Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachrichten aus Mittelerde

Nachrichten aus Mittelerde

Titel: Nachrichten aus Mittelerde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher J. R. R.; Tolkien Tolkien
Vom Netzwerk:
geschah?«
    Aber Dorlas gab keine Antwort und starrte Brandir mit hasserfüllten Augen nur an. Da verstand Brandir und wusste plötzlich, dass dieser Mann seine Gefährten im Stich gelassen und sich, von Scham übermannt, in den Wäldern versteckt hatte. »Schande über dich, Dorlas!«, sagte er. »Du hast unsere Feinde auf uns gezogen: Du hast das Schwarze Schwert angestachelt, du hast den Drachen über uns gebracht, mich hast du dem Spott ausgesetzt, Hunthor in den Tod gelockt, und dann bist du als Feigling in die Wälder geflohen!« Und während er sprach, kam ihm ein zweiter Gedanke, und er sagte in großer Wut: »Warum brachtest du keine Nachricht? Es war die letzteBuße, die du tun konntest. Hättest du Nachrichten gebracht, hätte Frau Níniel sie nicht selbst suchen müssen. Sie hätte den Drachen niemals zu sehen brauchen. Sie könnte noch leben. Dorlas, ich hasse dich!«
    »Behalte deinen Hass für dich!«, erwiderte Dorlas. »Er ist so schwach wie alle deine Pläne. Doch wäre es nach mir gegangen, hätten die Orks kommen und dich wie eine Vogelscheuche in deinen Garten hängen können. Du bist selbst ein Feigling!« Und mit diesen Worten, durch seine Scham zum Zorn entflammt, holte er mit seiner großen Faust zu einem Schlag gegen Brandir aus, und so endete sein Leben, bevor der Blick des Erstaunens seine Augen verließ: Brandir zog sein Schwert und versetzte ihm einen tödlichen Stoß. Einen Augenblick stand er zitternd da, vom Blut angeekelt, dann warf er sein Schwert zu Boden, wandte sich ab und ging, auf die Krücke gestützt, seines Weges.
    Als er zum Nen Girith kam, war der bleiche Mond untergegangen, und die Nacht schwand vor dem Morgen, der im Osten aufstieg. Die Leute, die sich noch immer bei der Brücke zusammendrängten, sahen ihn wie einen grauen Schatten durch die Dämmerung kommen, und einige fragten ihn erstaunt: »Wo bist du gewesen? Hast du Níniel gesehen. Frau Níniel ist nämlich verschwunden.«
    »Ja, sie ist verschwunden«, sagte er, »verschwunden, fortgegangen, um nie zurückzukehren! Doch ich bin gekommen, um euch Neuigkeiten zu bringen. Hört denn, Leute von Brethil, und sagt selbst, ob es jemals eine solche Geschichte gab, wie ich sie mitbringe! Der Drache ist tot, doch auch Turambar ist tot und liegt an seiner Seite. Und das sind gute Nachrichten, ja, es sind wahrlich beides gute Nachrichten.«
    Da murrten die Leute, wunderten sich über seine Worte, und einige sagten, er rede irre. Aber Brandir rief: »Hört mich bis zu Ende an! Auch Níniel ist tot, die ihr liebtet und die mir das Teuerste war. Sie sprang vom Rand des Hirschsprunges 29 hinab, und der Rachen des Teiglin hat sie verschlungen. Sie ist fort, und sie hasste das Tageslicht. Bevor sie aber entfloh, erfuhr sie dies: Beide waren sie Húrins Kinder, Bruder und Schwester. Mormegil wurde er genannt, Turambar nannte er sich selbst und verbarg seine Vergangenheit: Túrin, Húrins Sohn. Wir nannten sie Níniel und kannten ihr Vergangenheit nicht: Sie war Nienor, Húrins Tochter. Beide brachten sie den Schatten ihres dunklen Schicksals nach Brethil. Hier hat es sich erfüllt, und niemals wieder wird dieses Land von Leid frei sein. Nennt es nicht Brethil, das Land der Halethrim, sondern nennt es
Sarch nia Hîn Húrin
, das Grab der Kinder Húrins.«
    Obgleich die Leute nicht verstehen konnten, wie solch Böses hatte geschehen können, weinten sie, und einige sagten: »Dort im Teiglin ist ein Grab für Níniel, die geliebte, und dort soll ein Grab für Turambar sein, den kühnsten der Menschen. Wir wollen unseren Befreier nicht unter bloßem Himmel liegen lassen. Lasst uns zu ihm gehen.«

Túrins Tod
    Gerade als Níniel entfloh, regte sich Túrin, und es kam ihm vor, als höre er sie aus seiner tiefen Dunkelheit und aus weiter Ferne nach ihm rufen; als aber Glaurung starb, wich die schwarze Ohnmacht von ihm, er atmete wieder tief, seufzte und sank in einen Schlummer großer Erschöpfung. Aber ehe der Morgen kam, wurde es bitter kalt, und im Schlaf drehte er sich um, und das Heft Gurthangs drückte ihm in die Seite, so dass er plötzlich erwachte. Die Nacht schwand, und der Hauch des Morgens lag in der Luft. Er sprang auf, entsann sich seines Sieges und spürte das brennende Gift an seiner Hand. Er hob sie hoch, sah sie an und wunderte sich, denn sie war mit einem Streifen weißen Stoffes verbunden; er war noch feucht und tat ihmwohl. Da sprach er zu sich selbst: »Warum sollte mich jemand so pflegen und mich doch in der

Weitere Kostenlose Bücher