Nachruf auf eine Rose
Haushälterin, unterhalten. Wenn Sie glauben, dass ich verbittert bin, dann warten Sie, bis Sie mit ihr gesprochen haben.»
«Haben Sie was rausgekriegt?»
«Eine ganze Menge.»
«Na dann, los.» Cooper schlug die Fahrertür zu und sah Nightingale erwartungsvoll an.
«Ich erzähl’s Ihnen unterwegs, wir werden nämlich gerade beobachtet.» Mrs Kemp hatte die zarte Spitzengardine beiseite gezogen und starrte unverwandt hinaus. Als der Kies unter den Reifen knirschte, hob Nightingale zu sprechen an.
«Also sollten wir Alan Wainwrights Haushälterin einen Besuch abstatten?», sagte Cooper, als sie geendet hatte.
«Steht ihr Name nicht auf Inspector Blites Zeugenliste, Sir? Sein Team ist doch für alles, was mit Wainwright Hall zu tun hat, zuständig.»
«Sicher, aber er hat genug damit zu tun, Kemp über das Auffinden der Leiche zu befragen, und dann muss er direkt nach Wainwright Hall weiter. Da wird er froh sein, wenn wir ihm etwas unter die Arme greifen. Glauben Sie mir, damit ist er stets einverstanden!» Cooper warf einen Blick auf seine Armbanduhr: kurz vor elf. «Okay, wir rufen ihn an, mal sehen, ob’s ihm was ausmacht.»
Blite war nur zu erfreut über das Angebot. Sein gesamtes Team war damit beschäftigt, das Wainwright’sche Anwesen nach etwaigen Spuren abzusuchen, und so hätten sie an diesem Tag ohnehin keine Zeit gehabt, Mr und Mrs Willett zu befragen.
Cooper und Nightingale fanden die Willetts in einer Sozialwohnung im fünften Stock in einem Nachbarort. Der Lift war außer Betrieb, und im Treppenhaus roch es dumpf nach feuchtem Beton. Oben angelangt, stellten sie fest, dass jemand hier versucht hatte, das Treppenhaus etwas freundlicher zu gestalten, und die Graffitizeichnungen an der Wand wirkten fast dekorativ. Die Wohnungstür der Willetts war in einem freundlichen Blauton gestrichen, und der herzförmige Türklopfer glänzte matt im Halbdunkel des Flurs.
Joe und Millie Willett waren daheim. Sie führten die beiden Polizeibeamten in ein winziges Wohnzimmer und stellten den Fernseher aus. Millie ging in die Küche, um Tee zu kochen, und überließ es den dreien, sich derweil über die Erinnerungsstücke, die im ganzen Zimmer verteilt waren, zu unterhalten.
«Das ist eine interessante Holzschnitzerei, Mr Willett.» Nightingales Blick war instinktiv auf das teuerste Stück im ganzen Raum gefallen.
«Die hat Mr Wainwright uns geschenkt, anlässlich unseres dreißigjährigen Dienstjubiläums. Schön, nicht wahr?»
«Wirklich ein schönes Stück. Haben Sie die ganze Zeit auf dem Wainwright’schen Anwesen gewohnt?»
«Hm, im Bluebell Cottage. Ein hübsches Häuschen, guter Boden.»
Die Unterhaltung ebbte ab, und keiner wusste so recht, was er sagen sollte, bis Mrs Willett den Raum betrat. Der Tee war gut und stark, doch Nightingale musste Mrs Willett, die wegen Nightingales offensichtlichem Untergewicht in Sorge war, davon überzeugen, dass sie wirklich keinen Zucker wollte.
«Aber Sie essen doch sicher ein Stück von meinem Obstkuchen, nicht wahr?»
Millie Willett war eine kleine, zähe Person mit einem praktischen kurzen Haarschnitt und strengem Blick. Die Hände, die Nightingale das Kuchentablett reichten, zeigten deutliche Spuren von Arthritis an den Fingergelenken.
Nightingale nahm sich das kleinste Stück und probierte ein Eckchen. Der Kuchen war ausgezeichnet, und ganz zu Mrs Willetts Freude war ihr Teller schneller leer als beabsichtigt. Nachdem sie ein paar Höflichkeiten ausgetauscht hatten, kam Cooper auf ihr eigentliches Anliegen zu sprechen. Seine bodenständige, praktische Art gefiel den Willetts, und es dauerte nicht lange, da sprachen sie miteinander, als seien sie alte Freunde, während Nightingale Notizen machte. Das Paar hatte seinen früheren Arbeitgeber offenbar sehr gemocht und war seinen Pflichten auf dem Wainwright’schen Anwesen mit Freude nachgekommen. Da die beiden von sich aus keinerlei Urteil abgeben wollten, sah Cooper sich gezwungen, die Rede auf den Nachlass zu bringen. Mit einem Mal schien die Stimmung umzuschlagen.
«Warum hat Mr Wainwright Ihrer Meinung nach sein Testament geändert?»
«Schwer zu sagen.» Joe Willett kniff die Lippen zusammen und warf seiner Frau einen finsteren Blick zu. Seine Knollennase leuchtete rosa, und seine Augen hinter den dicken Brillengläsern funkelten empört. Mrs Willett setzte zum Sprechen an, doch ihr Mann sagte warnend: «Millie!», und so nahm sie stattdessen einen Schluck Tee.
«Ich weiß, dass Sie Ihrem
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