Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fenwick
Vom Netzwerk:
Arbeitgeber gegenüber loyal sein wollen, und niemand spricht gern schlecht über Tote, doch wir kennen die Gerüchte bereits von anderer Seite. Wir möchten lediglich die Wahrheit herausfinden.»
    «Ein Mann in Ihrer Position, Sergeant, sollte besser nicht auf das Geschwätz der Leute hören.»
    «Wenn es aber der Wahrheit entspricht – und es stimmt doch, dass es vor Mr Wainwrights Tod gewisse Probleme auf Wainwright Hall gegeben hatte –, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als auf diese Gerüchte zu hören, Mr Willett.»
    «Joe …» Millie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. «Joe, ich …»
    «Nein, Millie, das reicht.»
    Cooper versuchte es mit einer anderen Taktik.
    «Ich weiß, dass Mr Wainwright Ihnen gegenüber immer fair gewesen ist, doch Sie tun ihm oder auch seinem Andenken keinen Gefallen, wenn Sie etwas verschweigen.»
    «Der Name eines anständigen Menschen ist schnell beschmutzt, Sergeant Cooper. Und egal, was Sie über ihn gehört haben, er war ein anständiger Mensch.»
    «Das stimmt schon, doch …» Cooper beugte sich auf seinem dralonbezogenen Sessel vor, und die anderen kamen ihm automatisch entgegen. «Ich muss Ihnen etwas sagen, aber das bleibt unter uns.» Mr und Mrs Willett nickten heftig. «Es gibt Hinweise darauf, das heißt, wir haben den Verdacht, obwohl wir es nicht eindeutig beweisen können, dass die Umstände, unter denen Mr Wainwright zu Tode gekommen ist, nun … verdächtig sind.»
    «Sie meinen …?»
    «Ja. Es war vielleicht gar kein Selbstmord.»
    «Ha! Was habe ich dir gesagt, Joe. Das kam ja wirklich allzu gelegen, so bald, nachdem sie …»
    «Millie! Jetzt reicht’s aber.» Joe Willett wandte sich misstrauisch an Cooper. «Sagen Sie das nur so, oder haben Sie dafür Gründe?»
    «Oh, wir haben sehr gute Gründe, nur die Beweise fehlen uns. Alles, was wir haben, sind Klatsch und Gerüchte, doch wir brauchen mehr.»
    «Also sind Sie zu uns gekommen, weil Sie dachten, wir würden jemand verpfeifen?»
    «Nein. Wir dachten, Sie würden uns vielleicht dabei helfen können, einen Mörder zu überführen, bevor er noch einmal zuschlägt. Für Graham Wainwright ist es allerdings schon zu spät.»
    Das brachte ihn und ebenso Millie Willett zum Schweigen. Cooper wartete geduldig; er spürte, dass die Stimmung im Raum soeben zu seinen Gunsten umgeschlagen hatte. Sie würden aussagen.
    Joe Willett erhob sich, holte einen abgewetzten Lederbeutel aus einer Schublade und zog neben sich aus dem Sessel eine ziemlich zerkratzte Pfeife.
    «Wir werden wohl noch etwas Tee brauchen, Millie.»
    «Kommt sofort.» Sie hielt einen Augenblick inne und warf ihrem Mann einen mahnenden Blick zu. «Fang bloß nicht ohne mich an, ich sag’s dir.»
    Während Joe Willett umständlich seine Pfeife stopfte, sah Nightingale sich im Zimmer um, auf der Suche nach etwas, was sie ablenken und ihr helfen würde, ihre Ungeduld zu zügeln. Da fiel ihr Blick auf ein Fotoalbum im Regal.
    «Darf ich?», fragte sie. Joe Willett antwortete ihr mit einem Achselzucken.
    Die Fotografien waren alt, die meisten davon Schwarzweißaufnahmen, die ganz offensichtlich mit einem Stativ aufgenommen worden waren. Nur auf den letzten Seiten waren Farbfotos. Sie blätterte das Album durch, las die in sorgfältigen Druckbuchstaben gehaltenen Bildunterschriften: «Joe und Baby Joey in Yarmouth», «Miss Selina Wainwright schiebt Joeys Kinderwagen». Dann, einige Seiten weiter hinten, «Selinas Verlobung (Joe serviert im Frack!)». Viele der Bilder zeigten Selina, eine dunkelhaarige junge Frau mit klaren Gesichtszügen und einem energischen Kinn. Dann hörten die Fotos von ihr mit einem Mal auf.
    Andere Bilder folgten: Erntedankfeierlichkeiten, Sommerfeste, Guy-Fawkes-Feiern mit Freudenfeuern, einmal sogar mit einer Blaskapelle. Nightingale erkannte, dass das ganze Leben der Willetts sich um die Familie Wainwright gedreht hatte, und Bluebell Cottage sah auf den Bildern wirklich zauberhaft aus. Wie mussten sie sich nun fühlen, da man sie nach dreißig Jahren einfach hinauskomplimentiert hatte und sie nun gezwungen waren, im fünften Stock eines trostlosen Betonklotzes unterzukriechen?
    «Da bin ich wieder!»
    Es gab mehr Tee und noch mehr Kuchen. Nightingale legte das Album beiseite. Jeder nahm seine Tasse. Dann kam Millie ohne Umschweife zur Sache, während ihr Mann schweigend dabeisaß.
    «Tja, wo soll ich anfangen? Am besten am Anfang. Mr Wainwright hatte einen Sohn, Graham, der diesen September zweiundvierzig Jahre

Weitere Kostenlose Bücher