte er. »Es soll geschehen, ehe dieses Jahr vorüber ist. Und dann werde ich ein solches Schiff ausrüsten lassen, wie es die Wagemutigen nochnicht gebaut haben. Und du sollst mit mir segeln, Erendis, mit dem Segen der Valar, Yavannas und Oromes, den du liebst. Du wirst zu Ländern segeln, wo ich dir Wälder zeigen werde, wie du sie nie gesehen hast, wo gerade jetzt die Eldar singen; oder Wälder, größer als Númenor, seit Anbeginn der Tage frei und wild, wo du noch das mächtige Horn Oromes, des Herrn, hören kannst.«
Doch Erendis weinte. »Nein«, sagte sie. »Ich freue mich, dass die Welt noch solche Dinge birgt, von denen du sprichst, aber ich werde sie nie sehen. Denn es verlangt mich nicht danach: Mein Herz gehört den Wäldern Númenors. Und, ach, wenn ich aus Liebe zu dir zu Schiff ginge, würde ich nicht heimkehren. Es geht über meine Kraft, es zu ertragen; und wenn ich das Land aus den Augen verlöre, würde ich sterben. Das Meer hasst mich, und jetzt wird es mir vergelten, dass ich dich von ihm ferngehalten habe und doch von dir fliehe. Gehe, mein Geliebter! Doch habe Mitleid, und nimm dir nicht so viele Jahre Zeit, wie ich sie damals verloren habe.«
Da war Aldarion beschämt, denn so wie er in unbesonnenem Zorn zu seinem Vater gesprochen hatte, so sprach er jetzt aus Liebe. In diesem Jahr segelte er nicht, doch er hatte wenig Frieden oder Freude. »Wenn sie das Land aus den Augen verliert, wird sie sterben!«, sagte er. »Und ich werde bald sterben, wenn ich es noch länger sehen muss. Wenn wir denn einige Jahre zusammen verbringen sollen, muss ich allein gehen, und zwar bald.«
Deshalb machte er sich endlich im Frühjahr segelfertig; und die Wagemutigen waren glücklich, wiewohl niemand sonst auf der Insel wusste, was abgemacht war. Drei Schiffe wurden bemannt, und im Monat Viresse stachen sie in See. Erendis selbst schmückte den Bug der
Palarran
mit dem grünen Zweig der
oiolaire
, und sie verbarg ihre Tränen, als das Schiff durch die großen neuen Hafenmauern aufs Meer fuhr.
Mehr als sechs Jahre gingen vorüber, ehe Aldarion nach Númenor zurückkam. Er bemerkte, dass sogar die Königin Almarian ihn kühler willkommen hieß und die Wagemutigen an Ansehen verloren hatten, denn man glaubte, dass er Erendis schlecht behandelt habe. Aber er war wirklich länger ausgeblieben, als er beabsichtigt hatte, weil er den Hafen von Vinyalonde jetzt völlig zerstört vorgefunden hatte und große Flutwellen alle seine Mühen, ihn wieder herzurichten, zunichte gemacht hatten. Die Küstenbewohner traten den Númenórern mit größerer Furcht oder mit offener Feindschaft gegenüber; und Aldarion hörte Gerüchte von einem Fürsten in Mittelerde, der die Männer von den Schiffen hasste. Als er dann zurücksegeln wollte, kam aus dem Süden ein starker Wind, und er wurde weit in den Norden getragen. Er hielt sich eine Weile in Mithlond auf, doch als seine Schiffe der hohen See zustrebten, wurden sie erneut nach Norden gezwungen und in gefährliche, eisbedeckte Gewässer getrieben, wo die Männer
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