Nachruf auf eine Rose
liebe, gute Sally, und ein paar Monate später ist er voll auf Erfolgskurs – er und seine Gattin waren gern gesehene Gäste auf Wainwright Hall.»
«Und deshalb hat Alan Wainwright ihn zum Erben ernannt?»
Mrs Willett warf ihnen einen wissenden Blick zu. «Vielleicht, vielleicht auch nicht.»
«Millie! Ich dulde nicht, dass du dich an diesem haltlosen Geschwätz beteiligst, besonders, wenn du damit schlecht über die Toten redest.»
«Das ist kein Geschwätz, Joe Willett, das weißt du so gut wie ich. Kein Rauch ohne Flamme, sagt man, und Rauch gab’s mehr als genug, das können Sie mir glauben!»
Joe Willett erhob sich aus seinem Sessel und griff nach seiner Jacke.
«Wo willst du hin?»
«Ins Pub.»
Millie sah ihm nach und zuckte die Achseln.
Cooper und Nightingale sahen sie gespannt an, doch sie schien es nicht zu merken.
«Es geht ihm gar nicht um das Geschwätz, er will nur nicht, dass man in seiner Gegenwart über …», ihre Stimme senkte sich zu einem heiseren Flüstern, «Sex spricht. Das ist ihm peinlich. Ist das nicht putzig?»
Keiner der beiden Besucher wusste darauf etwas zu sagen, also nickten sie beide nur stumm und warteten, dass Millie Willett das letzte Kapitel dieser unendlichen Geschichte erzählen würde.
«Es stimmt schon, dass Mr Wainwright sich über die Leistungen seines Neffen gefreut hat, doch Alexander war viel zu selbständig, als dass er ihn gemocht hätte. Manchmal hat der alte Mr Wainwright ihn in sein Arbeitszimmer auf Wainwright Hall zitiert, und man hörte das Schreien durchs halbe Haus, das heißt, nur der alte Mr Wainwright hat geschrien, Alexander blieb immer ganz ruhig, doch sie hätten den Ausdruck in seinen Augen sehen sollen …
Und just dann pflegte Miss Sally hereinzuplatzen und den holden Friedensengel zu spielen. Kaum war Alexander draußen, hat sie die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und blieb Ewigkeiten bei Alan im Arbeitszimmer.»
«Wie lang, zum Beispiel?» Cooper zog sein Notizbuch heraus und machte rasch ein paar Aufzeichnungen.
«Eine halbe Stunde, einmal sogar fast ’ne ganze Stunde. Und wenn sie wieder herauskam, sah sie aus wie die Katze, die gerade die Maus gefressen hat, irgendwie herausfordernd und selbstzufrieden.»
«Das hört sich für mich doch recht harmlos an, Mrs Willett. Sie hat halt zwischen den beiden vermitteln wollen.»
«Dann haben Sie sie also schon kennen gelernt, Sergeant? Den Eindruck macht sie auf die meisten Männer, den guten alten Joe allerdings ausgenommen. Nun, so harmlos war’s denn doch nicht. Ich könnte Ihnen da Sachen erzählen. Aber unterhalten Sie sich doch mal mit Irenes Mutter. Sie ist einmal mitten hineingeplatzt. Ich habe das erste Mal Verdacht geschöpft, als ich ihren Ohrring unter seinem Schreibtisch gefunden habe. Wie, frage ich Sie, ist der da wohl hingekommen? Einmal bin ich reingegangen, um das Abendessen abzuräumen, wusste nicht, dass sie noch bei ihm war, und da saß er an seinem Schreibtisch: knallrot im Gesicht war er, und furchtbar gekeucht hat er.»
«Und Sally?»
«Oh, von ihr war nichts zu sehen, keine Spur.»
«Ja, wo war sie denn dann?», fragte Cooper verwirrt.
«Hinterm Schreibtisch auf Knien, wenn Sie mich fragen. Sonst hätte sie ja nirgends sein können, sehen Sie nur selbst nach – so groß ist das Zimmer schließlich nicht.»
«Aber das sind doch nur Vermutungen!» Coopers Wangen hatten eine rote Färbung angenommen, und er konnte Nightingale, die sich jetzt mit der nahe liegenden Frage an Mrs Willett wandte, nicht in die Augen sehen.
«Sie glauben also, dass Alan Wainwright und Sally etwas miteinander hatten?»
«Bingo! Drei Monate später ändert er sein Testament und bringt sich um. Und jetzt raten Sie mal, wer die neue Herrin von Wainwright Hall wird, na? Selbst wenn er Alexander seinen Pflichtteil hätte hinterlassen müssen, gibt es meiner Meinung nach keine andere Erklärung dafür, dass er seinem eigenen Sohn den Familienwohnsitz vorenthält.»
Das war alles, was sie zu sagen hatte. Cooper und Nightingale verabschiedeten sich und ließen Millie Willett mit ihrem kalt gewordenen Tee und der Befriedigung zurück, dass Rache sehr süß sein kann.
35B 29
Als Fenwick in die Einfahrt von Arthur Fishs Haus einbog, kam ihm der Gedanke, dass Mrs Fish vielleicht gar nicht mehr hier lebte. Doch er hatte Glück. Sie war noch da und wurde nun rund um die Uhr von einer Schwester betreut, die Fenwick erklärte, dass Arthur Fish in seinem Nachlass explizit ausgeführt hatte,
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