Nachruf auf eine Rose
was nach seinem Tode zu geschehen hatte. Er hatte einen Fonds eingerichtet, der sicherstellte, dass Mrs Fish bis zu ihrem Tode in ihrem Heim bleiben konnte.
Sie standen in der Diele und unterhielten sich im Flüsterton.
«Sie ist wirklich eine bedauernswerte Frau, Chief Inspector. Sie verständigt sich nur durch Blinzeln. Soll ich dabeibleiben und es Ihnen übersetzen?»
Fenwick lehnte das Angebot ab. Er fragte lediglich noch einmal nach, wie man die schwachen Augenbewegungen der Patientin zu deuten hätte: Einmal Blinzeln bedeutete Ja oder Gut, zweimal stand für Nein oder Schlecht.
Sie lag genauso da, wie Fenwick sie von seinem letzten Besuch her in Erinnerung hatte: den Oberkörper hochgebettet, den Kopf der Tür zugewandt, als würde sie jemanden erwarten. Ihre Augen waren geöffnet, doch blicklos. Er setzte sich neben das Bett und nahm einem Impuls folgend ihre Hand in seine. Da schien Leben in die wasserblauen Augen zu kommen und sie blickte ihn einen Augenblick lang an.
«Mrs Fish, ich bin Detective Chief Inspector Fenwick von der Kripo Harlden. Erinnern Sie sich an mich? Ich war vor ein paar Tagen schon einmal hier.» Keine Antwort.
«Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um den Mord an Ihrem Mann aufzuklären, doch es gibt da ein paar offene Fragen, auf die wir keine Antwort haben.»
Das Flackern ihrer blonden Wimpern war so flüchtig, dass Fenwick es fast übersehen hätte. Er nahm es als ein Zeichen der Zustimmung und fuhr fort.
«Ein Problem, mit dem wir nicht weiterkommen, ist die Firma Wainwright Enterprises. Ich glaube, dass es einen Zusammenhang zwischen seiner Arbeit und seiner Ermordung geben könnte.»
Sie antwortete mit einem entschiedenen Blinzeln, was so viel wie ‹ja› bedeutete. Stimmte sie ihm zu?
«Meinen Sie, ich könnte Recht haben?»
Sie blinzelte einmal.
«Das Problem ist nur, dass niemand in der Firma uns weiterhelfen will.»
Der Ausdruck in ihren Augen änderte sich nicht – wie auch? Ihre Gesichtsmuskulatur war schon lange gelähmt, und doch meinte Fenwick auch diesmal, neben der Trauer um ihren Mann so etwas wie unterdrückte Wut in ihr zu spüren. Der Moment verging, und er glaubte schon, sie sei eingeschlafen, als sie plötzlich die Augen wieder weit öffnete und ihn unverwandt anblickte.
«Wissen Sie etwas, was uns weiterhelfen könnte, Mrs Fish?»
Ein Blinzeln.
In den darauf folgenden Minuten mühte Fenwick sich ab, ihr Wissen freizulegen. Während seiner geduldigen Fragen spürte er, wie ihre Frustration in gleichem Maße wie seine wuchs, und es war schrecklich, mit ansehen zu müssen, wie sie gegen die Erschöpfung ankämpfte. Sogar das Blinzeln schien jetzt zu viel für sie zu sein, und verzweifelt schloss sie die Augen.
Fenwick ließ ihre Hand los und erhob sich. Ihre Finger zuckten, als sie Fenwick mit schreckgeweiteten Augen ansah.
«Ich muss wieder los, zurück ins Polizeipräsidium.»
Es war eindeutig, sie wollte, dass er blieb. Wenn ihm doch nur die richtigen Fragen einfielen!
«Sie sagen, ich könnte hier noch mehr finden, doch meine Männer haben das Haus bereits gründlich durchsucht.»
Sie blinzelte dreimal. Sie war also nicht seiner Meinung.
Fenwick grübelte: Sie hatten überall gesucht. Warum war sie so sicher, dass es hier irgendwo einen Schlüssel zum Tode ihres Mannes geben müsste? Schlagartig wurde ihm die Antwort bewusst.
«Hat man diesen Raum durchsucht, Mrs Fish?»
Ein dreimaliges Blinzeln, dann schloss sie einmal kurz die Augen. Nein, ja! Das ergab keinen Sinn. Er versuchte es mit einer letzten Frage.
«Meinen Sie, wir sollten diesen Raum hier noch einmal absuchen?»
Ein Blinzeln.
Endlich! Dankbar und erleichtert schloss sie die Augen, und er ließ sie ruhen.
Fenwick hätte liebend gern den restlichen Sonntag mit seinen Kindern verbracht, und doch brachte er es im Moment nicht über sich, den Weg nach Hause einzuschlagen. Stattdessen lenkte er den Wagen in Richtung Wainwright Hall, um die Mannschaft auf Zack zu bringen und Blite anzuspornen, so viele offene Fragen wie möglich zu klären, denn Montag wäre der nächste Bericht für den Assistant Chief Constable fällig. Er rief Cooper zu Hause an und bat ihn, sich mit ihm auf Wainwright Hall zu treffen, und war nicht im Geringsten erstaunt, als der Sergeant Nightingale mitbrachte.
Blite wirkte alles andere als glücklich, als er und das Team sich in der Bibliothek versammelten, um Fenwick über ihre Fortschritte zu
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